Dirk Müller: Auch die Bundesländer könnte es treffen. Sie haften mit, falls was schief geht mit dem Fiskalpakt. Soll heißen, wenn die Neuverschuldung höher ist als 0,5 Prozent, dann sind Strafzahlungen fällig. So wollen die Landesregierungen vor allem Geld von der Kanzlerin, zum Beispiel Milliarden für die Eingliederungshilfen von Behinderten. Damit die Schuldenbremse funktionieren und auch eingehalten werden kann, haben die Hauptstädte in den vergangenen Wochen von München bis Kiel enormen Druck gemacht. Es gibt heftigen Streit darüber. Gestern nun die Einigung zwischen Angela Merkel und den Regierungschefs aus den Ländern: Es gibt mehr Geld aus Berlin. – Am Telefon ist nun der Ministerpräsident von Schleswig-Holstein, Torsten Albig (SPD). Guten Morgen!
Torsten Albig: Guten Morgen, Herr Müller.
Müller: Herr Albig, mehr Geld, ist das ein Zeichen von kreativer Politik?
Albig: Es geht nicht in erster Linie um mehr Geld, Herr Müller. Es geht um die richtige Zuordnung von Lasten im Verhältnis von Kommunen, Ländern und Bund. Und wir haben lange, lange festgestellt, dass zum Beispiel die Eingliederungshilfe, die im Wesentlichen auf kommunaler Ebene verortet ist, da gar nichts zu suchen hat. Es ist kein Problem, es ist keine Belastung öffentlicher Haushalte, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister verursachen, sondern es ist ein gesellschaftliches Problem, es hat was mit der Situation unseres ganzen Landes zu tun, also es ist typischerweise etwas, was ein Bund, eine Gesamtheit von Menschen zu tragen hat und nicht ein Ort, ein Marktplatz, ein Rathaus. Und darüber nachzudenken, da sind wir schon lange dabei, und das war ein guter Ort zu sagen, die daraus resultierenden Folgen – wir haben dramatische Veränderungen in der Art und Weise, wie Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft ihren Platz finden -, das wird teurer und das darf dann nicht dazu führen, dass es zu Verstößen kommt gegen den Fiskalpakt, die nur auf kommunaler und dann auch auf Länderebene wirken, sondern da muss der Bund sich zu seiner Verantwortung bekennen. Darum ging es, nicht um das viele Geld, wir sind nicht auf einem Basar, und wir sind froh, dass wir hier einen Einstieg hinbekommen haben.
Müller: Aber, Herr Albig, genauso wirkt das doch: Es geht um Geld, wir sind in einer finanziellen Krise, wir haben alle kein Geld, und die Länder sagen, wenn wir die Zustimmung geben sollen, dann brauchen wir mehr Geld. So einfach ist es doch letztendlich.
Albig: Nein, so einfach ist es nicht. Es klingt vielleicht so. Aber dieses Geld, das wir brauchen in unserer Gesellschaft, um Menschen mit Handicap, Menschen mit Behinderung ein vernünftiges Miteinander zu ermöglichen. Da muss man klären, wer bezahlt das. Und wir bemerken, dass dieses Geld, was wir bezahlen müssen in unserer Gesellschaft, mehr wird. Wir haben mehr Menschen mit Behinderung, wir haben andere Erwartungen. Und dann geht es schlicht um die Frage, wie organisiert man das. Ist das das Problem des Bürgermeisters in Kiel oder in Wuppertal?
Müller: Ist es das Problem der Kanzlerin?
Albig: Es ist das Problem der gesamten Gesellschaft und die Kanzlerin ist diejenige, die Bundesregierung, der Bund ist derjenige, der alle Probleme, die auf gesamtgesellschaftlicher Ebene anfallen, zu tragen hat, während wenn ich ein kommunales Schwimmbad baue, dann hat das der Bürgermeister zu klären und zu entscheiden. Der Bürgermeister, die Stadt kann es aber nicht tragen, denn wie gesagt, unser Verhältnis einer Gesellschaft zu Menschen mit Behinderung hat sich verändert. Das ist nicht richtig angesiedelt gewesen und das haben wir neu justiert und wir freuen uns sehr, dass wir in der nächsten Legislatur den Einstieg schaffen wollen in ein Bundesgesetz im Bundesleistungsgesetz, denn da gehört es hin. Da gehörte es schon immer hin! Es war falsch verortet bei den Kommunen.
Müller: Dann war das also jetzt nur für Sie eine passende günstige Gelegenheit, dieses Thema nach vorne zu bringen?
Albig: Absolut, und wir haben es jetzt angepackt, weil es nicht nur gesellschaftlich falsch verortet ist, sondern, weil es auch eines der haushalterischen Probleme ist mit der größten Dynamik; das wächst, weil wir eine völlig neue gesellschaftliche Herangehensweise an das Problem haben.
Müller: Dann reden wir, Herr Albig, über das große Haushaltsproblem: der Fiskalpakt. Der wird jetzt auf den Bund, der wird auf die Länder, der wird indirekt ja oder direkt auch auf die Kommunen zukommen.
Albig: Ja.
Müller: Wie groß wird Ihr Problem in Schleswig-Holstein sein, diese Bedingungen zu erfüllen?
Albig: Es ist kein neues Problem. So wie wir es jetzt gelöst haben, auch gestern die Einigung, haben wir ja schon immer in Deutschland auf Verfassungsebene eine identische Verpflichtung. Wir wollen bis 2020 alle miteinander ausgeglichene Haushalte haben, und darüber geht der Fiskalpakt nicht hinaus. Von daher sind wir sehr zufrieden, dass mögliche Veränderungen, die auch die Ebene Kommunen und Länder betreffen, sie nicht zusätzlich belasten. Das ist richtig und gut, weil wir sind schon die Ambitioniertesten in Europa in der Erreichung eines solchen Haushaltszieles. Jetzt bildet der Fiskalpakt dieses auf europäischer Ebene ab, was wir in Deutschland schon lange beschlossen haben.
Müller: Also das ist im Grunde nur eine Kopie der deutschen Verhältnisse?
Albig: Es ist jedenfalls eine weitgehende Angleichung dessen, was wir von Kiel bis München schon lange haben, auch nach Europa hinein. Das ist gut, das ist ein starkes Vertrauens- und Signal von Solidität.
Müller: Jetzt könnte man sagen, salopp formulieren, Torsten Albig, Sie sind für die Wähler, nein für die Bürger in Schleswig-Holstein wesentlich preiswerter, billiger zu haben als alle Ihre Vorgänger, Sie haben auf Teile Ihres Gehalts verzichtet. Verzicht – ist das auch eine Losung, auf die wir uns alle einstellen müssen in den nächsten Monaten und Jahren?
Albig: Nein, nein, das wäre ja Unfug. Keiner glaubt ja allen Ernstes, dass die Gehälter von Regierungsmitgliedern nennenswert dazu beitragen, ob wir einen Fiskalpakt einhalten. Hier ging es mehr darum zu sagen, Leute, wir haben schon den Schuss gehört, wir werden viel in den nächsten Jahren, auch um den Fiskalpakt zu erfüllen, an den Stellenhaushalten verändern müssen, da wo es um Kindergärtnerinnen, wo es um Feuerwehrleute, um Polizisten geht. Das sind Menschen, die verdienen ein Bruchteil dessen, was ein Ministerpräsident verdient. Und da ein Signal zu geben, auch eine Regierung macht bei sich Einschnitte – so zwischen 6 und 13 Prozent, je nach Situation in meinem Kabinett -, das ist ganz bewusst ein Symbol, das ist ein Signal, aber wirklich mehr nach dem Motto, wir wissen schon, was gerade los ist, und wir verdienen immer noch wirklich ausreichend genug, keiner muss jammern, keiner muss meckern. Aber das ist ja nicht nennenswert, dafür sind wir dann doch ein bisschen wenig in so einer Regierung, nicht nennenswert, um den Haushalt zu sanieren, und das hat man auch eh schon mitbekommen.
Müller: Hat die Kanzlerin Sie auch auf diesen Schritt angesprochen?
Albig: Nein, natürlich nicht. Das ist eine Sache, die betrifft Kiel, und das ist etwas, mit dem wir hier deutlich machen wollen, wir fangen hier neu an und wir haben das jetzt justiert und da muss ein MP nicht 15.000 verdienen, es reicht auch, wenn er 13.000 verdient.
Müller: Aber Sie haben ja gerade gesagt, man muss den Schuss dafür hören, um diesen Schritt zu gehen. Die Kanzlerin hat sich vor einigen Monaten mit einem etwas höheren Gehalt dann abgefunden für die nächsten Jahre.
Albig: Nun gut, jeder muss sehen, dass er den Schuss hört. Ich bin für meinen verantwortlich, andere für ihre.
Müller: Welche Verzichtleistungen beziehungsweise welche Kürzungen kommen auf die Bürger zu?
Albig: Im Wesentlichen kommt auf die Menschen in unserem Land zu, dass wir uns konzentrieren, dass wir uns endlich dazu bekennen, Prioritäten zu setzen in unserer Gesellschaft. Wir können nicht mehr alles zu einer Zeit finanzieren. Wenn wir über Bildung reden, dann heißt das, dass wir das auch ernst nehmen wollen. Dann müssen wir Schulen bauen, dann müssen wir Hochschulen instand setzen, wir müssen Lehrer und Lehrerinnen einstellen. In der Vergangenheit haben wir gelernt, dass all das, was uns gerade einfällt, was wir uns wünschen, wie bei einem schlechten Wunschzettel zu Weihnachten, dass das alles kommt. Ich schreibe was auf einen Wunschzettel, gar nicht, weil ich erwartet habe, dass man sich was aussucht, sondern ich will alles auf dem Wunschzettel. Das ist das Herangehen unserer Gesellschaft gewesen. Und wir werden sehen: Wir brauchen länger und wir müssen verzichten. Das hat nichts damit zu tun und ich mag diese Sprache immer nicht, dass wir einschneiden, dass wir verletzen, dass wir sonst irgendwas Grausames tun, sondern diese Gesellschaft muss sich besinnen, sie muss sich konzentrieren und sie muss auf Dinge länger warten – Infrastrukturen, die nicht Bildung sind, sonstige Leistungen wie ein Schwimmbad, wie öffentliche Pflege, die wir alle gerne hätten. Aber wenn wir denn nur einen Euro haben, dann werden wir den erst mal nehmen, um Krippenplätze zu finanzieren. Dann werden wir den nächsten nehmen, um unsere Schulen besser zu machen, dann Hochschulen, und dann gucken wir uns mal die Schwimmbäder an. In der Reihenfolge eine Gesellschaft neu aufzustellen, darum geht es. Wenn man das hinbekommt und wenn man das auch eine Generation durchhält, dann wird eine Gesellschaft wieder solide sein.
Müller: Mit den Schwimmbädern ist ja auch gar nicht so schlimm – bei dem Sommer, der sich wieder ankündigt.
Albig: Na ja, hier in Kiel ist es relativ frostig.
Müller: Bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk Torsten Albig, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Albig: Sehr gerne.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr zum Thema auf dradio.de:
Länder kriegen Milliarden für Fiskalpakt-Ja
"Die Länder können sehr zufrieden sein" - Patrick Döring (FDP) über die beschlossene Haushaltsentlastung der Kommunen
Zweifel am Sparwillen der Regierung - DIW-Steuerexpertin van Deuverden zum neuen Haushaltsentwurf des Bundes
Torsten Albig: Guten Morgen, Herr Müller.
Müller: Herr Albig, mehr Geld, ist das ein Zeichen von kreativer Politik?
Albig: Es geht nicht in erster Linie um mehr Geld, Herr Müller. Es geht um die richtige Zuordnung von Lasten im Verhältnis von Kommunen, Ländern und Bund. Und wir haben lange, lange festgestellt, dass zum Beispiel die Eingliederungshilfe, die im Wesentlichen auf kommunaler Ebene verortet ist, da gar nichts zu suchen hat. Es ist kein Problem, es ist keine Belastung öffentlicher Haushalte, die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister verursachen, sondern es ist ein gesellschaftliches Problem, es hat was mit der Situation unseres ganzen Landes zu tun, also es ist typischerweise etwas, was ein Bund, eine Gesamtheit von Menschen zu tragen hat und nicht ein Ort, ein Marktplatz, ein Rathaus. Und darüber nachzudenken, da sind wir schon lange dabei, und das war ein guter Ort zu sagen, die daraus resultierenden Folgen – wir haben dramatische Veränderungen in der Art und Weise, wie Menschen mit Behinderung in unserer Gesellschaft ihren Platz finden -, das wird teurer und das darf dann nicht dazu führen, dass es zu Verstößen kommt gegen den Fiskalpakt, die nur auf kommunaler und dann auch auf Länderebene wirken, sondern da muss der Bund sich zu seiner Verantwortung bekennen. Darum ging es, nicht um das viele Geld, wir sind nicht auf einem Basar, und wir sind froh, dass wir hier einen Einstieg hinbekommen haben.
Müller: Aber, Herr Albig, genauso wirkt das doch: Es geht um Geld, wir sind in einer finanziellen Krise, wir haben alle kein Geld, und die Länder sagen, wenn wir die Zustimmung geben sollen, dann brauchen wir mehr Geld. So einfach ist es doch letztendlich.
Albig: Nein, so einfach ist es nicht. Es klingt vielleicht so. Aber dieses Geld, das wir brauchen in unserer Gesellschaft, um Menschen mit Handicap, Menschen mit Behinderung ein vernünftiges Miteinander zu ermöglichen. Da muss man klären, wer bezahlt das. Und wir bemerken, dass dieses Geld, was wir bezahlen müssen in unserer Gesellschaft, mehr wird. Wir haben mehr Menschen mit Behinderung, wir haben andere Erwartungen. Und dann geht es schlicht um die Frage, wie organisiert man das. Ist das das Problem des Bürgermeisters in Kiel oder in Wuppertal?
Müller: Ist es das Problem der Kanzlerin?
Albig: Es ist das Problem der gesamten Gesellschaft und die Kanzlerin ist diejenige, die Bundesregierung, der Bund ist derjenige, der alle Probleme, die auf gesamtgesellschaftlicher Ebene anfallen, zu tragen hat, während wenn ich ein kommunales Schwimmbad baue, dann hat das der Bürgermeister zu klären und zu entscheiden. Der Bürgermeister, die Stadt kann es aber nicht tragen, denn wie gesagt, unser Verhältnis einer Gesellschaft zu Menschen mit Behinderung hat sich verändert. Das ist nicht richtig angesiedelt gewesen und das haben wir neu justiert und wir freuen uns sehr, dass wir in der nächsten Legislatur den Einstieg schaffen wollen in ein Bundesgesetz im Bundesleistungsgesetz, denn da gehört es hin. Da gehörte es schon immer hin! Es war falsch verortet bei den Kommunen.
Müller: Dann war das also jetzt nur für Sie eine passende günstige Gelegenheit, dieses Thema nach vorne zu bringen?
Albig: Absolut, und wir haben es jetzt angepackt, weil es nicht nur gesellschaftlich falsch verortet ist, sondern, weil es auch eines der haushalterischen Probleme ist mit der größten Dynamik; das wächst, weil wir eine völlig neue gesellschaftliche Herangehensweise an das Problem haben.
Müller: Dann reden wir, Herr Albig, über das große Haushaltsproblem: der Fiskalpakt. Der wird jetzt auf den Bund, der wird auf die Länder, der wird indirekt ja oder direkt auch auf die Kommunen zukommen.
Albig: Ja.
Müller: Wie groß wird Ihr Problem in Schleswig-Holstein sein, diese Bedingungen zu erfüllen?
Albig: Es ist kein neues Problem. So wie wir es jetzt gelöst haben, auch gestern die Einigung, haben wir ja schon immer in Deutschland auf Verfassungsebene eine identische Verpflichtung. Wir wollen bis 2020 alle miteinander ausgeglichene Haushalte haben, und darüber geht der Fiskalpakt nicht hinaus. Von daher sind wir sehr zufrieden, dass mögliche Veränderungen, die auch die Ebene Kommunen und Länder betreffen, sie nicht zusätzlich belasten. Das ist richtig und gut, weil wir sind schon die Ambitioniertesten in Europa in der Erreichung eines solchen Haushaltszieles. Jetzt bildet der Fiskalpakt dieses auf europäischer Ebene ab, was wir in Deutschland schon lange beschlossen haben.
Müller: Also das ist im Grunde nur eine Kopie der deutschen Verhältnisse?
Albig: Es ist jedenfalls eine weitgehende Angleichung dessen, was wir von Kiel bis München schon lange haben, auch nach Europa hinein. Das ist gut, das ist ein starkes Vertrauens- und Signal von Solidität.
Müller: Jetzt könnte man sagen, salopp formulieren, Torsten Albig, Sie sind für die Wähler, nein für die Bürger in Schleswig-Holstein wesentlich preiswerter, billiger zu haben als alle Ihre Vorgänger, Sie haben auf Teile Ihres Gehalts verzichtet. Verzicht – ist das auch eine Losung, auf die wir uns alle einstellen müssen in den nächsten Monaten und Jahren?
Albig: Nein, nein, das wäre ja Unfug. Keiner glaubt ja allen Ernstes, dass die Gehälter von Regierungsmitgliedern nennenswert dazu beitragen, ob wir einen Fiskalpakt einhalten. Hier ging es mehr darum zu sagen, Leute, wir haben schon den Schuss gehört, wir werden viel in den nächsten Jahren, auch um den Fiskalpakt zu erfüllen, an den Stellenhaushalten verändern müssen, da wo es um Kindergärtnerinnen, wo es um Feuerwehrleute, um Polizisten geht. Das sind Menschen, die verdienen ein Bruchteil dessen, was ein Ministerpräsident verdient. Und da ein Signal zu geben, auch eine Regierung macht bei sich Einschnitte – so zwischen 6 und 13 Prozent, je nach Situation in meinem Kabinett -, das ist ganz bewusst ein Symbol, das ist ein Signal, aber wirklich mehr nach dem Motto, wir wissen schon, was gerade los ist, und wir verdienen immer noch wirklich ausreichend genug, keiner muss jammern, keiner muss meckern. Aber das ist ja nicht nennenswert, dafür sind wir dann doch ein bisschen wenig in so einer Regierung, nicht nennenswert, um den Haushalt zu sanieren, und das hat man auch eh schon mitbekommen.
Müller: Hat die Kanzlerin Sie auch auf diesen Schritt angesprochen?
Albig: Nein, natürlich nicht. Das ist eine Sache, die betrifft Kiel, und das ist etwas, mit dem wir hier deutlich machen wollen, wir fangen hier neu an und wir haben das jetzt justiert und da muss ein MP nicht 15.000 verdienen, es reicht auch, wenn er 13.000 verdient.
Müller: Aber Sie haben ja gerade gesagt, man muss den Schuss dafür hören, um diesen Schritt zu gehen. Die Kanzlerin hat sich vor einigen Monaten mit einem etwas höheren Gehalt dann abgefunden für die nächsten Jahre.
Albig: Nun gut, jeder muss sehen, dass er den Schuss hört. Ich bin für meinen verantwortlich, andere für ihre.
Müller: Welche Verzichtleistungen beziehungsweise welche Kürzungen kommen auf die Bürger zu?
Albig: Im Wesentlichen kommt auf die Menschen in unserem Land zu, dass wir uns konzentrieren, dass wir uns endlich dazu bekennen, Prioritäten zu setzen in unserer Gesellschaft. Wir können nicht mehr alles zu einer Zeit finanzieren. Wenn wir über Bildung reden, dann heißt das, dass wir das auch ernst nehmen wollen. Dann müssen wir Schulen bauen, dann müssen wir Hochschulen instand setzen, wir müssen Lehrer und Lehrerinnen einstellen. In der Vergangenheit haben wir gelernt, dass all das, was uns gerade einfällt, was wir uns wünschen, wie bei einem schlechten Wunschzettel zu Weihnachten, dass das alles kommt. Ich schreibe was auf einen Wunschzettel, gar nicht, weil ich erwartet habe, dass man sich was aussucht, sondern ich will alles auf dem Wunschzettel. Das ist das Herangehen unserer Gesellschaft gewesen. Und wir werden sehen: Wir brauchen länger und wir müssen verzichten. Das hat nichts damit zu tun und ich mag diese Sprache immer nicht, dass wir einschneiden, dass wir verletzen, dass wir sonst irgendwas Grausames tun, sondern diese Gesellschaft muss sich besinnen, sie muss sich konzentrieren und sie muss auf Dinge länger warten – Infrastrukturen, die nicht Bildung sind, sonstige Leistungen wie ein Schwimmbad, wie öffentliche Pflege, die wir alle gerne hätten. Aber wenn wir denn nur einen Euro haben, dann werden wir den erst mal nehmen, um Krippenplätze zu finanzieren. Dann werden wir den nächsten nehmen, um unsere Schulen besser zu machen, dann Hochschulen, und dann gucken wir uns mal die Schwimmbäder an. In der Reihenfolge eine Gesellschaft neu aufzustellen, darum geht es. Wenn man das hinbekommt und wenn man das auch eine Generation durchhält, dann wird eine Gesellschaft wieder solide sein.
Müller: Mit den Schwimmbädern ist ja auch gar nicht so schlimm – bei dem Sommer, der sich wieder ankündigt.
Albig: Na ja, hier in Kiel ist es relativ frostig.
Müller: Bei uns heute Morgen im Deutschlandfunk Torsten Albig, Ministerpräsident von Schleswig-Holstein. Vielen Dank für das Gespräch und auf Wiederhören.
Albig: Sehr gerne.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Deutschlandradio macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.
Mehr zum Thema auf dradio.de:
Länder kriegen Milliarden für Fiskalpakt-Ja
"Die Länder können sehr zufrieden sein" - Patrick Döring (FDP) über die beschlossene Haushaltsentlastung der Kommunen
Zweifel am Sparwillen der Regierung - DIW-Steuerexpertin van Deuverden zum neuen Haushaltsentwurf des Bundes