Fast alles schien gesagt über Alberto Giacometti. Von seiner erst kürzlich entdeckten Schwäche für Ägypten über die materiell besonders flüchtig anmutenden Gips-Arbeiten, von der prägenden Gestalt des Vaters bis hin zum lebenslangen Zusammenspiel von Skizze und Skulptur – alles ist untersucht, und doch bleibt immer eine Leerstelle. Giacometti entzieht sich, und wer ihn zeigt, muss mit dem Annäherungs-Charakter einer jeden Ausstellung leben.
Nun aber kommt der Kurator Ulf Küster und macht in der ""Fondation Beyeler"" etwas genial Einfaches, Bescheidenes, was die Figur Giacometti noch einmal neu aufschlüsselt: Küster zeigt Giacometti als besonders hell leuchtenden Stern innerhalb eines Familien-Universums, das für den Bildhauer selbst lebenslanger Bezugspunkt blieb. Die vom Vater Giovanni Giacometti 1912 gemalte Familienszene unter der Lampe ist Leitmotiv für die Schau, und noch die vielen hohen, schrundigen, reduzierten Menschenwesen im großen Saal wirken wie Teilnehmer einer Familienaufstellung.
Gezeigt wird, wie Giovanni, der Vater (ein Freund von Hodler und Segantini), als Maler mit den Bergen im Engadin, mit dem Licht, mit der Farbe ringt, wie der kleine Alberto schon als Säugling, im Portrait 1902, Teil dieses Kosmos wird, wie die "Autoritratti", die Selbstporträts, aber auch die Familienbilder den künstlerischen Weg des Vaters begleiteten – und wie fraglos eben auch die Kinder im Atelier spielten, Schularbeiten machten und Modell standen, während die Nachbarsbuben die Kühe hüteten. Alberto ist wie selbstverständlich der kleine Prinz, eigensinnig in all dieser Geborgenheit, der dann hinausgeht in eine fremde Welt des Surrealismus und der Abstraktion, ins Paris der klassischen Moderne, der sich aber lebenslang an der Figur abarbeitet, und das heißt auch: an den Eltern. Der Kopf des Vaters, der Kopf der Mutter, auch des Bruders werden durch diverse Formensprachen hindurchdekliniert, von der Brancusi-Scheibe bis zum Strich-Geflecht in den Ölbildern und den ganz späten, klumpigeren Diego-Büsten; selbst Albertos Ehefrau Annette ist in den suchenden Annäherungen, in denen Giacometti der Figur im Raum habhaft zu werden sucht und sie ihm immer wieder entgleitet, eine Variante der in Stampa zurückgebliebenen Mutter Annetta.
Der Trick der Ausstellung ist es nun, dass all dies als Folie im Gedächtnis bleibt, dass aber die von Renzo Piano gebauten Beyeler-Räume selbst zum Atelier werden, in dem man Giacomettis Entwicklungsschritte in einem lichten Parcours durchmisst. Es geht um ganz abstrakte Fragestellungen: in der surrealistischen Phase um die Pole Männlich-weiblich (von der "Boule suspendue" bis zur "Femme cuillère", der Löffelfrau ist alles da), später um Größenverhältnisse und Bewegung, die Situierung der völlig reduzierten menschlichen Figur in Raum und Zeit und Sinnlosigkeit. Großartig ein leerer Raum, in dem der minimalisierte, winzige "Petit homme sur socle" allein im Zentrum steht, auf einem gebieterischen Kubus und in der Blickachse zu weiteren Figurinengruppen, die überleiten zu den "Chariots" und "Cages", den Wagen und Käfigen, den 50iger Jahren mit den Taumelnden und Zeigenden, den fragmentierten Körperteilen und den nun immer monumentaler werdenden hohen, schmalen, irgendwie verhungerten Bronze-Stelen mit ihrer zerklüfteten, schrundigen Körperlichkeit. Anrührend der streunende Hund, wahrscheinlich ein Selbstportrait, anrührend auch der versöhnliche Schluss mit einem Blick in den elterlichen Garten in Stampa in Öl.
Die Ausstellung ist, in motivischer Dramaturgie und inszenatorischem Raumgefühl, virtuos durchkomponiert; viel besser kann man es nicht machen. Noch das Ensemble der neun erstmals wieder vereinten "Femmes de Venise", der hohen Frauen (!), die im Foyer bei Monets Seerosen-Querformat stehen, ist auf den großen Figurensaal bezogen, wo die Stelen wie Passanten auf einer Piazza verharren, mit Blick auf die Seerosen draußen im Park.
Nun aber kommt der Kurator Ulf Küster und macht in der ""Fondation Beyeler"" etwas genial Einfaches, Bescheidenes, was die Figur Giacometti noch einmal neu aufschlüsselt: Küster zeigt Giacometti als besonders hell leuchtenden Stern innerhalb eines Familien-Universums, das für den Bildhauer selbst lebenslanger Bezugspunkt blieb. Die vom Vater Giovanni Giacometti 1912 gemalte Familienszene unter der Lampe ist Leitmotiv für die Schau, und noch die vielen hohen, schrundigen, reduzierten Menschenwesen im großen Saal wirken wie Teilnehmer einer Familienaufstellung.
Gezeigt wird, wie Giovanni, der Vater (ein Freund von Hodler und Segantini), als Maler mit den Bergen im Engadin, mit dem Licht, mit der Farbe ringt, wie der kleine Alberto schon als Säugling, im Portrait 1902, Teil dieses Kosmos wird, wie die "Autoritratti", die Selbstporträts, aber auch die Familienbilder den künstlerischen Weg des Vaters begleiteten – und wie fraglos eben auch die Kinder im Atelier spielten, Schularbeiten machten und Modell standen, während die Nachbarsbuben die Kühe hüteten. Alberto ist wie selbstverständlich der kleine Prinz, eigensinnig in all dieser Geborgenheit, der dann hinausgeht in eine fremde Welt des Surrealismus und der Abstraktion, ins Paris der klassischen Moderne, der sich aber lebenslang an der Figur abarbeitet, und das heißt auch: an den Eltern. Der Kopf des Vaters, der Kopf der Mutter, auch des Bruders werden durch diverse Formensprachen hindurchdekliniert, von der Brancusi-Scheibe bis zum Strich-Geflecht in den Ölbildern und den ganz späten, klumpigeren Diego-Büsten; selbst Albertos Ehefrau Annette ist in den suchenden Annäherungen, in denen Giacometti der Figur im Raum habhaft zu werden sucht und sie ihm immer wieder entgleitet, eine Variante der in Stampa zurückgebliebenen Mutter Annetta.
Der Trick der Ausstellung ist es nun, dass all dies als Folie im Gedächtnis bleibt, dass aber die von Renzo Piano gebauten Beyeler-Räume selbst zum Atelier werden, in dem man Giacomettis Entwicklungsschritte in einem lichten Parcours durchmisst. Es geht um ganz abstrakte Fragestellungen: in der surrealistischen Phase um die Pole Männlich-weiblich (von der "Boule suspendue" bis zur "Femme cuillère", der Löffelfrau ist alles da), später um Größenverhältnisse und Bewegung, die Situierung der völlig reduzierten menschlichen Figur in Raum und Zeit und Sinnlosigkeit. Großartig ein leerer Raum, in dem der minimalisierte, winzige "Petit homme sur socle" allein im Zentrum steht, auf einem gebieterischen Kubus und in der Blickachse zu weiteren Figurinengruppen, die überleiten zu den "Chariots" und "Cages", den Wagen und Käfigen, den 50iger Jahren mit den Taumelnden und Zeigenden, den fragmentierten Körperteilen und den nun immer monumentaler werdenden hohen, schmalen, irgendwie verhungerten Bronze-Stelen mit ihrer zerklüfteten, schrundigen Körperlichkeit. Anrührend der streunende Hund, wahrscheinlich ein Selbstportrait, anrührend auch der versöhnliche Schluss mit einem Blick in den elterlichen Garten in Stampa in Öl.
Die Ausstellung ist, in motivischer Dramaturgie und inszenatorischem Raumgefühl, virtuos durchkomponiert; viel besser kann man es nicht machen. Noch das Ensemble der neun erstmals wieder vereinten "Femmes de Venise", der hohen Frauen (!), die im Foyer bei Monets Seerosen-Querformat stehen, ist auf den großen Figurensaal bezogen, wo die Stelen wie Passanten auf einer Piazza verharren, mit Blick auf die Seerosen draußen im Park.