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Alberich muss zur Magenspiegelung

2014 übernimmt Uwe Eric Laufenberg die Intendanz am Staatstheater Wiesbaden. In der Zwischenzeit wagt er sich, wie schon 2009 in Köln, an Wagner, diesmal an den "Ring des Nibelungen". Dessen erster Teil, "Das Rheingold", feierte nun am Linzer Landestheater Premiere.

Von Jörn Florian Fuchs |
    In Linz steht seit Kurzem ein tolles, neues Opernhaus, das mit dem Titel "Walhall Oberösterreichs" sicher angemessen beschrieben wäre. Es ist wirklich riesig, mit modernster Technik voll gestopft und man kann Musiktheater im Breitwandformat zeigen. Also ein idealer Ort, um Richard Wagners Ring-Tetralogie auf die edlen Bretter zu wuchten.

    Herr im Ring ist Uwe Eric Laufenberg, der im ausverkauften Haus freundlich gefeiert wurde. Tatsächlich könnte sich Linz zu einem Mekka all jener Wagnerenthusiasten entwickeln, die die Nase voll von Castorf & Co. haben. Denn Laufenberg erzählt konzentriert, stellenweise allerdings etwas spannungslos, von Alberich, Wotan und der sonstigen Bagage. Hinzu erfunden sind – wie beim Wagnerkultfestival Erl – herum huschende Kinder, die Nibelungen darstellen oder Götter begleiten. Es gibt etliche schöne Szenen und immer wieder eine feine Personenpsychologie.

    Gänzlich neu deutet Laufenberg die Verwandlung des Goldräubers in ein Reptil, man sieht auf einer Leinwand eine wilde Kamerafahrt mitten hinein in Alberichs Eingeweide. Nach dieser seiner Magenspiegelung mutiert er dann plötzlich zum großen Schlangentier, danach zur Kröte. Aber wer führt die Kamera, wo und für wen spielt sich das ab? In solchen Details verheddert sich Laufenbergs Inszenierung leider mehrfach.

    Die Figuren sind völlig unklar kostümiert, manche Kopfbedeckung oder Hüftschärpe mag an die Türkei vor 100 Jahren erinnern, anderes an Gründerzeit in unseren Breiten. Oder will Laufenberg parodistisch auf Karl May und kolonialistischen Exotismus verweisen? Kisten dienen als Sitzmöbel, auf manchen liegen voluminöse Felle. Alberich besitzt ein kugelrundes Aquarium, er füttert die Fische mit Zigarrenasche. Anfangs treffen sich der garstige Gauch und die Rheintöchter in einem Bühnenoval, was akustisch problematisch ist. Der Rest spielt zumeist in einem Zelt vor einer gewaltigen Tür, man denkt dabei unweigerlich an Kafkas "Vor dem Gesetz". Am Ende gehen alle dort hinein, nur Loge bleibt zurück. Fleißige, livrierte Helfer (Hausdiener? Hotelangestellte? Aus anderer Epoche herein Geschneite?) hatten sich zuvor des 'Mobiliars' angenommen. Letztlich bleiben Zeit, Ort und Personen völlig unklar.

    Vor dem Schlussvorhang sieht man anscheinend ganz links noch einen steinernen Adler, der dem Publikum den Rücken zukehrt. Dies berichten zumindest übereinstimmend Zuschauer auf der rechten Seite, der Rezensent saß links außen und bekam vom skulpturalen Federvieh rein gar nichts mit.

    Wollen wir hoffen, dass Laufenberg bei den kommenden "Ring"-Teilen die einzelnen Ideenstücke sinnvoll zusammen schmiedet.

    Mit Dennis Russel Davies' Premieren-Dirigat wird man zum Glück einschränkungslos froh. Das Bruckner Orchester spielt mit leichtem Understatement, ausladende, symphonische Bögen entstehen, es herrscht große Präzision. Gerd Grochowskis Wotan und Sonja Gorniks Freia sind die Stimmen des Abends, bei Oskar Hillebrandts Alberich und Michael Bedjais Loge muss man öfters schmunzeln. Beide umkreisen auf sehr eigenwillige Weise Wagners notierte Noten. Gerüchteweise ist der neue Linzer Ring bereits bis zur Vollendung 2015 zu 75 Prozent ausverkauft, 2016 soll er nach Wiesbaden übersiedeln, wo Laufenberg nächstes Jahr Intendant wird.

    Was aus all dem wohl wird? Wir bleiben dran!