An der Schulter seines grünen Kittels trägt Alexander Chodakowski noch immer das Abzeichen der Alpha-Einheit. Ein nach unten gerichtetes Schwert. Diese Elitetruppe gehört zum ukrainischen Geheimdienst SBU. Sie war im Februar vergangenes Jahr auf dem Unabhängigkeitsplatz Maidan im Einsatz. Auch Chodakowski verteidigte damals Ex-Präsident Viktor Janukowitsch, gegen den Hunderttausende demonstrierten.
"Ich war nie ein Anhänger von Janukowitsch. Ich kannte ihn persönlich. Ein sehr ehrgeiziger und selbstverliebter, ein beschränkter Mensch. Aber ich habe mein ganzes Leben in den Sicherheitsorganen gearbeitet. Als es zum bewaffneten Umsturz in Kiew kam, als die Verfassung ausgehebelt wurde, konnte ich das nicht begrüßen."
Der 42-jährige erinnert sich gern an die alten Zeiten. Auch ein Glas-Hologramm auf seinem großen Schreibtisch zeigt Mitglieder der Alpha-Einheit. Doch die kleine Büste daneben passt heute besser zu Chodakowski. Es ist ein Abbild von Felix Dzerschinski - der berüchtigte Gründer des sowjetischen Geheimdienstes.
"Er ist kein Held für mich, aber er hat gesagt: Ein Geheimdienst-Mitarbeiter braucht saubere Hände, einen kühlen Kopf und ein heißes Herz. Seine Devise ist auch unsere: ehrlich sein, an die Idee glauben - eben anders als die ganzen korrupten Politiker."
Und der sogenannte Rote Terror nach der Oktoberrevolution 1917? Er könne nicht beurteilen, inwieweit sich Dzerschinski an seine eigenen Ideale hielt, sagt Chodakowski.
Jedenfalls ist auch er heute ein wichtiger Mann in einem - wie er es sieht - Staat, in der sogenannten Donezker Volksrepublik. Als Chef des Sicherheitsrates ist Chodakowski maßgeblich für die Verteidigung verantwortlich. Diesen Posten hat er sich erkämpft: Sein Bataillon Wostok, auf deutsch Osten, ist eines der schlagkräftigsten der Donezker Separatisten. Bei seinen Kämpfern hat er einen Ruf als besonnener, konsequenter Kommandant. Besonnen gibt sich Chodakowski auch im Interview. Er bekennt sich zum Minsker Abkommen, trotz der wieder aufflammenden Feuergefechte.
Bedeutet das auch, dass - wie im Abkommen vorgesehen - das Donezkbecken Teil der Ukraine bleibt?
"Wir kämpfen nicht gegen die Ukraine oder die ukrainische Nation. Wir sind ein Teil der Ukraine. Ich bin kein Russe, ich bin ethnischer Ukrainer. Die Familie meiner Mutter stammt aus der ukrainischen Provinz, aus dem Gebiet Winnyzja. Wenn die Ukraine ihre Rhetorik uns gegenüber ändert, uns nicht mehr als Terroristen bezeichnet, und wenn wir Sicherheitsgarantien bekommen, dann können wir ernsthaft über eine Rückkehr in die Ukraine sprechen."
Ganz anders klingt Chodakowski jedoch, wenn er zu Donezkern spricht, so bei einem Vortrag an der Musikakademie im Dezember:
"Wir leben nicht isoliert, wir wollen uns integrieren. Und da gibt es im Moment nur eine Richtung: die Integration nach Russland. Das ist das einzige Land, das uns hilft. Klar, um das Gesicht zu wahren, müssen wir und Russland öffentlich Dinge im Kontext des Minsker Abkommens sagen. Wenn da steht, das Donezkbecken soll einen Sonderstatus in der Ukraine bekommen, dann reden wir auch so."
Eine Zuhörerin fragte nach: Wenn Putin das Donezkbecken in der Ukraine sieht, sei das also reine Diplomatie? Ja, antwortete Chodakowski. Das Donezkbecken gehöre zur russischen Welt, sagte der Kommandant den Zuhörern, es müsse deren kulturelle und geistliche Werte wieder zum Leben erwecken.
Chodakowski ist zum Spagat gezwungen. Er und seine Mitstreiter haben den Menschen versprochen, das Donezkbecken werde langfristig zu Russland gehören. Aber Moskau macht keine Anstalten, die Gebiete aufzunehmen. Bange sei ihm dennoch nicht, sagt Chodakowski. Die separatistischen Kämpfer hätten inzwischen eine echte Armee gebildet - mit wie vielen Soldaten, verrät er nicht.
"Außerdem bleibt Russland ja unser Verbündeter, unser Partner und überhaupt der Garant dafür, dass wir existieren."
Damit meine er vor allem die politische Unterstützung, fügt Chodakowski hinzu. Reguläre russische Truppen gebe es nicht im Donezkbecken, versichert er.