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Alle Hände voll zu tun mit Hip-Hop

Die 33-jährige Amerikanerin wurde durch ein Internetvideo, das sie beim Übersetzen während eines Wu-Tang-Clan-Konzerts zeigt, weltbekannt. Seitdem ist sie ständig unterwegs. Gehörlose können durch ihre Arbeit die Musik nicht nur spüren, sondern auch den Texten der Songs folgen.

Von Sonja Beeker |
    Gebärdendolmetscherin Holly Maniatty auf einem Konzert
    Gebärdendolmetscherin Holly Maniatty auf einem Konzert (Deutschlandradio - Sonja Beeker)
    Dass die Hip-Hop-Band "The Roots" erst mit leichter Verspätung auf der Bühne erscheint, kommt Holly Maniatty entgegen. So schafft sie es gerade noch rechtzeitig, auf ihr kleines Podest am linken Bühnenrand zu klettern und sich ihr Headset aufzuziehen.

    "Life is good! Make some noise!"

    Hollys Hände bewegen sich so schnell, dass es fast unmöglich ist, sie zu fotografieren, ohne das auf dem Foto verwischte Streifen entstehen. Sie ist ganz in Schwarz gekleidet und ihre Bewegungen ähneln denen des Sängers Black Thought. Das ist kein Zufall, erklärt mir Holly später.

    "Ich gucke mir vorher möglichst viele Videos an, um meine Bewegungen denen der Künstler anzupassen. JayZ zum Beispiel trägt den Kopf hoch und die Brust raus. Eminem sieht dagegen fast zusammengekauert aus, als würde er für sich selbst rappen."

    Seit Abschluss ihres Studiums für ASL, der amerikanischen Gebärdensprache, ist Holly für ihre Arbeit schon um die halbe Welt gereist. Zum Übersetzen bei Konzerten kam sie durch Zufall. Niemand außer ihr war bereit, bei einem Marylin-Manson-Konzert zu dolmetschen.

    "Er war ehrlich gesagt total nett und höflich. Sein Konzert war genauso durchgeknallt, wie ich vermutet hatte, aber seine gehörlosen Fans hatten eine super Zeit."

    Die Vorbereitung war jedoch extrem schwierig, erinnert sich Holly. Stundenlang hat sie über seinen Texten gehangen und sich gefragt, wie sie zum Beispiel das Wort "Dope Show" übersetzen soll.

    In solchen Fällen ruft Holly ihre gehörlosen Freunde via Skype an und versucht, dort Antworten zu finden. Seit Marylin Manon hat sie für viele andere Größen gebärdet: Bruce Springsteen, Melissa Etheridge, Billy Joel. Aber besonders Hip-Hop-Musik hat es ihr angetan.

    "Das fing an mit einem Konzert der Beastie Boys. Da hab ich das erste Mal kapiert, wie reich und clever die Texte sind."

    Auch, wenn das Dolmetschen bei Konzerten längst keine Neuheit mehr ist, fragen sich immer noch viele Menschen, warum Gehörlose überhaupt Musikkonzerte besuchen. Der hörgeschädigte Garry zum Beispiel geht ständig zu Konzerten.

    Beim The-Roots-Konzert steht er direkt bei den Lautsprechertürmen am Bühnenrand. Mit Hilfe von Konzertbesucherin Susan, die die amerikanische Gebärdensprache beherrscht, erklärt Garry, wie sich die Musik für ihn anfühlt.

    "Die Vibrationen sind super krass grade! Der Bass, das Schlagzeug, das hör ich und bekomme davon eine echte Gänsehaut!"

    Für Holly Maniatty kommt die beste Bestätigung, dass sie ihren Job gut gemacht hat, direkt von den gehörlosen Konzertgängern.

    "Beim Macklemore-Konzert im Sommer sind die gehörlosen Fans genau so abgegangen wie alle anderen und haben bei ‘Thrift Shop‘ mitgesungen. Nach dem Auftritt vom Wu-Tang Clan kam ein Gehörloser zu mir und meinte: ‘Ich hab bis gerade eben nie verstanden, warum Leute Hip-Hop so sehr mögen!‘"

    Melissa Etheridge hat Holly Maniattys Arbeit mit den Worten kommentiert: "Genau so sollte mein Song aussehen!", und der Boss hat sich von ihr die Zeichen für "Dancing in the dark" beibringen lassen. Nach einem Auftritt des Rappers Method Man gab es jedoch auch negative Reaktionen. Maniatty hatte das N-Wort in die amerikanische Gebärdensprache übersetzt.

    "Das war nicht meine Wortwahl, sondern die von Method Man! Als Dolmetscherin ist es nicht meine Aufgabe zu zensieren. Auch Gehörlose haben ein Recht darauf, an Worten Anstoß zu finden. Die Kritik kam glaub ich von Leuten, die nicht wissen, was die Aufgabe eines Dolmetschers ist. Aber ist doch gut, jetzt sind wir alle ein bisschen schlauer."