Präriewühlmäuse sind sozial monogam, das heißt, sie bleiben ihr Leben lang mit einem Partner zusammen. Die Bindung zwischen beiden ist stabil, auch wenn sich die Partner hin und wieder mit anderen Artgenossen paaren.
"Sie sind viel sozialer als normale Mäuse. Es gibt nicht nur diese Paarbindung, es gibt sogar Freundschaften, und Geschwistertiere bleiben sich oft ein Leben lang nahe. Deshalb dachte ich, Präriewühlmäuse wären viel besser geeignet als normale Mäuse, um die Auswirkungen von Alkoholkonsum zu untersuchen. Denn dass Alkohol soziale Beziehungen verändert, ist ja ein ganz großer Bestandteil davon, wie er wirkt."
Andrey Ryabinin von der Oregon Health and Science University in Portland untersucht seit vielen Jahren mit Labormäusen, wie Alkohol das Verhalten und die Hirnchemie verändert: Warum und wie genau nämlich Alkohol so zerstörerisch auf Paare, Familien oder auch berufliche Beziehungen wirkt, ist nicht geklärt. Steigert er die Aggressivität? Baut er Hemmungen ab? Macht er vielleicht einfach vergesslich, oder legt er sonst besser kontrollierte Triebe frei? Oder von allem ein wenig? Und wie schlägt sich dieser Alkoholeffekt im Gehirn nieder? Mit Präriewühlmäusen müsste man diese Fragen, so Ryabinins Idee, Schritt für Schritt klären können.
Alkohol verstärkt Bindungsdrang bei Weibchen
"Wir setzten ein Männchen und Weibchen, die sich vorher nicht kannten, für 24 Stunden zusammen in einen Käfig, sodass sie sich gegenseitig kennenlernen konnten. Während dieser Zeit hatten die Tiere einmal die Wahl zwischen Wasser und Alkohol und einmal bekamen sie nur Wasser zu trinken. Dann setzten wir ein fremdes Männchen dazu. Die Frage war, wie stark jetzt die Paarbindung war, wie groß das Interesse des Weibchens am fremden Männchen? Das Ergebnis: Die Weibchen, die Alkohol getrunken hatten, waren deutlich anhänglicher und zogen den bekannten Partner dem fremden Tier ganz klar vor. Alkohol verstärkte die Paarbindung."
Ganz anders das Ergebnis, wenn die Männchen die Wahl hatten. Wenn sie während der 24-stündigen Kennenlernphase Alkohol zur Verfügung hatten, interessierten sie sich danach für das bekannte Weibchen genauso sehr wie für das fremde Tier.
"Es gab also einen Effekt von Alkohol auf die Paarbindung und außerdem einen klaren Unterschied zwischen Weibchen und Männchen. Dann haben wir nach möglichen Erklärungen gesucht. Und da ist vor allem das spannend, was wir nicht sehen konnten: Aggression spielt offenbar keine Rolle, auch nicht, dass vielleicht das Gedächtnis unter Alkohol schlechter wird, und die Männchen einfach vergessen, wie ihre Partnerin aussieht oder wie sie riecht. Genauso wenig war die sexuelle Aktivität unterdrückt."
All das helfe, so der Forscher, die Studie richtig zu interpretieren. Alkohol habe, so sein Schluss, zwar klare Auswirkungen auf das Paarungsverhalten der Tiere. Was aber dahinter steckt, müssen weitere Experimente klären. Am Ende, hofft der Forscher, helfen die Tierexperimente vielleicht, bessere Medikamente für Alkoholabhängige zu finden.
"Manche Mechanismen, die wir im Tiermodell gefunden haben, lassen sich tatsächlich auf den Menschen übertragen. Darauf basieren die Medikamente, die es heute für Alkoholkranke gibt. Aber diese Medikamente sind lange noch nicht so wirksam, wie wir das gerne hätten."
Erst wenn die Wirkung von Alkohol auf das soziale Verhalten besser verstanden ist, werde wohl wirklich klar, was das Suchtmittel im Gehirn bewirkt. Und erst dann könne man wirklich gute Medikamente vorschlagen. Die Präriewühlmäuse im Labor in Portland werden also wohl noch oft die Wahl haben zwischen Wasser und Alkohol.