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Alle guten Dinge sind drei: Kommune, Verein und Ehrenamt

In Sachsen rangen 44 Kommunen um den Titel "Sportfreundliche Kommune". Drei gewannen: Jöhstadt im Erzgebirge, Großschönau in der Lausitz und Pirna nahe Dresden. Gemeinsam mit vielen ehrenamtlichen Helfern wird der Breitensport in diesen Städten und Gemeinden besonders gefördert.

Von Kristin Hendinger | 23.05.2009
    Späte Sonnenstrahlen tauchen das Wasser der Elbe in goldenen Glanz. Sie spielen mit dem Blau des Himmels und dem satten Grün der bewaldeten Uferhänge. Das ist kein Traum, sondern das Tor zum Wanderparadies Sächsische Schweiz. Hier liegt Pirna. All die natürliche Pracht nimmt Siegfried Hanus nur nebenbei wahr. Mit dem Motorboot düst der 80-Jährige über die Elbe. Weiter flussaufwärts rudern seine Jungs im Doppelvierer, Jugendliche die Hanus trainiert. Mit energischer Stimme ruft er ihnen die Kommandos zu:

    "Spannung rein im Körper! Achtung! Los! Zack! Schneller! Hände raus! Sind sie zufrieden? War noch nicht zufrieden, da muss noch bissel mehr kommen!"

    60 Jahre ist Hanus nun schon auf der Elbe unterwegs. Früher ruderte er selbst, heute ist der Rentner als Übungsleiter tätig. Er ist einer der 4000 ehrenamtlichen Trainer in Pirna. Sie alle haben wesentlich dazu beigetragen, dass Pirna sich dieser Tage von einer solch sportfreundlichen Seite zeigen kann. 22 Prozent der 40000 Einwohner treiben Sport. Das schafft nur, wer fraktionsübergreifend Vereine kontinuierlich fördert und in Sportstätten investiert, sagt Stadtratmitglied Peter Hancke:

    "Ich denke, wir haben hier in Pirna den großen Vorteil, dass wir in der Stadtverwaltung an den Stellen, die sich mit dem Sport beschäftigen, auch richtige Sportler und Trainer, Leute sitzen haben, die mit ihrem ganzen Herzen beim Sport dabei sind, die auch genau wissen, wo die Probleme liegen"

    Pirna bietet Menschen jeden Alters und nach jeder Fasson das gesamte olympische Sportprogramm. In 14 Hallen, auf zehn Sportplätzen, in zwei Bädern und diversen Wassersportanlagen kann sich austoben, wer will. Und das Beste: Vereine, die nachweislich Jugendarbeit leisten, zahlen keine Gebühr für die Nutzung der Turnhallen. Dass Kommune und Sportvereine Hand in Hand arbeiten, bestätigt auch Johannes Förster. Der Diplomsportlehrer ist mit seinen 77 Jahren noch immer ehrenamtlicher Übungsleiter für Behinderte:

    "Wenn die Stadt ihr Unterstützung nicht so geben würde wie gegenwärtig, würden nicht 22 Sportvereine existieren, würde nicht so viel mit Kindern ... möglich sein, würden wir im wahrsten Sinne des Wortes alt aussehen mit dem Seniorensport und letztlich auch mit dem Behindertensport."

    Für das Engagement wurde die Stadt vom Landessportbund und dem sächsischen Kulturministerium als eine von drei sportfreundlichen Kommunen geehrt.

    Erst Anfang des Jahres hatte Sachsen die Aktion "Komm in den Sportverein" für alle Schüler der dritten Klasse initiiert. Kultusminister Roland Wöller:

    "Sinn ist es, Gutscheine an die Drittklässler aller Schulen zu geben im Wert von 30 Euro und die können den Gutschein einlösen bei einem Sportverein ihrer Wahl und sparen sich so für ein halbes Jahr ihren Mitgliedsbeitrag und damit schlagen wir mehrere Fliegen mit einer Klappe."

    Kinder können ihrem natürlichen Bewegungsdrang folgen. Vereine werden ihre Nachwuchssorgen sowohl im Breiten- als auch im Leistungssport los. Und wer als Kind oder Jugendlicher Sport treibt, steigt vielleicht später ehrenamtlich wie Hanus und Förster als Übungsleiter ein. Beide wurden mehrfach für ihre ehrenamtliche Tätigkeit ausgezeichnet. Wie viel Zeit die beiden rüstigen Senioren in ihre Arbeit stecken, können sie nicht sagen. 245 Euro Aufwandsentschädigung erhält Johannes Förster am Ende des Jahres für zwei Mal in der Woche Training. Kein Geld, wenn er dreimal trainiert und an 30 Wochenenden im Jahr Wettkämpfe mitbetreut.

    "Je länger man Übungsleiter ist, da muss man eigentlich besessen sein, ansonsten ist das nicht zu machen."

    Über eine halbe Million Sportler werden in Sachsen von 90.000 Ehrenamtlichen betreut. Zum Glück hat meine Familie immer mitgezogen, sagt Johannes Förster - besonders zu Wettkämpfen:

    "Wir sind im ganzen Paket gegangen, meine Frau, ich, mein Sohn, meine Tochter. Das war ja nun in der tiefsten DDR. Mein Sohn ist jetzt 48. Meine Frau war in der Leichtathletik im Rechenbüro, mein Sohn hat Kampfrichter gemacht oder Platzbau, meine Tochter Siegerehrung, weil ja immer ein Sportler oder ein Pionier an der Siegerehrung teilnahm und ich hatte den Hut auf für solche Veranstaltungen."

    Der Lohn damals: drei Mark. Doch für Förster und Hanus ist Geld nicht wichtig. Sie leben für den Sport in Pirna.

    "Gebrannt hat's immer und ich nehme an, es wird noch ein zwei Jahre brennen!"