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Album "City Burials" von Katatonia
Dunkle Winter in entvölkerten Städten

Anfangs haben die Schweden von Katatonia noch hart gerockt, ihr Sänger gegrowlt - doch in mittlerweile 30 Jahren Bandgeschichte ist man ruhiger geworden. Auch das neue Album "City Burials" geriet elegisch - aber abwechslungsreich.

Von Thomas Elbern |
    Fünf Männer in schwarzer Lederkleidung stehen vor einer grauen Wand.
    Katatonia begann als reines Studio-Projekt (EsterSegarra)
    Ja, es ist dunkel und melancholisch. Das neue Album "City Burials" enttäuscht nicht. Katatonia geht entschlossen den Weg weiter, den sie mit ihrem letzten Album "The Fall of Hearts", das 2016 erschienen ist, eingeschlagen hat: Noch elegischer, noch bombastischer, noch Harmonie-verliebter. Man denkt bei den ersten Takten von "City Burials" an King Crimson oder Moody Blues. Irgendwie zeitlos diese Musik. Und das sich diese Katatonia-eigene melancholische Stimmung wie der rote Faden durch die Songs zieht, hat wohl auch mit den vielen dunklen Wintermonaten in ihrer schwedischen Heimat zu tun....
    Schweden im Winter
    "Damit haben Sie den Nagel auf den Kopf getroffen: Wir haben im Winter viele kalte und dunkle Monate hier, bei denen du definitiv nicht nach draußen willst. Mehr als frieren kannst du auch nicht und wenn du nicht auf Wintersport stehst, hast du nichts zu tun. Niemand in der Band interessiert sich für Ski oder Snowboarding. Dann bleibt dir nicht viel übrig, als dir dieses deprimierende Wetter anzuschauen und dazu einen Soundtrack zu schreiben, der beschreibt, wie sich Schweden im Winter so anfühlt."
    Die Produktion von "City Burials" kann überzeugen: Abwechslungsreich, dynamisch und sehr professionell in Szene gesetzt. Das Soundbild erinnert an die schwedischen Kollegen von Opeth, die gekonnt zwischen tonnenschweren Gitarrenriffs verträumten Keyboardflächen wechseln. Stille, in sich gekehrte und tief melancholische Passagen wechseln sich ab mit Gitarrengewittern und komplexen Schlagzeugeruptionen, oft in einem einzigen Song. Im Zentrum der oft mehrstimmige Gesang, der sich klar im Soundbild abhebt. Speziell die Arbeitsweise bei Katatonia: Sänger Jonas Renkse erstellt in seinem Heimstudio all die Demos der Songs mit seinem Computer. Das ist dann die Grundlage für die spätere Produktion. Eingespielt werden die Songs dann immer noch ganz klassisch von den Bandmitgliedern gemeinsam im Studio. Genau das mache eben einen Unterschied.
    Vom Computer ins Studio
    "Das Endresultat ist viel lebendiger als die Vorproduktion, die von Jonas kommt. Obwohl die schon sehr gut klingt, wird der Sound durch die Band viel organischer. Das liegt daran, dass Jonas mir zum Beispiel die Freiheit lässt, andere Bassfiguren zu spielen und eigene Ideen einzubringen. Nichts ist in Stein gehauen und er holt auch keine Peitsche raus, wenn ich etwas anderes spiele. Eher das Gegenteil: er möchte zusätzliche Ideen und Inspiration und nicht nur das, was er sich zu Hause ausgedacht hat."
    Katatonia haben im Studio zusammen mit Grammy nominierten Produzenten Jacob Hansen gearbeitet, der seit 20 Jahren, besonders im skandinavischen Raum, durch seine Arbeit mit Bands wie Epica oder Volbeat größte Anerkennung genießt. Der Däne war die erste Wahl der Band, die stets um Perfektion bemüht ist.
    "Für uns war immer klar, wenn wir ein neues Album herausbringen, dann wollen wir das Vorherige übertrumpfen. Wir wollen sozusagen auf das nächste Level aufsteigen. Also haben wir mit dem dänischen Produzenten Jacob Hansen gearbeitet, der für seine ausdrucksstarke Arbeit mit diversen Metalbands bekannt ist. Katatonia und Hansen, das hat sich als eine sehr gute Kombination herausgestellt und dazu geführt, dass diese Produktion einfach heraussticht."
    Glasklare Produktion mit elektronischen Nuancen
    Katatonia ist im Laufe der Jahre zwar ruhiger geworden, machen aber längst keinen Mainstream. Dennoch können sich Rockfans aller Couleur in der Musik der Schweden wiederfinden: Progressive, Classic Rock, Metal, ja selbst Pink Floyd-Liebhaber finden hier passendes Seelenfutter, denn auch die elektronischen Elemente wie Synthesizer oder pochende Basslines stehen nun gleichberechtigt neben den Gitarren und sorgen für einen sehr komplexen Sound. Dafür arbeitet Katatonia auch extrem hart.
    "Wir haben den Anspruch, dass wir so gut wie möglich klingen wollen, also müssen wir auch gut spielen. Heutzutage proben wir viel mehr als früher. Wir treffen uns mehrmals die Woche und arbeiten sehr konzentriert daran, unseren Sound live umzusetzen. Wir haben aber auch mehr elektronische Soundscapes programmiert, um den komplexen Sound aus dem Studio auf die Bühne zu bringen."
    Ja, die Bühne, die Liveauftritte, das ist etwas, bei dem man schnell die Qualität einer Gruppe bestimmen kann. Katatonia ist nun fast 30 Jahre im Geschäft. Also wohlbekannte Namen auf bekannten Festivals wie Wacken oder dem französischem Hellfest und auch durch ausführliche Solotouren durch Europa und den USA gewachsen.
    Dunkles Seelenfutter
    Bleibt zu hoffen, das Katatonia nach der Corona-Zwangspause all seine geplanten Konzerte nachholen kann. "City Burials", der Titel ihres neuen Albums, hat etwas unfreiwillig Visionäres: entvölkerte Städte, so wie wir sie nun aus den Nachrichten kennen. Zur Zeit der Entstehung war das einfach nur ein Bild im Kopf von Songschreiber Jonas Renkse, das nun eine traurige Aktualität erhalten hat. Aber Musik wie die von Katatonia soll auch Hoffnung spenden.
    "Die Musik von Katatonia hat mehr Tiefe als einfach nur traurig und depressiv zu sein. Du wirst immer einen Funken Hoffnung in unseren Songs finden, es ist nicht nur 100 % melancholisch und dunkel. Es gibt Menschen, für die ist die Musik von Katatonia eine Hilfe in schlimmen Zeiten. Das wäre es nicht, wenn es kein Licht in unserer Musik gäbe. Dann wären wir nur destruktiv und wie eine schlechte Medizin."