Konrad Busen: Ja, ich will darüber sprechen mit Henrik Pontzen, er sitzt hier neben mir, ist Leiter der Abteilung Nachhaltigkeit bei Union Investment, der Fondsgesellschaft der Volks- und Raiffeisenbanken, Herr Pontzen, Ihre Abteilung gibts noch nicht so lange, die Abteilung Nachhaltigkeit im Portfoliomanagement, also Sie sitzen da, wo die Fondsmanager sitzen: Was machen Sie eigentlich genau?
Henrik Pontzen: Ja, wir sind der Überzeugung, dass Nachhaltigkeit ein ganz wichtiges Thema ist, um zukünftige Umsätze und zukünftige Kosten von Unternehmen zu prognostizieren. Und was sich aus Umsätzen und Kosten ergibt, sind Gewinne und heutige Aktienpreise spiegeln die Gewinne von morgen und das macht Nachhaltigkeit zu einem so wichtigen Thema in unserem Portfoliomanagement.
Busen: Jetzt hat heute der Weltklimarat diesen Sonderbericht rausgegeben. Da geht es vor allem um die Nutzung von Böden weltweit und den Einfluss auf den Klimawandel. Inwieweit interessiert das Sie das als Geldentscheider, nachhaltiger Geldentscheider?
Transparenter Umgang mit Klimarisiken gefordert
Pontzen: Ja das Thema Böden ist für uns von mittelbarer Relevanz, weil eben Böden nur in gewissen Rahmenbedingungen investierbar sind überhaupt. Wir als Union sehen auch davon ab; wir spekulieren nicht mit Agrarrohstoffen. Das Thema ist aber mittelbar interessant, weil Boden eben eine wertvolle Ressource für die Reduktion von CO2 ist und hier einige Möglichkeiten wie beispielsweise die Shell diese Möglichkeiten erkennen und die nicht reduzierbaren CO2-Emissionen bis 2050 durch den Aufbau enormer Waldbestände weltweit und die Aufforstung von Wäldern bekämpfen werden. Das ist also ein Beispiel dafür, wie das Thema Böden und Aufforstung auch für den Kapitalmarkt relevant wird.
Busen: Also Sie schauen sich alle möglichen Formen von Geldanlagen an, Unternehmensbilanzen, deren Gewinnprognosen, deren Gewinnaussichten und fragen sich, inwieweit wird der Klimawandel das positiv oder negativ beeinflussen, wenn ich es richtig verstanden habe, und das sagen Sie dann auch Ihren Fondsmanagern, das fließt dann in die Geldanlageentscheidung mit ein. Jetzt habe ich in der Vorbereitung auf das Gespräch gefunden, dass die Leute, die für die internationalen Bilanzierungsstandards zuständig sind, vom sogenannten Internationale Accounting Standards Board, dass die sich dagegen wehren, Klimarisiken in den Unternehmensbilanzen zu stark zu berücksichtigen. Die fänden das nicht gut. Was meinen Sie dazu?
Pontzen: Wir können als Asset Manager oder als Vermögensverwalter nur Informationen berücksichtigen, die es gibt. Und Informationen, die von Unternehmen nicht bereitgestellt werden, können wir nur sehr indirekt und nur in ganz, ganz engem Rahmen für uns dann abschätzen und in der Folge berücksichtigen. Die Gesellschaft hat aber ein berechtigtes Interesse daran, dass diese Informationen in der Geldanlage Berücksichtigung finden und deswegen ist es für uns wünschbar und wichtig, dass diese Informationen auch von Unternehmen bereitgestellt werden.
Polen und Frankreich gehen bei grünen Anleihen voran
Busen: Fordern Sie das auch dann in diesen berühmten Analystenkonferenzen, wo dann Ihre Experten da sitzen und die Vorstände von Unternehmen grillen, dass die mehr Infos rüber wachsen lassen?
Pontzen: Ja deswegen führen wir über 4.000 Unternehmensgespräche jedes Jahr und das ist eine der Forderungen, die wir erheben, tatsächlich die Informationen zu bekommen, die wir brauchen, um diese für zukünftige Umsätze und Kosten so relevanten Informationen tatsächlich auch berücksichtigen zu können.
Busen: Stichwort: deutsche grüne Bundesanleihe. Die ist angeblich in der Planung, sagt die Bundesregierung: Die denken darüber nach, Anleihen herauszugeben, die grün sind. Was halten Sie davon? In anderen Ländern gibt es das schon, sogar in Polen.
Pontzen: Ja davon halten wir eine Menge. Deutschland hat vor wenigen Monaten den Anspruch verkündet, die Bundesregierung, führend im Bereich nachhaltiger Finanzen sein zu wollen. Und da Polen seit 2016 eine grüne Anleihe draußen hat, und unsere westlichen Nachbarn Frankreich seit 2017, ist die Initiative in keinem Fall verfrüht.
Busen: Vielen Dank, Henrik Pontzen.