Alkoholprobleme werden noch immer falsch oder unzureichend behandelt. Der Hausarzt soll es richten, wo eigentlich ein Spezialist ran muss. Und in den Krankenhäusern steckt hinter jeder vierten anders lautenden Diagnose eigentlich Alkohol. Professor Karl Mann vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim:
Das wird ganz oft ignoriert oder nicht erkannt oder von den Patienten nicht als wichtig gesehen, das müssen wir dringend ändern
Dabei kann es schon Wunder wirken, wenn der Arzt kurz, aber klar und deutlich interveniert: über die wahren Ursachen und Risiken des Alkoholproblems aufklärt und den damit verbundenen Krankheitsgrad benennt.
... und dann einfach der Punkt, dass man sich menschlich soweit interessiert, dass man 2, 3 mal nachhakt, wenn man das nicht macht, dann kriegen Sie vier Prozent aller Leute, die Sie auf Alkoholprobleme ansprechen, in Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen, und wenn man so nachhakt, mit Kurzinterventionen, dann sind das 40 Prozent, das ist ein Riesenunterschied, das lohnt sich absolut, das müsste umgesetzt werden
Die Pille gegen Alkohol wurde noch nicht erfunden. Zu komplex ist das Phänomen, noch sehr viel Grundlagenforschung nötig. Fest steht jedoch: Suchtgefährdete können viel trinken, ohne unangenehme Folgen zu spüren. Eine Störung, die entweder genetisch bedingt ist oder durch frühkindliche Stresserfahrung ausgelöst wird. Oft fördert auch das soziale Umfeld den Alkoholismus, "trinkfest" gilt als stark und standhaft. Das Suchtgedächtnis Gefährdeter trainiert so regelrecht die Botschaft: Alkohol macht froh. Da der Körper aber immer wieder ein Gleichgewicht anstrebt, steuert er gegen. Ohne Droge droht dann der Absturz - Entzugssymptome und ein schier unbezwingbares Verlangen. Professor Karl Mann:
Man kann z. B. Bildreize herstellen, die eben alkoholische Getränke zeigen, die im Gehirn Strukturen aktivieren, die sie auch sehen, wenn sie was anderes Belohnendes und in dem Fall dann biologisch sinnvolles sehen, also Nahrungsreize oder wichtige soziale Reize, schöne Gesichter zum Beispiel, da springen so Zentren in ihrem Gehirn an, die eben leider sich Drogen auch zu Nutze machen und über die die auch wirken, ist auch ein Problem der Drogenwirkung durch Reklame beispielsweise, weil dass Strukturen im Gehirn aktiviert, die sind oft gar nicht in der Hirnrinde, ja, mit der wir bewusst denken, sondern die sind ne Stufe tiefer, die motivieren die Leute dann, rückfällig zu werden.
Hier setzt das Medikament Naltrexon an. Es verhindert praktisch, dass schon beim Anblick von Alkohol oder einem kleinen Schluck aus der Flasche eine unwiderstehliches Verlangen aufkommt. Naltrexon ist relativ neu und noch nicht kassenzugelassen. Das zweite wichtige Medikament, Acamprosat, kann zwar jeder Kassenarzt verschreiben, tut es aber wegen des hohen Preises nur ungern.
Die Rückfallraten werden von 80 Prozent unter Placebo, immerhin 4 von 5 werden rückfällig, auf 60 Prozent gesenkt, in der Regel, das ist erst mal nicht berauschend, dass heißt wenn man es zynisch sagt ist es einer von 5 ja., aber immerhin, wenn sie überlegen, das 4 von 5 rückfällig werden, jetzt sind es nur noch 3 von 5, dann lohnt sich das durchaus
Langfristig machen Medikamente jedoch nur zusammen mit anderen Behandlungen Sinn. Die Patienten müssen lernen, sich ihre Glück zu erarbeiten und dabei auch Frustrationen zu ertragen. Jahrelang haben Experten den Patienten empfohlen, sich vom Alkohol fern zu halten. Die Konfrontationstherapie setzt jedoch da an, wo die Süchtigen nach dem Entzug am ehesten gefährdet sind. Die Lust auf den Rausch soll dem Süchtigen regelrecht abtrainiert werden. Dr. Johannes Lindenmeyer von der Salus-Klinik in Lindow:
Solche Übungen sind, dass man zunächst ein, zwei Stunden vor seinem Lieblingsgetränk sitzt und der Therapeut einem hilft, wie man mit dem Verlangen fertig wird. Sie werden dann schwerer, indem man vielleicht noch zusätzlich Scheidungspapiere durchliest oder Bilder der Kinder, die man nicht mehr sehen darf oder traurige Musik oder Passagen aus einem Buch liest, die einen in die Stimmungen versetzen aus denen heraus man früher getrunken hätte
Dann geht's raus ins richtige Leben. In die Diskotheken und die Kneipen. Wo die Betroffenen früher immer mal gerne einen gehoben haben. Wo vielleicht als Kauz gilt, wer nicht mittrinkt. Ausgeschlossen werden kann ein Rückfall zwar auch nach dieser Therapie nicht.
Wir haben aber hier erste Studien durchgeführt und können sagen dass unsere Patienten von den Expositionsübungen vor allen Dingen dahingehend profitieren, dass wenn sie rückfällig werden in dem ersten Jahr nach Beendigung der Therapie, dass diese Rückfälle deutlich kleiner gehalten werden, dass sie also weniger kopflos reagieren, weniger wahrscheinlich weiter trinken, sondern offensichtlich gewöhnter sind, in Anwesenheit von alkoholbezogenen Stimuli rational zu handeln, ihren Rückfall zu stoppen, entweder Hilfe zu suchen oder von ganz alleine aufzuhören und zur Abstinenz zurückzukehren.
Verhaltenstherapie oder Selbsthilfegruppe: wo gibt es die beste Hilfe. Egal, urteilen verschiedene neue Studien aus den USA, ein Glaubenskrieg lohnt nicht. Wichtig ist, dass nicht nur der Körper, sondern auch die Seele behandelt wird. Den Alkoholiker gibt es nicht. Der genauen Diagnostik sollte eine maßgeschneiderte Therapie folgen.
Beitrag als Real-Audio
020423-Alkoholprobleme.ram
Das wird ganz oft ignoriert oder nicht erkannt oder von den Patienten nicht als wichtig gesehen, das müssen wir dringend ändern
Dabei kann es schon Wunder wirken, wenn der Arzt kurz, aber klar und deutlich interveniert: über die wahren Ursachen und Risiken des Alkoholproblems aufklärt und den damit verbundenen Krankheitsgrad benennt.
... und dann einfach der Punkt, dass man sich menschlich soweit interessiert, dass man 2, 3 mal nachhakt, wenn man das nicht macht, dann kriegen Sie vier Prozent aller Leute, die Sie auf Alkoholprobleme ansprechen, in Beratungsstellen oder Selbsthilfegruppen, und wenn man so nachhakt, mit Kurzinterventionen, dann sind das 40 Prozent, das ist ein Riesenunterschied, das lohnt sich absolut, das müsste umgesetzt werden
Die Pille gegen Alkohol wurde noch nicht erfunden. Zu komplex ist das Phänomen, noch sehr viel Grundlagenforschung nötig. Fest steht jedoch: Suchtgefährdete können viel trinken, ohne unangenehme Folgen zu spüren. Eine Störung, die entweder genetisch bedingt ist oder durch frühkindliche Stresserfahrung ausgelöst wird. Oft fördert auch das soziale Umfeld den Alkoholismus, "trinkfest" gilt als stark und standhaft. Das Suchtgedächtnis Gefährdeter trainiert so regelrecht die Botschaft: Alkohol macht froh. Da der Körper aber immer wieder ein Gleichgewicht anstrebt, steuert er gegen. Ohne Droge droht dann der Absturz - Entzugssymptome und ein schier unbezwingbares Verlangen. Professor Karl Mann:
Man kann z. B. Bildreize herstellen, die eben alkoholische Getränke zeigen, die im Gehirn Strukturen aktivieren, die sie auch sehen, wenn sie was anderes Belohnendes und in dem Fall dann biologisch sinnvolles sehen, also Nahrungsreize oder wichtige soziale Reize, schöne Gesichter zum Beispiel, da springen so Zentren in ihrem Gehirn an, die eben leider sich Drogen auch zu Nutze machen und über die die auch wirken, ist auch ein Problem der Drogenwirkung durch Reklame beispielsweise, weil dass Strukturen im Gehirn aktiviert, die sind oft gar nicht in der Hirnrinde, ja, mit der wir bewusst denken, sondern die sind ne Stufe tiefer, die motivieren die Leute dann, rückfällig zu werden.
Hier setzt das Medikament Naltrexon an. Es verhindert praktisch, dass schon beim Anblick von Alkohol oder einem kleinen Schluck aus der Flasche eine unwiderstehliches Verlangen aufkommt. Naltrexon ist relativ neu und noch nicht kassenzugelassen. Das zweite wichtige Medikament, Acamprosat, kann zwar jeder Kassenarzt verschreiben, tut es aber wegen des hohen Preises nur ungern.
Die Rückfallraten werden von 80 Prozent unter Placebo, immerhin 4 von 5 werden rückfällig, auf 60 Prozent gesenkt, in der Regel, das ist erst mal nicht berauschend, dass heißt wenn man es zynisch sagt ist es einer von 5 ja., aber immerhin, wenn sie überlegen, das 4 von 5 rückfällig werden, jetzt sind es nur noch 3 von 5, dann lohnt sich das durchaus
Langfristig machen Medikamente jedoch nur zusammen mit anderen Behandlungen Sinn. Die Patienten müssen lernen, sich ihre Glück zu erarbeiten und dabei auch Frustrationen zu ertragen. Jahrelang haben Experten den Patienten empfohlen, sich vom Alkohol fern zu halten. Die Konfrontationstherapie setzt jedoch da an, wo die Süchtigen nach dem Entzug am ehesten gefährdet sind. Die Lust auf den Rausch soll dem Süchtigen regelrecht abtrainiert werden. Dr. Johannes Lindenmeyer von der Salus-Klinik in Lindow:
Solche Übungen sind, dass man zunächst ein, zwei Stunden vor seinem Lieblingsgetränk sitzt und der Therapeut einem hilft, wie man mit dem Verlangen fertig wird. Sie werden dann schwerer, indem man vielleicht noch zusätzlich Scheidungspapiere durchliest oder Bilder der Kinder, die man nicht mehr sehen darf oder traurige Musik oder Passagen aus einem Buch liest, die einen in die Stimmungen versetzen aus denen heraus man früher getrunken hätte
Dann geht's raus ins richtige Leben. In die Diskotheken und die Kneipen. Wo die Betroffenen früher immer mal gerne einen gehoben haben. Wo vielleicht als Kauz gilt, wer nicht mittrinkt. Ausgeschlossen werden kann ein Rückfall zwar auch nach dieser Therapie nicht.
Wir haben aber hier erste Studien durchgeführt und können sagen dass unsere Patienten von den Expositionsübungen vor allen Dingen dahingehend profitieren, dass wenn sie rückfällig werden in dem ersten Jahr nach Beendigung der Therapie, dass diese Rückfälle deutlich kleiner gehalten werden, dass sie also weniger kopflos reagieren, weniger wahrscheinlich weiter trinken, sondern offensichtlich gewöhnter sind, in Anwesenheit von alkoholbezogenen Stimuli rational zu handeln, ihren Rückfall zu stoppen, entweder Hilfe zu suchen oder von ganz alleine aufzuhören und zur Abstinenz zurückzukehren.
Verhaltenstherapie oder Selbsthilfegruppe: wo gibt es die beste Hilfe. Egal, urteilen verschiedene neue Studien aus den USA, ein Glaubenskrieg lohnt nicht. Wichtig ist, dass nicht nur der Körper, sondern auch die Seele behandelt wird. Den Alkoholiker gibt es nicht. Der genauen Diagnostik sollte eine maßgeschneiderte Therapie folgen.
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020423-Alkoholprobleme.ram