Friedbert Meurer: Vermutlich haben viele von uns geglaubt, Hosni Mubarak in Ägypten wurde gestürzt, Muammar al-Gaddafi ebenso in Libyen, es ist nur eine Frage der Zeit, dann ist es auch mit Baschar al-Assad in Syrien vorbei. Die letzten Ereignisse sprechen leider dagegen. Die Assad-Truppen sind in der Offensive, radikale Islamisten bekämpfen jetzt die Freie Syrische Armee, die Opposition ist gespalten. In Istanbul hat zuletzt der Syrische Nationalrat getagt, der sich als Exilregierung versteht, und Mitglied dieses Syrischen Nationalrats ist auch der Berliner Sadiqu Al-Mousllie. Guten Morgen, Herr Al-Mousllie!
Sadiqu Al-Mousllie: Guten Morgen.
Meurer: Steht die Opposition, Herr Al-Mousllie, gegen Assad vor der Niederlage?
Al-Mousllie: Keineswegs, denn die Opposition ist ja nicht so aus dem Nichts geboren, sondern die Opposition ist auch geboren aus der Bewegung der Bevölkerung. Und die Bevölkerung hat sich entschieden, sie hat ihren Weg gewusst und gezeichnet und sie sind gegen Assad und sie wollen den Assad-Sturz haben.
Meurer: Ignorieren Sie die letzten militärischen Meldungen, sei es aus Aleppo, aus Damaskus, aus anderen Landesteilen, aus denen man den Eindruck gewinnt, Assads Truppen sind in der Oberhand?
Al-Mousllie: Assads Truppen sind in der Oberhand in bestimmten Gebieten. Das ist in der Tat ein Fakt. Das liegt daran, dass Assads Regime alles bekommt, was an Unterstützung möglich ist, aus Russland, aus dem Iran, finanzielle Hilfen, Waffen und sonst irgendwas und die Opposition, die syrische Opposition, die syrische Bevölkerung bekommt sehr wenig. Wir können das einfach so zusammenfassen: Die syrische Bevölkerung hat viele Freunde, bekommt aber wenig bis fast nichts, aber das Assad-Regime hat wenig Freunde, bekommt aber alles, was es braucht.
Meurer: Wenn Sie nichts bekommen, Herr Al-Mousllie, wie wollen Sie gewinnen?
Al-Mousllie: Die Syrer haben bis jetzt bewiesen, dass sie auf jeden Fall in der Lage sind, aus ihren Fähigkeiten und aus dem, was sie im Land haben, auch nach vorne, voranzukommen. Natürlich ist das schwierig. Deswegen sagen wir und rufen wir immer die Weltgemeinschaft auf, dann mitzuhelfen, denn natürlich kann die Sache alleine nicht so existieren und wir hoffen weiterhin auf unsere Freunde und unsere Unterstützer.
Meurer: Wenn der Westen Sie unterstützen würde, könnten Sie dann das Blatt noch mal drehen?
Al-Mousllie: Auf jeden Fall! Wir hatten das schon öfter gesagt, dass das auch möglich ist durch eine entsprechende Unterstützung. Auch natürlich unter anderem durch Waffenlieferungen, Bewaffnung der Opposition, ist es möglich, das Blatt zu wenden und auf jeden Fall bestimmte Gebiete wieder zu erobern. Man hat es gesehen in Kousseir, wer sich alles eingemischt hat. Die Hisbollah aus dem Libanon hat sich gezielt eingemischt, Kämpfer aus dem Iran, aus dem Irak. Das ist alles möglich für das Regime, aber für die Opposition ist es gar nicht so einfach.
Meurer: Die Bundesregierung will ja keine Waffen liefern, die USA neuerdings jetzt doch, London und Paris auch. Ist irgendetwas von dieser Hilfe schon angekommen?
Al-Mousllie: Leider auf dem Boden der Tatsachen ist fast nichts angekommen. Es wird viel geredet, es werden viele Statements gemacht, es ist auch sehr oft so, dass man die Angst hat, beziehungsweise man versucht das zu rechtfertigen, was bis jetzt, sage ich mal, nicht getan worden ist. Das sind über 27 Monate mittlerweile, wo die syrische Bevölkerung unter Beschuss steht, und auch unter den palästinensischen Raketen und auch teilweise chemische Waffen sind eingesetzt, und es ist leider immer noch nicht zu einer ernsthaften Bewegung der Weltgemeinschaft gekommen.
Meurer: Jetzt heißt es sogar aus London, dass möglicherweise die britische Regierung doch ihre Meinung ändert und keine Waffen liefern will. Wenn der Westen weiter Sie nicht militärisch unterstützt, ist dann Ihre Niederlage doch besiegelt?
Al-Mousllie: Das würde ich so nicht sagen, denn der Wille der Bevölkerung ist stärker als alles andere. Bis jetzt hat sich jede Revolution durchgesetzt. Natürlich wird das Ziel viele, viele Leben kosten. Die Syrer werden nicht einfach zurückgehen, denn der Preis dafür, dass man zurückgeht, ist viel, viel höher. Glauben Sie mir. Man weiß ja, wie dieses Regime auch in den 1980er-Jahren und davor und auch danach mit seinen Oppositionellen umgegangen ist.
Meurer: Da gab es Tausende Tote. Das könnte doch diesmal trauriger- und furchtbarerweise auch so kommen?
Al-Mousllie: Leider ja und das ist auch das, was die Syrer wissen und es kann sogar noch mehr Tote geben, wenn die syrische Bevölkerung zurückgeht. Wir müssen einfach eine Lösung finden, wo man auch in der Lage sein kann, dass der Wille der Bevölkerung durchgesetzt wird. Die Bevölkerung hat gesagt, wir wollen Assad nicht haben, und das muss auch in irgendeiner Weise möglich sein.
Meurer: Die Bevölkerung scheint ja, in viele Richtungen gespalten zu sein. Syrien ist ein sehr vielschichtiges Land. Wir hören jetzt davon, dass ein Kommandeur der Freien Syrischen Armee, der Sie nahestehen, getötet worden ist von radikalen Islamisten. Welche Interessen verfolgen diese Islamisten?
Al-Mousllie: Das ist leider eine Erscheinung, die wir jetzt erleben nach 27 Monaten in Syrien. Wenn man nicht direkt eingreift und auch nicht organisiert eingreift, ich sage mal so, auch seitens der Weltgemeinschaft, und natürlich auch diese Zersplitterung, die teilweise da ist, entstehen dann solche Gruppierungen, die dann auch ihre Unterstützung von regionalen Kräften bekommen, die sich beweisen wollen auf dem syrischen Boden.
Welche Agenda diese Leute verfolgen, ich sage mal so: Es gibt welche von denen, die dann direkt von dem Regime eingepflanzt worden sind, auf dem Boden, und die haben die Aufgabe, den Widerstand, ich sage mal, von innen zu verändern und kaputtzumachen. Und natürlich kommen da auch verschiedene Richtungen, die dann natürlich in einer gewissen Weise ihre Sichtweise reinbringen wollen – sei es vielleicht einen islamischen Staat oder auch vielleicht irgendwelche komische Theorien.
Meurer: Sadiqu Al-Mousllie, Mitglied des Syrischen Nationalrats in Berlin, gibt den Bürgerkrieg und den Aufstand gegen Syriens Diktator Assad noch nicht verloren. Danke, Herr Al-Mousllie, auf Wiederhören nach Berlin.
Al-Mousllie: Bitte schön.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Sadiqu Al-Mousllie: Guten Morgen.
Meurer: Steht die Opposition, Herr Al-Mousllie, gegen Assad vor der Niederlage?
Al-Mousllie: Keineswegs, denn die Opposition ist ja nicht so aus dem Nichts geboren, sondern die Opposition ist auch geboren aus der Bewegung der Bevölkerung. Und die Bevölkerung hat sich entschieden, sie hat ihren Weg gewusst und gezeichnet und sie sind gegen Assad und sie wollen den Assad-Sturz haben.
Meurer: Ignorieren Sie die letzten militärischen Meldungen, sei es aus Aleppo, aus Damaskus, aus anderen Landesteilen, aus denen man den Eindruck gewinnt, Assads Truppen sind in der Oberhand?
Al-Mousllie: Assads Truppen sind in der Oberhand in bestimmten Gebieten. Das ist in der Tat ein Fakt. Das liegt daran, dass Assads Regime alles bekommt, was an Unterstützung möglich ist, aus Russland, aus dem Iran, finanzielle Hilfen, Waffen und sonst irgendwas und die Opposition, die syrische Opposition, die syrische Bevölkerung bekommt sehr wenig. Wir können das einfach so zusammenfassen: Die syrische Bevölkerung hat viele Freunde, bekommt aber wenig bis fast nichts, aber das Assad-Regime hat wenig Freunde, bekommt aber alles, was es braucht.
Meurer: Wenn Sie nichts bekommen, Herr Al-Mousllie, wie wollen Sie gewinnen?
Al-Mousllie: Die Syrer haben bis jetzt bewiesen, dass sie auf jeden Fall in der Lage sind, aus ihren Fähigkeiten und aus dem, was sie im Land haben, auch nach vorne, voranzukommen. Natürlich ist das schwierig. Deswegen sagen wir und rufen wir immer die Weltgemeinschaft auf, dann mitzuhelfen, denn natürlich kann die Sache alleine nicht so existieren und wir hoffen weiterhin auf unsere Freunde und unsere Unterstützer.
Meurer: Wenn der Westen Sie unterstützen würde, könnten Sie dann das Blatt noch mal drehen?
Al-Mousllie: Auf jeden Fall! Wir hatten das schon öfter gesagt, dass das auch möglich ist durch eine entsprechende Unterstützung. Auch natürlich unter anderem durch Waffenlieferungen, Bewaffnung der Opposition, ist es möglich, das Blatt zu wenden und auf jeden Fall bestimmte Gebiete wieder zu erobern. Man hat es gesehen in Kousseir, wer sich alles eingemischt hat. Die Hisbollah aus dem Libanon hat sich gezielt eingemischt, Kämpfer aus dem Iran, aus dem Irak. Das ist alles möglich für das Regime, aber für die Opposition ist es gar nicht so einfach.
Meurer: Die Bundesregierung will ja keine Waffen liefern, die USA neuerdings jetzt doch, London und Paris auch. Ist irgendetwas von dieser Hilfe schon angekommen?
Al-Mousllie: Leider auf dem Boden der Tatsachen ist fast nichts angekommen. Es wird viel geredet, es werden viele Statements gemacht, es ist auch sehr oft so, dass man die Angst hat, beziehungsweise man versucht das zu rechtfertigen, was bis jetzt, sage ich mal, nicht getan worden ist. Das sind über 27 Monate mittlerweile, wo die syrische Bevölkerung unter Beschuss steht, und auch unter den palästinensischen Raketen und auch teilweise chemische Waffen sind eingesetzt, und es ist leider immer noch nicht zu einer ernsthaften Bewegung der Weltgemeinschaft gekommen.
Meurer: Jetzt heißt es sogar aus London, dass möglicherweise die britische Regierung doch ihre Meinung ändert und keine Waffen liefern will. Wenn der Westen weiter Sie nicht militärisch unterstützt, ist dann Ihre Niederlage doch besiegelt?
Al-Mousllie: Das würde ich so nicht sagen, denn der Wille der Bevölkerung ist stärker als alles andere. Bis jetzt hat sich jede Revolution durchgesetzt. Natürlich wird das Ziel viele, viele Leben kosten. Die Syrer werden nicht einfach zurückgehen, denn der Preis dafür, dass man zurückgeht, ist viel, viel höher. Glauben Sie mir. Man weiß ja, wie dieses Regime auch in den 1980er-Jahren und davor und auch danach mit seinen Oppositionellen umgegangen ist.
Meurer: Da gab es Tausende Tote. Das könnte doch diesmal trauriger- und furchtbarerweise auch so kommen?
Al-Mousllie: Leider ja und das ist auch das, was die Syrer wissen und es kann sogar noch mehr Tote geben, wenn die syrische Bevölkerung zurückgeht. Wir müssen einfach eine Lösung finden, wo man auch in der Lage sein kann, dass der Wille der Bevölkerung durchgesetzt wird. Die Bevölkerung hat gesagt, wir wollen Assad nicht haben, und das muss auch in irgendeiner Weise möglich sein.
Meurer: Die Bevölkerung scheint ja, in viele Richtungen gespalten zu sein. Syrien ist ein sehr vielschichtiges Land. Wir hören jetzt davon, dass ein Kommandeur der Freien Syrischen Armee, der Sie nahestehen, getötet worden ist von radikalen Islamisten. Welche Interessen verfolgen diese Islamisten?
Al-Mousllie: Das ist leider eine Erscheinung, die wir jetzt erleben nach 27 Monaten in Syrien. Wenn man nicht direkt eingreift und auch nicht organisiert eingreift, ich sage mal so, auch seitens der Weltgemeinschaft, und natürlich auch diese Zersplitterung, die teilweise da ist, entstehen dann solche Gruppierungen, die dann auch ihre Unterstützung von regionalen Kräften bekommen, die sich beweisen wollen auf dem syrischen Boden.
Welche Agenda diese Leute verfolgen, ich sage mal so: Es gibt welche von denen, die dann direkt von dem Regime eingepflanzt worden sind, auf dem Boden, und die haben die Aufgabe, den Widerstand, ich sage mal, von innen zu verändern und kaputtzumachen. Und natürlich kommen da auch verschiedene Richtungen, die dann natürlich in einer gewissen Weise ihre Sichtweise reinbringen wollen – sei es vielleicht einen islamischen Staat oder auch vielleicht irgendwelche komische Theorien.
Meurer: Sadiqu Al-Mousllie, Mitglied des Syrischen Nationalrats in Berlin, gibt den Bürgerkrieg und den Aufstand gegen Syriens Diktator Assad noch nicht verloren. Danke, Herr Al-Mousllie, auf Wiederhören nach Berlin.
Al-Mousllie: Bitte schön.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.