Filme, Bücher und Verschwörungstheorien – kaum etwas regt unsere Fantasie mehr an als der Gedanke, dass wir nicht allein sind im Universum. Irgendwo in dieser Unendlichkeit ungezählter Himmelskörper muss es noch andere Lebensformen geben. Davon sind Wissenschaftler überzeugt - einfach weil es plausibel ist.
Harrison Smith vom Institut für Erd- und Lebenswissenschaften in Tokio kann sich nicht vorstellen, dass das Leben auf der Erde rein zufällig entstanden ist – das wäre ungefähr so, als würde ein Würfel tausendmal hintereinander die gleiche Zahl zeigen.
Wenn aber Naturgesetze dahinterstecken, dann sollten diese auch auf anderen Planeten gelten und dort Leben hervorbringen. Ziel von Astronomen, Astrochemikern und ungezählten Hobbywissenschaftlern ist es, Spuren dieses Lebens zu finden.
Wie definiert die Wissenschaft außerirdisches Leben?
Während sich Filmregisseure Aliens als schleimige Monster oder niedliche Kreaturen à la E.T. zusammenfantasieren, hat es die Wissenschaft deutlich schwerer. Eine genaue, abschließende Definition gibt es noch nicht einmal für die Lebensformen auf der Erde.
Lebensparameter, die auf der Erde eine Rolle spielen, sind Wachstum, Vermehrung, Stoffwechsel und Reizbarkeit. Allerdings könnten die Lebensprozesse unter anderen Bedingungen auf einem fernen Planeten biochemisch auch anders ablaufen.
Die Astrophysik konzentriert sich daher auf die Suche nach sogenannten Biosignaturen. Das sind Elemente wie Sauerstoff, Kohlenstoff oder Wasser und andere Moleküle, die auf die mögliche biologische Aktivitäten hinweisen.
Aufmerksamkeit für den Exoplaneten K2-18b
Ein solcher Fund wurde jüngst bejubelt: 2023 meldete ein NASA-Forscherteam die Ortung von Dimethylsulfid auf dem Exoplaneten K2-18b. Die einzige bisher bekannte Quelle von Dimethylsulfid auf der Erde ist der Stoffwechsel winziger Algen im Phytoplankton der Meere.
Endlich ein Hinweis auf außerirdisches Leben? Nicht unbedingt – denn die Chemikerin und Weltraumforscherin Nora Hänni von der Universität Bern konnte Dimethylsulfid kürzlich an einem Ort nachweisen, der lebensfeindlicher kaum sein könnte. Auf dem Kometen Tschurijumow-Gerasimenko wurde sie fündig.
Der Komet am Rande des Sonnensystems hat wohl andere Wege gefunden, solche Moleküle zu erzeugen – und zwar ganz ohne Zutun der Biologie. Nora Hänni bezweifelt sogar, dass der Stoff überhaupt auf K2-18b existiert. Sie hält den Fund für eine Messunschärfe des James-Webb-Weltraumteleskops.
Wie wird nach außerirdischem Leben gesucht?
Forschende verfolgen eine ganze Reihe unterschiedlicher Wege, um außerirdisches Leben zu finden. Geologen untersuchen die Zusammensetzung von Meteoriten, die auf der Erde eingeschlagen sind, oder Gesteinsproben, die Weltraumsonden genommen haben.
Mit Hochleistungs-Teleskopen suchen Astrophysiker Himmelskörper außerhalb unseres Sonnensystems, sogenannte Exoplaneten, deren Bedingungen nach heutigem Verständnis prinzipiell Leben ermöglichen. Zu den Kriterien zählen eine Atmosphäre, gemäßigte Temperaturen und ein Magnetfeld, das schädliche Strahlung abhält. Von mehr als 5000 gesichteten Exoplaneten fallen jedoch nur wenige Dutzend in dieses Raster.
Doch wie wird die Zusammensetzung der Atmosphäre aus kaum vorstellbarer Entfernung überhaupt gemessen? Zieht ein Exoplanet vor seinem Stern, also seiner Sonne, vorbei, durchleuchtet dessen Licht die Atmosphäre des Planeten. Moleküle schlucken dabei einzelne Frequenzen, sodass sich eine Art Fingerabdruck ergibt, ein sogenanntes Absorptionsspektrum, das wissenschaftliche Instrumente erfassen können. Daraus ziehen Forschende Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Planeten und seiner Atmosphäre.
Eine grundlegende Theorie des Lebens
Die Physikerin Sara Walker von der Arizona State University will einen anderen Weg einschlagen. Mit einem riesigen Planetensimulations-Labor auf der Erde möchte sie besser verstehen, wie Leben entstehen kann. Ihr Ziel ist, ähnlich wie in der Astrophysik auch in der Biologie eine grundlegende, allgemeine Theorie des Lebens zu entwickeln. Eine Theorie, die nicht nur Aussagen über das irdische Leben trifft, sondern überall im Universum gilt.
„Sobald Physiker das universelle Gravitationsgesetz verstanden hatten, konnten sie auch die Bahnen anderer Planeten vorhersagen. Wenn wir eine universelle Theorie des Lebens hätten, könnten wir auch die Eigenschaften von Außerirdischen auf anderen Welten vorhersagen und verstehen, wie wir nach ihnen suchen müssen", sagt Walker.
Ganz anders gehen es Wissenschaftler und Hobby-Astronomen an, die sich für UAP oder SETI-Forschung begeistern. UAP steht für „Unidentified Anomalous Phenomena“, also unbekannte (Himmels-)Phänomene, wie Lichterscheinungen, vermeintliche Flugobjekte oder ähnliches.
Der US-Kongress hat gleich mehrere US-Behörden mit der Untersuchung solcher Phänomene beauftragt, und seit 2022 unterhält auch die NASA ein unabhängiges UAP-Studienteam. Geleitet wird es vom Astrophysiker David Spergel. Der Auftrag: bereits existierende Daten sichten und feststellen, ob ein Zusammenhang zu Außerirdischen bestehen könnte.
Die Vorstellung von intelligenten Lebensformen, die ihrerseits versuchen, mit uns in Kontakt zu kommen, ist zentral bei „Search for Extraterrestrial Intelligence“, kurz SETI. Forschende suchen nach Mustern bei Licht-, Gravitations- oder anderen elektromagnetischen Wellen.
Welche Instrumente hat die Wissenschaft für die Suche?
Die Instrumente, mit denen nach außerirdischem Leben gesucht wird, werden immer besser. Das 2021 ins Weltall geschossene James-Webb-Teleskop ermöglicht es, gezielt nach Exoplaneten zu fahnden, die vorher nicht sichtbar waren.
Allerdings ist es nicht möglich, damit die fernen Himmelskörper direkt zu beobachten, weil diese – wie die Erde auch – nicht selbst leuchten. Forschende nutzen die sogenannte Transitmethode, bei der Lichtwellen analysiert werden, die an dem Planeten vorbei zu uns kommen.
Hoffnungen ruhen bereits auf der nächsten Teleskop-Generation. Das internationale Projekt "Large Interferometer for Exoplanets", kurz LIFE, will die Europäische Raumfahrtagentur davon überzeugen, eine Art Kamera für ferne Exoplaneten zu bauen. Dafür sollen fünf Weltraumteleskope im All hunderte Meter voneinander entfernt in einer festen Formation fliegen.
Auch in den USA gibt es einen Plan für ein neues Weltraumteleskop: Es soll einen Teleskopspiegel von bis zu acht Metern besitzen – größer als beim James-Webb-Teleskop – und Exoplaneten direkt ablichten können. Beide Projekte würden Milliarden kosten, die Finanzierung ist noch völlig unklar.
Was wäre ein Beweis für außerirdisches Leben?
„Ich halte es für sehr, sehr unwahrscheinlich, dass wir mit dem James-Webb-Teleskop eines Tages sagen: Donnerwetter, wir haben Leben mit Sicherheit nachgewiesen!“, sagt Stephanie Olson, die das Labor für Habitabilität und Biosignaturen an der US-amerikanischen Purdue University leitet. Dafür sei es schlichtweg nicht gebaut worden.
Beobachtungen aus der Ferne, und sei es mit noch so ausgefeilter Technik, sind eben noch kein wissenschaftlicher Beweis. Und ferne Planeten mit Raumsonden zu erforschen und gar Proben dort zu nehmen, ist bisher undenkbar, zu groß sind die Distanzen. Um den offenbar lebensfreundlichen K2-18b zu erreichen, bräuchte eine Sonde selbst mit Lichtgeschwindigkeit 124 Jahre.
Einen belastbaren Nachweis via Biosignaturen hält Harrison Smith vom Institut für Erd- und Lebenswissenschaften in Tokio deshalb für extrem anspruchsvoll. Stichhaltiger wären für ihn andere Hinweise: „Wenn Sie eine Technosignatur finden, also so etwas wie ein Radiosignal, oder auch die Beobachtung, dass Lichter aufleuchten, wenn es auf dem Planeten Nacht ist, dann ist das der Beleg für intelligentes Leben“, sagt Smith. Für diese Art von Technosignatur gebe es in den meisten Fällen keine andere Erklärung.
Seltsames Flugobjekt im Sonnensystem
Ähnlich sieht das der theoretische Physiker Abraham Loeb von der Harvard-Universität. Seine Aufmerksamkeit erregte ein flacher Himmelskörper, der 2017 mit hoher Geschwindigkeit durch das Sonnensystem flog. Der von Astronomen "Oumuamua" getaufte Brocken veränderte seine Geschwindigkeit und zeigte auch noch andere, zuvor noch nie beobachtete Eigenschaften.
Ein Alien-Objekt? Es gibt wissenschaftliche Hypothesen, die dem deutlich widersprechen. Nichtsdestotrotz will Loeb die These vom "künstlichen Ursprung auf dem Tisch lassen“. Er hält es für möglich, dass man solche bereits beobachteten Phänomene durch außerirdisches Leben erklären kann.
Das würde bedeuten: Es gibt intelligente Aliens im Hier und Jetzt – wir haben es nur noch nicht verstanden und möglicherweise am falschen Ort gesucht.
jk