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Aleppo
Eine Feuerpause, die wenig Hoffnung macht

Ab heute sollten die Kämpfe in der syrischen Stadt Aleppo nach russischen Angaben für drei Stunden täglich eingestellt werden, damit Hilfslieferungen die Bevölkerung erreichen können. Doch Nachrichtenagenturen melden, dass in den Rebellengebieten im Osten der Stadt Granaten eingeschlagen seien. Aleppos Ärzte wandten sich unterdessen an den US-Präsidenten.

    Ein Panzer in einem östlichen Stadtteil von Aleppo, der von Regierungstruppen belagert ist.
    Ein Panzer in einem östlichen Stadtteil von Aleppo, der von Regierungstruppen belagert ist. (AFP - Omar Haj Kadour )
    In Aleppo sollte ab heute eine täglich dreistündige Feuerpause zwischen 10 und 13 Uhr Ortszeit (9 bis 12 Uhr mitteleuropäischer Zeit) gelten. Russland, das an der Seite des syrischen Machthabers Assad kämpft, hatte gestern angekündigt, dass in dieser Zeit alle militärischen Aktionen, Luft- und Artillerieangriffe gestoppt würden.
    Mehrere Nachrichtenagenturen melden jedoch bereits, dass in den Rebellengebieten im Osten der Stadt mehrfach Granaten eingeschlagen seien.
    Die Unterbrechung der Kämpfe sollte ermöglichen, dass Hilfsgüter zur eingeschlossenen Zivilbevölkerung in den Ostteil der Stadt gebracht werden könnten. Die russische Regierung spricht von einem "humanitären Zeitfenster". Mit den Aufständischen ist der Plan nicht abgesprochen.
    Der östliche Teil wird von islamistischen Rebellen kontrolliert, ist aber seit Anfang Juli von Assad-Truppen belagert. Dort sollen rund 250.000 Zivilisten eingeschlossen sein. Der Westteil Aleppos ist in der Hand von Regierungstruppen.
    Uno: 48 Stunden Feuerpause notwendig
    Der Chef der Uno-Hilfsoperationen, Stephen O'Brien, sagte vor Journalisten, es sei eine 48-stündige Feuerpause nötig, um die benötigten Hilfsgüter in die Stadt zu bringen. Man müsse fragen, was man in drei Stunden erreichen könne.
    Die USA, die in einer internationalen Koalition in Syrien die Terrormiliz IS bekämpfen, erklärten, sie würden jede Unterbrechung der Kämpfe begrüßen, um humanitäre Hilfe in die Stadt zu bekommen. Die Feuerpause müsse aber von allem Konfliktparteien eingehalten werden.
    Ärzte: Mitleid und Gebete helfen nicht mehr
    Ein sofortiges Eingreifen der USA wiederum haben Ärzte in Aleppo mit einem verzweifelten Appell an den US-Präsidenten gefordert. "Uns helfen nun keine Tränen mehr, kein Mitleid und nicht einmal Gebete, wir benötigen Ihr Handeln", heißt es in dem Brief, der von 15 der 35 noch praktizierenden Ärzte im Osten Aleppos unterzeichnet wurde. Ohne einen ständigen Versorgungskorridor werde sich der Hunger weiter ausbreiten. Die Vorräte der Krankenhäuser gingen zu Ende, warnten die Ärzte.
    Sie müssten derzeit darüber entscheiden, wer weiterleben soll und wer stirbt. In dem Brief heißt es: "Manchmal werden kleine Kinder bei uns eingeliefert, die so schwere Verletzungen haben, dass wir jene vorziehen müssen, die bessere Überlebenschancen haben." Die Ärzte kritisieren, sie hätten keine Bemühungen seitens der USA gesehen, auf ein Ende der Belagerung hinzuwirken oder ihren Einfluss zu nutzen, die Kampfparteien so zu beeinflussen, dass Zivilisten geschützt würden.
    De Mistura spricht von Kriegsverbrechen
    Der UNO-Sondergesandte für Syrien, Staffan de Mistura, erklärte, dass sich die Hinweise auf eine Beteiligung Russlands an einem Giftgas-Angriff aus Aleppo mehrten. Sollte sich dies bestätigen, müsse man von einem Kriegsverbrechen sprechen, sagte de Mistura.
    (vic/adi)