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AKW Fessenheim
Gefahrenquelle, Zankapfel, Wirtschaftsfaktor

2018 soll Schluss sein für das elsässische Pannen-Atomkraftwerk Fessenheim. Endgültig beschlossen ist das allerdings noch nicht. Viele am Standort befürchten nach einer Stilllegung den wirtschaftlichen Niedergang der Region. Nicht nur die französischen Gewerkschaften hoffen daher auf eine Kurswende nach der Präsidentschaftswahl im Mai.

Von Tonia Koch |
    Zu sehen ist das Atomkraftwerk Fessenheim im Elsaß, darüber ein blauer Himmel.
    Das Atomkraftwerk Fessenheim im Elsaß (picture-alliance / dpa / Darek Szuster)
    Am Anfang der innerfranzösischen Diskussion um das Kernkraftwerk Fessenheim steht ein Versprechen: "Fessenheim ist das älteste französische Kernkraftwerk. Es wird Ende 2016 geschlossen und sämtliche Arbeitsplätze werden erhalten."
    Das Versprechen wurde im Wahlkampf 2011 vom damaligen sozialistischen Präsidentschaftskandidaten Francois Hollande gegeben. Und später vom gewählten Präsidenten Hollande immer wieder erneuert, ohne dass bis Ende 2016 etwas geschehen wäre. Der französische Präsident selbst kann kein Kernkraftwerk schließen. das kann nur der Betreiber EDF, die Electricité de France oder die ASN, die französische Atomaufsicht. Aber diese sieht keine Veranlassung den Atommeiler vom Netz zu nehmen, erläutert der für internationale Beziehungen zuständige Direktor, Frédéric Joureau.
    "ASN kommuniziert jedes Jahr über die Sicherheitslage unserer Atomkraftwerke und wenn Sie sich den Bericht vom letzten Jahr anschauen,werden sie sehen, dass Fessenheim sicher ist. Es gab auch hohe Investitionen in Fessenheim. Das nennt man die sogenannten Post-Fukushima -Maßnahmen."
    Entscheidung noch vor den Präsidentschaftswahlen?
    Drei interministerielle Regierungsvertreter scheitern mit dem Versuch, mit EDF die Modalitäten für eine Schließung des elsässischen Kernkraftwerkes auszuhandeln. Erst im Januar dieses Jahres ändert sich die Lage. EDF kündigt an, Fessenheim könne vom Netz gehen, wenn eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt seien. Dazu zählen staatliche Entschädigungsleistungen in Millionenhöhe. Ebenso die Zusage, dass der dritte Druckwasserreaktor in Flamanville am Ärmelkanal trotz ausgelaufener Baugenehmigung in Ruhe fertig gebaut werden darf. Und darüber hinaus soll ein länger als zwei Jahre still stehender Reaktor in der Normandie wieder angefahren werden. Nach Ablauf dieser Zwei-Jahres-Frist ist das gesetzlich eigentlich nicht mehr möglich. Die Beschäftigten des AKW und die Gewerkschaften halten jedoch herzlich wenig von diesen Plänen. Sie sagen "Nein" zur Schließung von Fessenheim.
    Sie demonstrieren vor den Werkstoren und am EDF-Verwaltungssitz in Paris.
    "Wir glauben, dass es sinnlos ist, ein Kernkraftwerk zu schließen, das vollkommen sicher ist. Es gibt überhaupt keine Eile über diese Vereinbarung abzustimmen. Sie ist absurd und schadet EDF."
    In der Tat hat sich der Verwaltungsrat von EDF noch nicht dazu durchgerungen, den finalen Schritt zu gehen und bei der Regierung die Abschaltung formal in die Wege zu leiten. Der Vertreter der linken Gewerkschaft CGT, Jean-Luc Cardoso, sieht darin einen Erfolg: "Das ist ein Sieg, weil wir die Leute mobilisiert haben."
    Die Frage ist nur, ist dieser auch von Dauer? Offen ist, ob EDF noch vor den französischen Präsidentschaftswahlen im Mai eine endgültige Entscheidung fällt oder ob der Energiekonzern diese auf die Zeit nach den Wahlen verschiebt. Denn die Kandidaten aus dem konservativen Lager oder auch der Rechtsaußen angesiedelte Front National sind gegen eine Schließung des Atomkraftwerkes am Rhein. Auch der Bürgermeister der französischen Gemeinde Fessenheim, Claude Brender, setzt auf die politische Karte.
    "Wir haben noch Hoffnung auf die Präsidentschaftswahlen und dann kann vielleicht das Gesetz wieder geändert werden, damit Fessenheim weiter laufen kann."
    Ein Mitarbeiter von "Electricité de France" im Atomkraftwerk Fessenheim während einer Notfallübung.
    Ein Mitarbeiter von "Electricité de France" im Atomkraftwerk Fessenheim während einer Notfallübung. (AFP / Sebastien Bozon)
    Das Gesetz, das jenseits des politischen Versprechens das Aus für das älteste französische Kernkraftwerk bedeuten kann, ist das Energiewendegesetz. Es wurde 2015 von der Regierung auf den Weg gebracht mit dem Ziel, Atomstrom zugunsten erneuerbarer Energien drastisch zu reduzieren und die atomaren Produktionskapazitäten zu deckeln. Konkret bedeutet das, wenn neue, leistungsstarke Reaktoren in Frankreich ans Netz gehen und die Erzeugung von Atomstrom 63,2 Gigawatt überschreitet, dann muss irgendwo anders in Frankreich ein Atomkraftwerk abgeschaltet werden. Wenn der dritte Reaktor in Flamanville fertiggestellt ist, dann ist es soweit, dann wird zu viel Atomstrom produziert. Das Ende von Fessenheim sei damit besiegelt, sagt der Vorstandsvorsitzende der EDF, Jean-Bernard Lévy, in einem Interview mit Radio France, vor knapp drei Wochen. So wie das Gesetz 2015 vom Parlament verabschiedet worden ist, kann Fessenheim nicht weiter produzieren, wenn Flamanville ans Netz geht. Das wird Ende nächsten Jahres der Fall sein. EDF hält sich an die Gesetze und wenn sich daran nichts ändert, dann wird Fessenheim Ende 2018 geschlossen."
    An gleicher Stelle vergisst Lévy nicht auf die Vorteile der französischen Atomwirtschaft hinzuweisen: "Die Nukleartechnik macht uns unabhängig und beschert den französischen Haushalten preiswerten Strom. Bei gleichem Verbrauch müssen deutsche Kunden sogar 85 Prozent mehr zahlen. Die Atomwirtschaft stellt überdies qualifizierte Industriearbeitsplätze bereit, in einem Land, das immer mehr Industrie verliert und Jobs dringend braucht."
    Ein Dorf wie ein Schmuckkästchen – das Geld dafür kommt vom AKW
    Claude Brender, der Fessenheimer Bürgermeister, sieht das genauso. Er stemmt sich gegen die Stilllegung des Kernkraftwerkes, denn das AKW sichert der Gemeinde das Überleben: Ungefähr 75 bis 80 Prozent vom Geld, das wir kriegen, kommt vom AKW."
    Das Dorf ist ein Schmuckkästchen. Die Schule, der Kindergarten, schattige Parkplätze, alles neu.
    "Wir haben eine schöne Gemeinde", sagt Claude Brender. "Natürlich, wir haben auch Geld dafür, für die Unterhaltung der Gebäude und der Straßen; das kommt auch vom AKW."
    Zieht sich der staatliche Energieerzeuger aus der Gemeinde zurück, dann fürchtet Brender, gehen in Fessenheim im wahrsten Sinne des Wortes die Lichter aus: "Wenn das AKW zumacht, verlieren wir ein Viertel bis ein Drittel unserer Einwohner und dann können Sie sich vorstellen, was das für Konsequenzen hat für die Geschäfte, für die Schulen, den Kindergarten. Das ist ein großes Problem."
    Der Apotheker hat bereits resigniert. Er wird die Apotheke schließen, wenn es mit dem AKW nicht weiter geht.Und auch in der örtlichen Bäckerei schaut man sorgenvoll in die Zukunft:
    Er habe viele Kunden vom AKW, so der Bäcker: "Und es wird leer hier, wenn sie nicht mehr kommen. Deshalb sind auch die meisten hier für das Atomkraftwerk."
    850 Mitarbeiter der Atomzentrale sind direkt bei der Electricité de France beschäftigt, weitere 250 bei Fremdfirmen. Für die EDF-Beschäftigten wird es Einsatzmöglichkeiten an anderen Orten geben, dennEDF betreibt in ganz Frankreich derzeit 58 Reaktoren. Das Schicksal der Angestellten der Zulieferfirmen ist ungeklärt, ebenso wie die beschäftigungspolitischen Effekte auf die Region. Denn einen Plan B haben weder EDF noch die Regierung noch der Bürgermeister:
    "Wir haben nichts und wir kriegen kein Geld und keine anderen Arbeitsplätze im Moment, obwohl viel versprochen wird von unserer Ministerin. Aber im Moment, konkret, haben wir gar nichts."
    Brender schaut über den Rhein nach Deutschland. Zwischen Freiburg und Fessenheim liegen nur 30 Kilometer und in Sichtweite hat sich auf der deutschen Seite des Flusses bei Hartheim ein Gewerbepark entwickelt. 2000 Arbeitsplätze seien dort entstanden. Aber eine Zusammenarbeit käme nur sehr schwer in Gang.
    "Wir haben Kontakt mit dem Gewerbepark, aber die deutschen Gewerbetreibenden wollen nicht nach Frankreich kommen. Frankreich ist nicht stabil was das Soziale anbelangt und die fiscalité des entreprises, obwohl das Grundstück bei uns viel billiger ist, aber sie wollen trotzdem nicht über den Rhein kommen."
    "Das ist für uns alle schwer zu ertragen"
    In Müllheim, ein paar Kilometer Rheinaufwärts trifft sich wie jeden Montagabend der harte Kern der Anti-Atombewegung.
    Greenpeace protestiert mit einem Plakat mit der Aufschrift "Stop Risiking Europe" auf dem Dach des französischen Atomkraftwerks Fessenheim.
    Greenpeace protestiert mit einem Plakat auf dem Dach des französischen Atomkraftwerks Fessenheim. (picture alliance / dpa)
    Die Demonstranten stehen unter einem Vordach der örtlichen Sparkasse. Es ist der Montag nachdem die Pläne von EDF bekannt geworden sind, Fessenheim schließen zu wollen. Das hat dem Widerstand wieder neuen Schwung gegeben.
    "Ich denke, das ist für uns alle schwer zu ertragen, dass wir dieses Fessenheim, dieses Kernkraftwerk so nahe vor der Tür stehen haben. Und wenn wir hier zusammenkommen und sagen: Montags, Mahnwache, bis Fessenheim abgeschaltet ist, das ist ein Hoffnungsschimmer."
    "Ich bin ein interessierter Bürger und ich finde, solche Menschen, die so dafür kämpfen, da kann man nur den Hut ziehen, denn wer kümmert sich heute noch um irgendeinen Scheiß auf der Welt? Ja, ja es wird schon gehen und darum brauchen wir solche engagierten Bürger."
    "Ich bin skeptisch, der Brender, der Bürgermeister, der kämpft wie wild, die schieben das hin und her, Politiker, Wahlen."
    "Das hat man uns so verkauft. Es ist ganz normal, es ist üblich, es ist schön, es ist billig, und sogar umweltfreundlich, kein CO2."
    Didier Nocuse, das bekannteste Gesicht unter den Demonstranten, ergreift das Mikrofon und beschwichtigt, denn er hat die Nachrichten in Frankreich genauestens verfolgt.
    "Viele in der Presse haben schon geschrieben, Fessenheim wird jetzt abgeschaltet. Das stimmt nicht. Deshalb muss man jetzt nicht aufgeben, sondern noch stärker kämpfen, weil, nichts ist sicher, überhaupt nichts. Und da müssen wir ganz kräftig wieder dran und ganz laut…"
    Nocuse lebt seit Jahren in Deutschland und hat seine Haltung zur Atomkraft völlig verändert.
    "Ich hatte mir früher wie viele Franzosen keine Gedanken darüber gemacht. Das hat man uns so verkauft. Es ist ganz normal, es ist üblich, es ist schön, es ist billig, und sogar umweltfreundlich, kein CO2 et cetera, et cetera. Es wurde immer sehr schön verkauft in Frankreich. Ich weiß, es ist etwas anderes möglich und es funktioniert."
    "Fessenheim muss geschlossen werden, weil es gefährlich ist"
    Gaby Schwenk-Grozinger sitzt für eine Bewegung namens "Mutige Bürgerliste" im Gemeinderat von Buggingen. Der Ort im Markgräfler Land zählt rund 4.000 Einwohner und wirbt mit Wein, satten Wiesen und gutem Essen. Hin und wieder vertritt Gaby Schwenk-Grozinger den Bürgermeister und reist zu gemeinsamen Treffen mit den elsässischen Kollegen. Aber dort wollten sich partout keinerlei Zweifel an der nuklearen Strategie Frankreichs einstellen, so sehr sie auch auf die Gefahrenpotenziale des Atomkraftwerks in Fessenheim hinweise.
    "Manchmal denkt man schon, in die französischen Köpfe will das nicht hinein, dass es ein Sicherheitsproblem ist, und zwar ein sehr großes."
    Am 11. März, zum Jahrestag der Katastrophe von Fukushima, wird es eine Demonstration in Straßburg geben und einen Tag später auch eine in Fessenheim. Plakate, Stände, die Musikanlage, Transportmöglichkeiten, alles muss organisiert werden. Die Zusammenarbeit mit den französischen Kollegen soll klappen. In Straßburg und Fessenheim ist dann auch André Hatz dabei. Er gehört in Frankreich zu den Atomkraftgegnern der allerersten Stunde. Er hofft noch immer, dass seine Landsleute endlich aufwachen.
    "Es gibt ganz viele Leute, die mit uns sympathisieren und die sagen, oh, es ist gut, was die da machen, aber es sind in der Tat nur sehr wenige, die sich tatsächlich engagieren."
    Hatz hat nicht viel übrig für die politischen Ränkespiele, die um eine eventuelle Schließung von Fessenheim aufgeführt werden, weil damit die eigentliche Problematik, die Sicherheitsfrage, aus dem Blick gerate.
    "Fessenheim muss geschlossen werden, weil es gefährlich ist, und zwar gefährlicher als andere Kernkraftwerke, denn es steht in einem Erdbebengebiet. Hinzu kommt, das Kraftwerk liegt 8,50 Meter unterhalb des Rhein-Seiten-Kanals und wir sind nicht sicher, ob der Damm des Kanals im Falle eines Erdbebens auch hält."
    Die Grundwasservorkommen in der Rheinebene, die Millionen Menschen versorgen, seien im Falle eines Falles gefährdet und die französische Atomaufsicht ASN habe diese Zusammenhänge nicht ausreichend gewürdigt, sie schaue nur auf die innerbetrieblichen Abläufe. ASN widerspricht. Frédéric Joureau:
    "Da ist absolut nicht richtig, denn natürlich gehören die so genannten Naturgefahren zu den wichtigsten Punkten der nuklearen Sicherheit. Das heißt, ASN benutzt dazu eine deterministische Methode: Die Identifizierung des Gebietes in Frankreich mit dem höchsten Erdbebenrisiko, um den Widerstand gegen das Erbebenrisiko festzusetzen."
    Skandal um Einbau mangelhafter Stahlteile – über 40 Jahre lang
    Alle zehn Jahre würden sämtliche französischen Kernkraftwerke neben den jährlichen Überprüfungen einer großen Inspektion unterzogen. Im Rahmen dieser Zehn-Jahresprüfungen müssten auch die natürlichen Risiken erneut bewertet werden. Nur diejenigen Atomanlagen, die diese Sicherheitsprüfung bestehen, könnten - so Joureau - mit einer Laufzeitverlängerung von weiteren zehn Jahren rechnen. Nicht von der Hand zu weisen sei jedoch, dass Fessenheim vom Sicherheitsniveau deutscher Anlagen deutlich abweiche, sagt Christoph Pistner vom Darmstädter Öko-Institut.
    "Natürlich ist es auf der einen Seite eine Frage der Maßstäbe die man anlegt. Ich würde aber im Ergebnis klar sagen, wenn wir uns verschiedene Bereiche: Erdbeben, Überflutungen Ausfall der Stromversorgung anschauen und eigentlich in allen Bereichen feststellen, dass wir ein höheres Sicherheitsniveau bei den deutschen Anlagen identifizieren, dann ist das im Ergebnis schon recht eindeutig."
    Im Herbst des vergangen Jahres erschüttert ein Skandal um fehlerhafte Stahlteile die französische Energiewirtschaft. Sie wurden über Jahre in mehre Reaktoren, darunter auch Block II in Fessenheim, eingebaut. Als der Betrug ans Licht kommt, müssen achtzehn Reaktorblöcke außerplanmäßig vom Netz. Der Vorfall ist Wasser auf die Mühlen der Atomgegner. André Hatz.
    "Seit 40 Jahren produzierte die Stahlschmiede Creusot mangelhafte Stahlteile und die Atomaufsicht braucht 40 Jahre, um es zu merken. Da soll ich in diese Behörde noch Vertrauen haben?"
    Deutsche Haltung doppelbödig?
    Hier zeige sich ein Grundproblem der Kerntechnik, wertet Christoph Pistner diesen Zwischenfall.
    "In allen laufenden Kernkraftwerken sind schwere Unfälle möglich und wir können letzten Endes nicht mit 100-prozentiger Sicherheit ausschließen, dass Unfallabläufe denkbar sind, an die wir bisher nicht gedacht haben. Man hat in der Geschichte der Kerntechnik immer wieder neue Phänomene festgestellt, hat immer wieder festgestellt, dass Anlagen im Bau nicht so ausgeführt worden sind wie das in den Plänen stand oder wie man sich das ursprünglich mal gedacht hat oder eben auch Fälle von gezieltem Betrug, wo ein Hersteller, ein Zulieferer nicht das geliefert hat oder liefern konnte, was er liefern sollte und das eben vertuscht hat. Und genau das sind die grundlegenden Probleme weswegen die deutsche Politik irgendwann klar entschieden hat, die Risiken der Kernenergie sind auf Dauer nicht hinnehmbar und wir müssen aus dieser Technologie aussteigen."
    Eine Straßenlaterne über dem Logo der EnBW im abendlichen Berlin.
    Der EnBW AG ist über einen Strombezugsrechtevertrag mit dem AKW Fessneheim verbunden. (imago/Steinach)
    Aber auch die deutsche Haltung zu Fessenheim und der Atomkraft sei doppelbödig, weil das Land Baden-Württemberg über den regionalen Energieversorger EnBW an der atomaren Stromproduktion in Fessenheim beteiligt sei, argumentiert André Hatz.
    "Die Deutschen und die Schweizer wollen Fessenheim schließen, weil es gefährlich für sie ist. Aber gleichzeitig, wenn man die Frage Franz Untersteller stellt, sagt er, das Land kann nicht intervenieren, weil es sich um eine private Gesellschaft handelt."
    Verbindung von EnBW und Fessenheim
    Der grüne Umweltminister Baden-Württembergs möchte dazu nicht Stellung nehmen. EnBW, die Energie-Baden Württemberg AG, ist vollständig in öffentlicher Hand. Sie gehört dem Land, einer Reihe von Landkreisen und Kommunen. Die Aktiengesellschaft ist ihrerseits über einen Strombezugsrechtevertrag mit dem AKW Fessenheim verbunden. Dieser Vertrag geht weit über reine Stromlieferungen hinaus. 17,5 Prozent sämtlicher Kosten von Investitionen, über den Brennstoffeinsatz bis hin zu den Personalaufwendungen, muss der deutsche Energieversorger übernehmen. Er muss auch für die Nachrüstung finanziell mit aufkommen, die von der französischen Atomaufsicht nach der Katastrophe von Fukushima angeordnet wurde. Warum das Land bei EnBW seinen Einfluss nicht geltend macht und darauf drängt, dass die Verbindung zum AKW Fessenheim gekappt wird, fragen sich die Vertreter der Anti-Atom-Bewegung schon lange. Hans-Peter Engler:
    "Wir haben ja eine grün-rote Regierung gehabt und haben jetzt eine grün-schwarze Regierung und wir sind vom Aktionsbündnis auch schon bei Ministerpräsident Kretschmann gewesen und wollten da Antworten. Der Vertrag über die Stromlieferung ist nicht einsehbar und wird auch nicht veröffentlicht. Und meiner Meinung nach - da sind wir auch ein bisschen enttäuscht von unserer Landessregierung - fehlt da der politische Druck und wenn ich die Mehrheit bei der EnBW zusammen mit den oberschwäbischen Gemeinden habe, da könnte da ein anderer politischer Druck ausgeübt werden."
    Rechnungshof mahnt, Anteilseigner-Rechte wahrzunehmen
    Das Aktienrecht - teilt das baden-württembergische Finanzministerium mit - eröffne dem Land als Aktionär keine Spielräume, auf das operative Geschäft der EnBW Einfluss zu nehmen. Der Rechnungshof des Landes hingegen mahnt das Land, seine Rechte als Anteilseigener intensiver wahrzunehmen. Im Sonderbericht heißt es:
    "Das Land verfügt über 51,23 Prozent der Kapitalanteile der EnBW und damit über die Mehrheit."
    Das Finanzministerium teilt diese Auffassung nicht. Aber wie man es auch dreht und wendet, gegen den Willen seiner Großaktionäre, dem Land und den Landkreisen kann der Energieversorger auf Dauer wohl kaum handeln. Warum sollte er auch. Auf politischer Ebene hingegen tritt die Landesregierung immer wieder aktiv für eine Stilllegung des Atommeilers am Rhein ein, wenn auch bislang ohne sichtbaren Erfolg. Die Entscheidung liegt allein bei EDF, der Electricité de France. Am Wochenende wollen die Atomkraftgegner mit den angekündigten Demonstrationen in Straßburg und Fessenheim noch einmal zeigen, dass für EDF die Zeit gekommen ist. Andre Hatz: "Fessenheim abschalten, jetzt, gleich!"