Eine Aktion im Morgengrauen. Einige Dutzend Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace gelangten auf das Gelände und das Dach der Reaktoranlage des ältesten französischen Kernkraftwerkes, Fessenheim. Sie entrollten ein gelb-schwarzes Transparent: "Stoppt das nukleare Risiko für Europa." Greenpeace-Sprecher Cyrille Cormier erklärte im französischen Fernsehen:
"Es geht uns darum, dass die Sicherheit der Kernkraftanlagen nicht garantiert werden kann und daher fordern wir hier den Ausstieg aus der Atomenergie in Europa und in Frankreich."
Der französische Staatspräsident hatte mit seiner Wahl versprochen, den ältesten Reaktor Frankreichs bis 2016 vom Netz zu nehmen und den Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung von derzeit rund 75 auf 50 Prozent zu reduzieren. Aber nur Fessenheim soll bislang abgeschaltet werden.
Der Großteil der französischen Atomanlagen muss nach dem Unfall von Fukushima weitreichenden Nachrüstungen unterzogen werden, die Sicherheitsfragen sind nur teilweise geklärt. Auch die Debatte, ob bestehende Anlagen durch Druckwasserreaktoren vom Typ EPR ersetzt werden sollen, hält an.
Der Sozialist Hollande habe seine atompolitischen Versprechen nicht gehalten, beklagte der Abgeordnete der Grünen in der Nationalversammlung, Noel Mamère, heute. Die Grünen hatten ein Wahlbündnis mit den Sozialisten geschlossen, zeigen sich aber zunehmend enttäuscht von der Regierungslinie:
"Nein, man sieht, dass das, was Hollande als Kern seiner Politik angekündigt hatte, die Energiewende, dass das jeden Tag ein wenig mehr an Glaubwürdigkeit verliert."
Die Aktion von Greenpeace in Fessenheim fand wenige Tage vor den Kommunalwahlen in Frankreich statt und eine gute Woche, bevor auf europäischer Ebene eine große Konferenz zur Zukunft der Kernenergie stattfinden wird.
Umweltfragen hatten die französische Innenpolitik in den vergangenen Tagen auch im Zusammenhang mit dem Smog-Alarm in vielen Großstädten des Landes beherrscht. Die Befürworter der Kernkraft hatten sich bestätigt gesehen, der Atomausstieg in Deutschland und die Energieproduktion durch Kohlekraft dort wurde vor diesem Hintergrund auch heute in den französischen Zeitungen diskutiert.
Die heutige Aktion in Fessenheim wurde vom französischen Innenministerium mit relativer Gelassenheit gesehen.
"Das ist eine reine Medienaktion", sagte der Sprecher des Ministeriums Pierre-Henry Brandet.
Auf die Frage, ob es nicht doch ein Sicherheitsrisiko bedeute, wenn Personen so ohne Weiteres auf das Dach eines Reaktors klettern könnten, meinte Brandet beschwichtigend:
"Nein. Das ist nicht wirklich ein Sicherheitsproblem. Sicher, es wirft Fragen auf, dass sie bis in diesen Bereich vordringen konnten, das ist sicher nicht normal. Aber unsere Antwort war angemessen, wir sind unmittelbar eingeschritten. Aber es war eben auch klar, dass es Greenpeace-Aktivisten waren und eine Medienaktion, wir haben entsprechend reagiert."