Archiv


Aktien kaufen auf eigene Faust

Kleinanleger treffen ihre Kaufentscheidungen immer häufiger ohne fremde Beratung. Dabei informieren sie sich vor allem über das Internet, heißt es in einer neuen Studie. Das Vertrauen in den Bankberater ist seit der Finanzkrise nicht mehr zurückgekommen.

Von Michael Braun |
    Der Anleger ist zunehmend auf sich allein gestellt. Das in der Finanzkrise gewachsene Misstrauen gegenüber dem Bankberater ist noch da: Der Kunde hatte ihn mehr als Verkäufer denn als Berater wahrgenommen. Das hat sich etwas gebessert. Aber nun greifen die staatlichen Anlegerschutzregeln so, dass die Banken sich nahezu völlig zumindest aus Empfehlungen bei der Aktienanlage heraushalten:

    "Es ist so, dass wir in den letzten Jahren Regeln bekommen haben, dass vor dem Kauf oder vor der Beratung in eine Aktie ein Produktinformationsblatt vorgelegt werden muss für jedes Wertpapier. Dazu gehören auch Aktien. Diese Produktinformationsblätter liegen aber für Aktien gar nicht vor. Und jetzt schließt sich der Kreis: Wo kein Informationsblatt vorliegt, darf nicht beraten werden. Da für Aktien keine Informationsmittel vorliegen, darf halt eben in eine Aktie nicht mehr beraten werden."

    Sagt Marc Tüngler, der Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, der größten deutschen Aktionärsvereinigung. Den Banken seien die Informationsblätter zu teuer. Die Aktiengesellschaften als Emittenten könnten nicht sicherstellen, dass in der Beratung die jeweils neueste Fassung verwendet werde. So scheuten alle vor Kosten und Haftung zurück.

    Da müssen die Anleger zum Do-it-yourself-Investor werden, ein Trend, der schon länger wirkt. Die DSW hat bei der privaten Finanzhochschule FOM in Essen eine Studie in Auftrag gegeben. Knapp 500 Anleger mit Aktienerfahrung wurden befragt. Rund 90 Prozent treffen ihre Entscheidungen selbst, knapp ein Viertel bespricht das eigene Urteil noch einmal mit einem Kundenberater seines Kreditinstituts. Worauf sich die eigene Kenntnis gründet? Professor Roland Klose nennt zunehmend das Internet:

    "Der Geschäftsbericht ist ja in den letzten Jahren durch Auflagen auch, aber auch durch den deutschen Corporate Governance Codex sehr aufgewertet worden. Er enthält sehr gute Informationen. Dann natürlich alle Möglichkeiten des Fernsehens, des Radios. Aber wir haben gesehen, dass eben gerade das Internet in den letzten Jahren da sehr stark gewonnen hat."

    Klose hat auch herausgefunden, dass die meisten Anleger mit ihrem Anlageerfolg zufrieden sind. Das gelte jedenfalls für die, die nicht in kurzen Abständen rein und raus gingen aus einem Papier, ständig Bewegung im Depot hätten, sondern die Aktie als langfristiges Instrument nutzten:

    "Es zeigt sich eben doch, dass diese langfristige Anlage auch zu guten Anlageerfolgen dann führt."

    Freilich weiß die DSW um das Phänomen der Eigenverliebtheit von Anlegern. Soll heißen: Jeder prahlt mit seinen Erfolgen. Aber niemand stellt gerne seine Verluste zur Schau. Und auch wenn die DSW sich als Aktionärsvereinigung versteht, also wahrlich nichts gegen die Aktie hat, so gehen bei ihr die Alarmglocken an, wenn die Aktionäre glücklich sind. Ein hoher Stand beim Deutschen Aktienindex könne blind machen für die Risiken der Aktienanlage. Und der DAX steht jetzt hoch.