50 Kühe hat Harald Meyer aus Mengebostel - einem Dorf zwischen Hamburg und Hannover. Hinzu kommen 300 Hektar Mais und Zuckerrüben. Für den Landwirt sind es Energiepflanzen, die in seinen Biogasreaktoren landen. Diese Arbeit hier ist neu.
"Ich nehme jetzt eine Probeflasche in die Hand. Dreh' nun den Deckel auf und lass' den Schlauch nun direkt in die Flasche laufen und mach' die Probeflasche zirka dreiviertel voll."
Alle drei Tage nimmt der Landwirt eine Probe - aus dem Algenreaktor. Es ist der erste bundesweite Praxisversuch mit Mikroalgen - auf einem Bauernhof zwischen Güllewagen und Mähdrescher. Nie hätte Harald Meyer gedacht, dass die grünen Einzeller richtige Sorgenkinder sein können, besonders im Juli, bei hochsommerlichen Temperaturen.
"... und da hatten wir das Problem, dass das Wasser halt über 40 Grad warm geworden ist, und auf einmal waren die Algen gelb - quasi abgestorben. Am nächsten Tag konnte man schon erkennen, dass die Algen doch noch am Leben waren und sich selber wieder neues Leben eingehaucht haben."
Erster bundesweiter Versuch mit Mikroalgen
Momentan ist alles im "grünen Bereich". Die Algen vermehren sich - abzulesen an der dunkelgrünen Färbung des zirkulierenden Wassers: 750 Liter strömen durch armdicke, transparente Röhren aus Plexiglas, aufgeständert unter einer durchsichtigen Zeltplane.
Alle 14 Tage schaut Jens-Uwe Gerking von der TH Wildau vorbei. In seinem Labor, in der 340 Kilometer entfernten Hochschule, hat er schon etliche Reaktoren betrieben. Die "Fernbetreuung" der Algen ist für den Wissenschaftler eine echte Herausforderung.
"Nach zehn Tagen fingen die an, so ein bisschen ins Gelbliche umzuschlagen. Erst mal noch nicht dramatisch, aber uns hat das schon gewundert, weil wir hatten den Bauern immer gefragt, wird's grüner, grüner, dunkler, dunkler? Und er meinte, nee, es wird eigentlich immer heller. Und dann konnte ich auch über Telefon und Whatsapp eigentlich auch nicht viel erkennen, bis uns das dann aufgefallen ist, dass wir diesen "Gelbumschlag" haben, den wir im Labor nie hatten. "
"Gelb" bedeutet: Keine Fotosynthese, die Algen streiken! In der Praxis läuft eben alles ein bisschen anders: Als Nahrung dient den Algen das CO2 aus dem Abgas. Es kommt aus dem Blockheizkraftwerk, um so den Stoffkreislauf der Biogasanlage zu schließen. Statt einer fein dosierter Belichtung wie im Labor, brennt hier die Sonne vom Himmel, zeitweise fehlte Dünger, ein anderes Mal wurde die Nährlösung extrem alkalisch.
"Diese eigentlich erst mal total unerwünschten Sachen haben uns aber eigentlich gezeigt, dass die Algen doch sehr unverwüstlich sind. Diese Erfahrungen erhöhen sogar die Akzeptanz in der Produktion."
An eine Massenproduktion ist vorerst aber nicht zu denken: Gerade mal zwei Kilo Algen kommen in 14 Tagen zusammen - energetisch verwertbare Biomasse, die aus dem Wasser gefischt wird. Jedoch: viel zu wenig für eine 750 Kilowatt leistende Biogasanlage. Ohnehin sind andere Dinge wichtiger. Zum Beispiel die erstaunliche Erfahrung, dass noch keine Infektionen aufgetreten sind, und das in dem vergleichsweise schmutzigen Umfeld. Im scheinbar sterilen Labor hatten sich öfter schon mal Bakterien über die Algenkultur hergemacht. Nur der graue Schaum, der auf der Algensuspension schwimmt, gefällt Jens-Uwe Gerking gar nicht.
"Schaum deutet eben darauf hin, dass da Teile absterben, zu Eiweiß zerschlagen werden. Es ist natürlich wünschenswert, wenn man keinen Schaum hat, man muss die Anlage natürlich mehr reinigen, und das wird uns die Erfahrung noch zeigen."
Zwei Jahre soll der Praxis-Feldversuch laufen, um Erfahrungen zu sammeln. Nächstes Jahr im Hochsommer kommen Hitze liebende Algen aus Spanien in den Reaktor. Vielleicht sind dann auch 45 Grad Celsius kein Problem. Landwirt Harald Meyer denkt allerdings schon über den nächsten Sommer hinaus - an Energie liefernde Algen für seine Biogasanlage:
"Wir selber sind alle erstaunt, wie gut das hier läuft. Und wir erhoffen uns natürlich für die Zukunft, dass diese Anlage, die wir hier betreiben, so aussagekräftig ist, dass wir das in Zukunft auch erweitern können."