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Alicja Kwade auf dem Met
Sonnensystem aus Stahl und Stein

Elegant, hart und im höchsten Maße experimentell, so beschreibt das New Yorker Met-Museum das Werk der in Berlin lebenden Künstlerin Alicja Kwade. Kürzlich wurde die gebürtige Polin eingeladen, ein Kunstwerk für das Dach des berühmten Museumsbaus zu kreieren - es ist ein Spiel mit der Schwerkraft.

Von Kai Clement |
15.04.2019, USA, New York: Eine Skulptur der in Berlin lebenden Künstlerin Alicja Kwade steht auf der Dachterrasse des New Yorker Metropolitan Museums. Besucher können die aus Stangen und Kugeln bestehenden Werke mit dem Namen "Parapivot" bis zum 27. Oktober auf dem Dach des Museums besichtigen. Foto: Christina Horsten/dpa | Verwendung weltweit
"Parapivot" von Alicja Kwade auf dem Dach des New Yorker Metropolitan Museums (dpa / Christina Horsten)
Gerade will Museumschef Max Hollein die Ausstellung auf dem Dach des Metropolitan eröffnen, da geht ein Wolkenbruch nieder. Alicja Kwade rettet sich zusammen mit allen anderen ins Innere des gigantischen Universalmuseums. Sie trägt den Segen des Himmels oder die Strafe der Götter, wie immer man möchte, mit Humor: "Ich habe mich mit ein paar Göttern angelegt - aber das in Ordnung so. Ja, es ist ein gutes Gefühl. Es muss ja auch ein bißchen stürmisch sein, also den Emotionen folgen - sozusagen."
Spiel mit der Schwerkraft
Mit den Göttern angelegt - vielleicht deshalb, weil Alicja Kwade selbst ein wenig Göttin spielt. Auf und zwischen aufrecht stehenden Rechtecken aus Stahl scheinen tonnenschwere, wuchtige Steinkugeln fast schwerelos zu schweben, jeder Erdanziehung Hohn zu sprechen. Man fühlt sich an Sonnensystem-Modelle erinnert: "Es ist ein stahlgewordenes, menschliches System und menschlicher Ehrgeiz."
Es ist ein Spiel mit der Schwerkraft. Ein Spiel mit Weltenerfassung. Mit Verstehen und Begreifen. All das zugleich mit einer großen Prise lllusion und Ironie. Die schiere Größe der beiden Skulpturen, noch dazu vor der Großstadtkulisse von New York mit ihrem dichten Hochhausgewirr, all das bietet eine perfekte Inszenierung: "Diese Kulisse, die einem diese ja fast schon karikaturhafte Stadt bietet mit der Position des Museums, das quasi die ganze auf Menschheitsgeschichte abdeckt. Also man steht ja quasi auf dem Dach der Menschheitsgeschichte. Wenn man von verschiedenen Perspektiven schaut, kann man auch sehen, dass es da Momente gibt, wo diese Sphären scheinbar auf diesen Hochhäusern ruhen. Als wären es Sockel für diese möglichen Welten, die aber natürlich auch uns widerspiegeln."
Irdische Unmöglichkeiten
Kuratorin Kelly Baum hat die Ausstellung vorbereitet. Für sie verbindet Alicja Kwade Schönheit, Schein und Tiefe: "Ihre kritische Auseinandersetzung mit Wissenschaft und Philosophie. Die Materialien die sie verwendet. Aber auch ihr sehr elegantes Spiel mit Illusionen. Alicja verwirklicht Dinge, die es doch unmöglich auf dem Planeten Erde geben kann."
Unmittelbar zu den Füßen des Museums liegt der Central Park - auch dort hat Alicja Kwade schon ausgestellt. "Against the run": Mit dieser Uhr, bei der sich aber das Ziffernblatt bewegt, hat Kwade das Verständnis von Zeit verwandelt.
Auf der Biennale von Venedig war sie vertreten. Jetzt also der Dachgarten des Metropolitan Museums. Ein großartiges Gefühl, sagt die Künstlerin. Und muss dann über sich selber lachen: "Es ist wirklich sowas, was fast einer kindlichen Vorstellung entspricht, was man so gerne erreichen würde."
Kaum hat mit dem Österreicher Max Hollein ein deutschsprachiger Museumsdirektor das Met übernommen, stellt auf dem Dachgarten eine deutschsprachige, in Berlin lebende Künstlerin aus - wobei Alicja Kwade aus Polen stammt. Max Hollein: "Es ist einseits lange Planung und auf der anderen Seite für mich eine besondere Freude. Mit Alicja Kwade verbinde ich schon einiges. Wir hatten auch ein großes Projekt gemeinsam in Frankfurt. Insofern ist diese Rooftop Terrace Commission für Alicja Kwade ein schöner Beginn meiner sehr intensiven Zeit hier am Met."
Künstlerin Alicja Kwade posiert in ihrer Installation "1417" hinter dem Haus Esters in Krefeld
Künstlerin Alicja Kwade: Hier in ihrer Installation "1417" hinter dem Haus Esters in Krefeld (picture alliance / dpa / Rolf Vennenbernd)
Auf das Dach des Museums prasselt unterdessen weiter der Aprilregen, bringt den Stahl und die aus Brasilien bis Norwegen zusammengetragenen Steine zum Glänzen. Die Gewichtslosigkeit der Kugeln ist natürlich eine scheinbare - aber, da schmunzelt Max Hollein, Sorgen um sein Gebäude macht er sich nicht: "Das Dach wird es statisch tragen. Ich glaube, das hat Alicja Kwade hervorragend gelöst. Wir haben allerdings nichts anderes erwartet."
Alicja Kwades "Parapivot" ist vom 16. April bis zum 27. Oktober auf dem Flachdach des New Yorker Metropolitan Museum zu sehen.