Dabei habe es technisch "ungemein gut geklappt", 1.000 Delegierte auf digitalem Wege miteinander zu versammeln, so Lucke. Die "eigentliche Ironie der Geschichte" sei gewesen, dass im Anschluss an die drei Reden der Kandidaten Merz, Röttgen und Laschet das Forum für Fragen geöffnet worden wäre. Daraufhin habe sich Jens Spahn zu Wort gemeldet. Allerdings nicht mit einer Frage, sondern mit einer "explizite(n) Werberede". Spahn habe eine "klare Wahlaussage zugunsten von Armin Laschet getätigt".
"Er hat gewissermaßen diese Rede gehackt", folgert Lucke, der unter anderem Redakteur für die politische Monatszeitschrift "Blätter für deutsche und internationale Politik" ist. Das digitale Format habe dazu geführt, dass "digital zugeschaltete Personen" - darunter auch Spahn - den Ablauf des Wahlvorgangs gestört hätten. Dadurch werde diese Wahl im Nachhinein mit "einem ungemeinen Makel versehen" werden. Es sei der Eindruck entstanden, als habe jemand "einen Telefon-Joker" gezogen.
Digitales Format "sehr geschadet"
Das digitale Format stelle völlig neue Anforderungen, allein an die Rede. Die Message sei - in Anspielung an Marshall McLuhan - eine neue Redekultur: "In einem leeren Raum zu sprechen, ist etwas völlig anderes", so der Publizist. Dadurch seien Effekte denkbar, die "in fataler Weise" eigentlich klare Ergebnisse wieder in Abrede stellen könnten. Laschet jedenfalls habe das digitale Parteitags-Format "sehr geschadet".
Es gehe nun darum, den "Eindruck der Objektivität" aufrecht zu erhalten und keine Stimmen dominieren zu lassen, die Lucke zufolge bereits im Vorfeld dieses Parteitags davon gesprochen hätten, der Wahlvorgang sei "vom Establishment heraus gesteuert" gewesen. "Es ist ein lernender Prozess, in dem wir uns befinden", schlussfolgert er. Und die CDU habe dabei für Deutschland die Premiere geleistet.