Musik "First Class"
"Houston ist bekannt für seine Ölindustrie und auch für die Krebsforschung. Menschen aus der ganzen Welt kommen hierher, um in diesen Bereichen zu arbeiten. Und die bringen natürlich ihre Kultur mit, ihre Musik und ihr Essen. Es gibt z.B. viele Leute aus Vietnam, Nigeria, Korea, Indien usw. Als Kind habe ich gedacht, das ist normal und dass es überall tolle Tacos oder großartige Pho-Suppe in unmittelbarer Nähe gibt. Später habe ich natürlich verstanden, dass das nicht so ist."
...so beschreibt Khruangbin-Drummer Donald Johnson, was seine Heimatstadt Houston ausmacht. Für Johnson, Bassistin Laura Lee und Gitarrist Mark Speer ist es auch nicht verwunderlich, dass drei so unterschiedliche Typen wie sie in einer Band spielen. Das sei eben typisch für Houston. Und diese Vielfalt klingt auch auf ihrem dritten Album "Mordechai" an, erzählt Bassistin Lee.
"Wir wollten mit dem Album die ganze Welt repräsentieren. Gleichzeitig reflektiert das eben auch Houston, denn die Stadt ist ein globaler Schmelztiegel. Indem wir also Einflüsse aus allen Ecken der Welt in unsere Musik einbeziehen, repräsentieren wir auch unsere Heimat."
Musik: "Pelota"
Mark Speer und Donald "DJ" Johnson treffen sich 2004, als beide in der Gospelband der St. John's Methodist Church spielen, in der übrigens auch schon eine gewisse Beyoncé Knowles gesungen hat. Laura Lee hat mit Musik erstmal nichts am Hut, sie gibt Nachhilfestunden in Mathe und studiert Kunstgeschichte.
"Während meines Studiums habe ich mich viel mit Architektur aus Afghanistan beschäftigt. Musik hatte ich nicht unbedingt auf dem Schirm, ich habe mich eher für visuelle Dinge interessiert. Mark und ich haben uns durch einen gemeinsamen Freund kennengelernt. Mark war sein Mitbewohner und als ich einmal vorbeikam, hat er sich gerade eine Dokumentation über Musik aus Afghanistan angeschaut. Das fand ich super: noch jemand, der sich für solche Nischenthemen begeistern kann! Dieses Treffen war dann die Grundlage für viele Entdeckungen und natürlich für Khruangbin. Wir sind schon eine ziemliche Nerd-Band."
Musik: "Time (You and I)"
2015 erscheint das Debütalbum "The universe smiles upon you", das vor allem von Thai-Musik der 60er-Jahre beeinflusst ist. Khruangbins irgendwie aus der Zeit gefallener Stil aus funky-psychedelischen Gitarren, wendigem Bass und dezentem Schlagzeug findet schnell ein Publikum. Mit dem Nachfolger "Con Todo El Mundo" gelingt ihnen 2018 der Durchbruch. Sie spielen weltweit in ausverkauften Hallen und auf großen Festivals. Dass es kaum Gesang gibt, fällt überhaupt nicht auf. Man kann sich wunderbar in die Grooves fallen lassen und Speers' Gitarrenläufe sind so plastisch, das im Kopf von ganz alleine Bilder entstehen.
Musik: "Shida"
Auf dem aktuellen Album "Mordechai" fließen persischer Funk, ostasiatischer Surf-Rock und jamaikanischer Dub zu einer geschmeidigen Psych-Rock-Melange zusammen. In der tauchen auch mal eine Spur leicht anrüchige Nouvel Vague auf oder obskure Details wie indische Mantra-Chanting-Boxes. Und etwas anderes fällt auf: Erstmals rückt der Gesang in den Vordergrund und alle Drei singen. Getreu ihres globalen Ansatzes sind gleich 14 Sprachen auf dem Album zu hören. Eine nostalgische Stimmung durchweht die Songs, kein Wunder, handeln viele der Texte doch von Erinnerungen.
"Als Kind mochte ich den Film "Die unendliche Geschichte 2". Im Film muss die kindliche Kaiserin auf eine Mission und sie hat nur wenig Zeit, diese zu erfüllen. Man sieht parallel so eine Art Kaugummi-Automaten, in dem jede ihrer Erinnerungen in einer kleinen Kugel aufbewahrt wird. Und je mehr Zeit vergeht, desto mehr ihrer Erinnerungen gehen verloren. Sie muss ihre Aufgabe also so schnell wie möglich erfüllen, damit sie wenigstens ein paar Erinnerungen behalten kann. Das hat mich sehr berührt. Am Ende des Lebens erzählt man seinen Enkeln oder anderen wichtigen Menschen seine Erinnerungen. Sie sind also ein extrem wichtiger Teil von uns."
Musik: "So we won't forget"
Durch die Texte bekommt Khruangbins eskapistische, warme Musik eine neue thematische Tiefe, ohne ihren nomadischen Spirit zu verlieren. Vom Texas ausgehend transportieren sie gekonnt aber unaufdringlich ein inspiriertes Weltbürgertum in ihrer Musik, und das ist eine echte Wohltat.