Aleksander Ceferin
Mister "Ich mach's doch nicht"

Aleksander Ceferin lässt sich beim UEFA-Kongress in Paris eine weitere Amtszeit ermöglichen – will diese am Ende aber gar nicht nutzen. Er inszeniert sich wieder einmal als Samariter für den Fußball.

Von Christian von Stülpnagel |
FIFA-Präsident Gianni Infantino (l.) und UEFA-Präsident Aleksander Ceferin geben sich die Hand.
FIFA-Präsident Gianni Infantino (l.) und UEFA-Präsident Aleksander Ceferin geben sich die Hand. (IMAGO / Inpho Photography / IMAGO / ©INPHO / Dave Winter)
Aleksander Ceferin gibt sich gern als Retter des Fußballs, Beispiele dafür gab es zuletzt viele: Als im April 2021 über Nacht zwölf Vereine aus der strengen Hierarchie der UEFA-Wettbewerbe aus Champions- und Europa League und nationalen Ligen ausscheren wollten, sprach er mit tief auf der Nase sitzender Lesebrille von einem "schändlichen und selbstbedienerischen" Vorstoß der Vereine. Dieser Super League-Plan sei "von nichts anderem als Gier" getrieben. Er, der Boss der UEFA, werde alles dafür tun, dass diese Idee nie Wirklichkeit wird.
Oder als die FIFA offen mit der Idee kokettierte, die WM in Zukunft alle zwei Jahre ausrichten zu wollen: "Mehr ist nicht immer besser", hat er in Richtung des Weltverbands gesagt, die Spieler brauchten auch Mal Zeit zur Regeneration. Im Verbund mit dem südamerikanischen Verband drohte Ceferin damit, im Zweifel nicht mehr an der WM teilzunehmen – wohl wissend, dass eine WM ohne Teams aus Europa und Südamerika witzlos wäre.
In den kommenden drei Jahren als Präsident will sich Ceferin weiter für das historische Erfolgsmodell UEFA einsetzen, wie er auf dem UEFA-Kongress in Paris verkündete. Doch nach 2027 sei für ihn Schluss. Diese Ankündigung kam überraschend, kurz vorher hatte der Kongress einer Satzungsänderung zugestimmt, die dem Slowenen eine Amtszeitverlängerung bis 2031 ermöglicht hätte. Aber der Präsident will nicht mehr, will seinen Fokus mehr auf das Familienleben richten: „Ich habe genug von Covid, von zwei Kriegen, von einer Super League“, erklärte er auf der Pressekonferenz in Paris.

"Ich wollte das wahre Gesicht von einigen Menschen sehen"

Öffentlich präsentiert sich Ceferin als nah an den Wünschen der Fans, im Kontrast zum Weltverband FIFA – und hat in den vergangenen Jahren seine Stellung innerhalb der UEFA stetig gefestigt. Widersacher auf europäischer Ebene, wie beispielsweise Andrea Agnelli als Chef der Interessenvertretung der europäischen Vereine ECA, wurden durch Ceferin-freundliche Personen wie den Katarer Nasser al-Khelaifi ersetzt.
Wie ist also der Vorstoß, die UEFA-Statuten zu ändern, wenn er die dadurch entstandenen Möglichkeiten gar nicht selbst nutzen will, zu verstehen? Mit diesem Schachzug offenbart sich die andere, etwas selbstverliebte Seite des Aleksander Ceferin: "Ich wollte das wahre Gesicht von einigen Menschen sehen. Und ich habe es gesehen", so Ceferin: "Es war durchaus amüsant, die ganze Hysterie zu beobachten."
Damit spielt er offen auf seinen einstigen engsten Vertrauten bei der UEFA an, den Bereichsleiter Fußball, Zvonimir Boban. Als Ceferin die ursprünglichen Pläne der Verlängerung seiner Amtszeit kommuniziert hatte, trat der von seinem Posten zurück. Ceferin "verfolgt seine persönlichen Ziele", sagte Boban bei seinem Abschied. Und war mit dieser Meinung offenbar nicht allein.

Die Abstimmung als Loyalitätstest

Auch einige Nationalverbände waren verstimmt – David Gill von der englischen FA hat Bedenken angemeldet und am Ende auch konsequent gegen die Änderung der Statuten gestimmt.
War die Abstimmung über eine mögliche weitere Amtszeit also ein großer Loyalitätstest? Wenn dem so ist, hat Ceferin ihn mit Bravour bestanden – die englische Gegenstimme war die einzige. Diesen Rückenwind könnte er nutzen, um sich weiter als Retter des Fußballs zu inszenieren. In den kommenden drei Jahren.