"Zeit zu handeln" ist der Aktionstag heute in Fulda überschrieben, zu dem die Lokführergewerkschaft GDL 1000 Mitglieder eingeladen hat - Zugpersonal, das heute nicht im Dienst ist, wie die Gewerkschaft versichert. GDL-Chef Claus Weselsky suchte sich heute Rückendeckung für einen möglichen Streik, falls die Bahn sich weiter nicht verhandlungsbereit zeige - anders als dies bei der Lufthansa und der Pilotenvereinigung Cockpit der Fall ist: Dort sollen ja morgen die Gespräche wieder aufgenommen werden. GDL-Chef Claus Weselsky:
"Offensichtlich haben meine Kollegen von Cockpit wesentlich mehr Glück als wir. Sie haben wieder die Möglichkeit und Chance zur Verhandlung gesehen, während bei uns die Bahn bei ihrem Ultimatum bleibt: Entweder ich trete wieder in Verhandlungen zur Kooperation ein, oder man spricht mit mir über nichts, weder Arbeitszeit oder Entgelt für Lokführer und andere Berufsgruppen."
Denn es geht der GDL nicht nur um mehr Geld. Fünf Prozent hat sie da gefordert. Sie will aber vor allem das Recht, neben den Lokführern das gesamte Zugpersonal vertreten zu dürfen. Dazu zählen 37.000 Mitarbeiter, neben den Lokführern sind das die Zugbegleiter, Bordgastronomen, Disponenten und Instruktoren. Und von denen sind 19.000 bei der GDL organisiert, 10.000 sollen gar keiner Gewerkschaft angehören, 8000 also nur bei der großen Konkurrenz, der Eisenbahner- und Verkehrsgewerkschaft EVG Mitglied sein. Deshalb nimmt die GDL für sich in Anspruch, beim Zugpersonal am stärksten organisiert zu sein, also auch verhandeln zu dürfen. Eine verzwickte Lage, gibt auch der Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber zu, aber er halte eine Einigung am Verhandlungstisch für möglich. Dann solle die Bahn auch entsprechend agieren, sagte GDL-Chef Weselsky heute im ARD-Morgenmagazin:
"Jeder Tag, der hier vergeht, ist für die DB eine Chance, das Ultimatum zurückzunehmen, die Verhandlungsverweigerung vom Tisch zu nehmen, mit uns über Arbeitszeit und Einkommen zu verhandeln."
Ende Juni war der Grundlagentarifvertrag ausgelaufen, nach dem die GDL für die etwa 20.000 Lokführer bei der Bahn zuständig war, die EVG aber für die übrigen Berufsgruppen mit etwa 300.000 Beschäftigten. Die Bahn hatte vorgeschlagen, dass beide Gewerkschaften abstimmen, aber nur eine federführend verhandle. Tarifkonkurrenz, so nennt das die Bahn, wolle man nicht. Die GDL aber spricht von Tarifpluralität und prangert die Taktik der Bahn an. Das sei ein Schwarze-Peter-Spiel, sagt Claus Weselsky:
"Das sieht doch genauso so aus, dass der Streik provoziert ist, dass es eine selbsterfüllende Prophezeiung wird, dass die Gewerkschaften, die als Berufsgewerkschaften bezeichnet werden, eben Streikhansel sind und gezähmt werden müssen."
Denn neben den aktuellen Auseinandersetzungen geht es auch um die Zukunft der Spartengewerkschaften: deren Existenz wäre gefährdet, wenn die Bundesregierung tatsächlich ein Gesetz zur Tarifeinheit auf den Weg bringen würde.