An der Landgrenze zwischen der Türkei und Griechenland ist es genauso gefährlich – dort sind immer noch ganze Abschnitte vermint. Die Minenfelder sind zwar markiert, aber in der Dunkelheit schwer auszumachen. Nach Angaben der Vereinten Nationen hat es dort in den letzten zehn Jahren 100 Tote gegeben – doch das schreckt offenbar niemanden ab: Allein im letzten Jahr wurden an dieser Grenze am Fluss Evros 17.000 Flüchtlinge aufgegriffen.
Wenn Skarlatos Kyralanis auf seine Felder geht, kann er besonders gut das türkische Programm im Autoradio empfangen. Dilofos, sein Dorf, liegt 500 Meter Luftlinie von der türkischen Grenze entfernt, seine Äcker reichen bis direkt an den Grenzfluss Evros heran. Auf der einen Seite des Ufers gehen die türkischen Bauern ihrer Arbeit nach, auf der anderen die griechischen, morgens rufen sie sich Grüße zu, "kalimera" auf der einen und "merhaba" auf der anderen Seite. Der Fluss ist hier nicht mal einhundert Meter breit und eigentlich ganz leicht zu überqueren – es ist scheinbar nur ein ganz kleiner Schritt in die Europäische Union:
"Manchmal kommen sie mit einem Plastikboot rüber. Manchmal schwimmt einer mit einem Seil vor, macht es fest und zieht die anderen an das Ufer. Das geschieht meistens Nachts. Morgens finde ich immer wieder liegen gelassene Boote oder Ruder. Es kommt auch vor, dass sie um Hilfe bitten. Ich habe sie auch schon zur Polizei oder zum Militär gebracht, wenn sie danach gefragt haben. Das ist das Mindeste, was ich tun kann."
Skarlatos Kyralanis ist Anfang 50, das Gesicht rosig von der Arbeit im Freien, das helle Haar lichtet sich allmählich. Mit seinem 30-jährigen Sohn bewirtschaftet er 2000 Ar Land. Weizen, Baumwolle, Linsen, Raps, Tomaten, Zuckerrohr. Damit ist er nicht nur von einer Ernte abhängig. Skarlatos Kyralanis ist Bauer mit Leib und Seele, und wenn es sein muss arbeitet er rund um die Uhr:
"Einmal bin ich Nachts aufs Feld gegangen, um zu wässern und weil ich nachschauen wollte, ob alles in Ordnung ist. Auf einmal sah ich im Scheinwerferlicht meines Autos eine schwarze Gestalt. Ich bin so erschrocken - so eine Angst habe ich noch nie in meinem Leben gehabt. Ein schwarzer Mann sprang auf und verschwand. Ich ging zur Polizei, aber sie konnte ihn nicht finden. Am nächsten Tag holten die Fischer eine Leiche aus dem Fluss. Ich weiß nicht, ob es wirklich dieser Mann war, aber er sah ihm sehr ähnlich."
Der Fluss ist eben doch nicht so leicht zu überwinden, sagt Kyralanis. Manche Flüchtlinge können nicht schwimmen, manche sind krank oder sehr geschwächt. Andere laufen in die Minenfelder, die die NATO-Partner Griechenland und Türkei auf beiden Seiten dieser Grenze errichtet haben. Die Minenfelder sind zwar umzäunt und Totenkopfschilder warnen vor Zutritt. Trotzdem gibt es Flüchtlinge, die den Maschendraht zerschneiden und hinein gehen, Kyralanis hat es einmal selbst beobachtet: Ihm stockte der Atem, als er das sah, und er hatte schreckliche Angst, dass die Männer auf eine Mine treten könnten. Doch wie durch ein Wunder blieben sie unversehrt. Anschließend benachrichtigte er das Militär.
Kyralanis muss den Knopf seines Autoradios nur ein kleines Stück weiterdrehen und schon hört er bulgarischen Rundfunk. Bulgarien liegt nur sieben Kilometer entfernt und wird immer mehr zum neuen Fluchtpunkt, seit das Land Mitglied der EU ist.
Illegale Einwanderung gab es an dieser Grenze schon immer, aber jetzt nimmt sie zu, glaubt Skarlatos Kyralanis:
"Im Herbst und im Winter kommen viel mehr Menschen als zu den anderen Jahreszeiten. Vielleicht arbeiten sie ja den Sommer hindurch, um Geld für die Passage zu verdienen. Die müssen ja dafür sehr viel bezahlen. Ein Grieche nimmt 2000 Dollar, um sie von hier bis nach Athen zu befördern. Da kann man sich ja vorstellen, was die Türken nehmen, um sie von der irakischen Grenze bis nach Evros zu bringen. Das ist doch eine Riesenstrecke! Wenn sie im Winter kommen, ist es kalt und es regnet. Das Wasser im Fluss steigt an. Aber wahrscheinlich denken sie, sie können zu dieser Zeit unbemerkt rüberkommen. Von uns ist im Winter keiner draußen, es ist dann hier menschenleer."
Wahrscheinlich verdient sich der eine oder andere etwas hinzu, indem er den Flüchtlingen weiterhilft, vermutet Kyralanis.
Ihm fällt auf, dass die Flüchtlinge zielstrebig immer dieselben Orte ansteuern, fast alle hätten Mobiltelefone dabei und folgten den telefonischen Anweisungen. Doch kaum ein Schlepper würde gefasst. Die Flüchtlinge dagegen, die vom Grenzschutz aufgegriffen würden, kämen auf Polizeistationen unter, und dort sollen die Verhältnisse schwierig sein, es gebe kaum Platz und die Polizisten hätten Angst vor eingeschleppten Krankheiten.
Wenn Skarlatos Kyralanis auf seine Felder geht, kann er besonders gut das türkische Programm im Autoradio empfangen. Dilofos, sein Dorf, liegt 500 Meter Luftlinie von der türkischen Grenze entfernt, seine Äcker reichen bis direkt an den Grenzfluss Evros heran. Auf der einen Seite des Ufers gehen die türkischen Bauern ihrer Arbeit nach, auf der anderen die griechischen, morgens rufen sie sich Grüße zu, "kalimera" auf der einen und "merhaba" auf der anderen Seite. Der Fluss ist hier nicht mal einhundert Meter breit und eigentlich ganz leicht zu überqueren – es ist scheinbar nur ein ganz kleiner Schritt in die Europäische Union:
"Manchmal kommen sie mit einem Plastikboot rüber. Manchmal schwimmt einer mit einem Seil vor, macht es fest und zieht die anderen an das Ufer. Das geschieht meistens Nachts. Morgens finde ich immer wieder liegen gelassene Boote oder Ruder. Es kommt auch vor, dass sie um Hilfe bitten. Ich habe sie auch schon zur Polizei oder zum Militär gebracht, wenn sie danach gefragt haben. Das ist das Mindeste, was ich tun kann."
Skarlatos Kyralanis ist Anfang 50, das Gesicht rosig von der Arbeit im Freien, das helle Haar lichtet sich allmählich. Mit seinem 30-jährigen Sohn bewirtschaftet er 2000 Ar Land. Weizen, Baumwolle, Linsen, Raps, Tomaten, Zuckerrohr. Damit ist er nicht nur von einer Ernte abhängig. Skarlatos Kyralanis ist Bauer mit Leib und Seele, und wenn es sein muss arbeitet er rund um die Uhr:
"Einmal bin ich Nachts aufs Feld gegangen, um zu wässern und weil ich nachschauen wollte, ob alles in Ordnung ist. Auf einmal sah ich im Scheinwerferlicht meines Autos eine schwarze Gestalt. Ich bin so erschrocken - so eine Angst habe ich noch nie in meinem Leben gehabt. Ein schwarzer Mann sprang auf und verschwand. Ich ging zur Polizei, aber sie konnte ihn nicht finden. Am nächsten Tag holten die Fischer eine Leiche aus dem Fluss. Ich weiß nicht, ob es wirklich dieser Mann war, aber er sah ihm sehr ähnlich."
Der Fluss ist eben doch nicht so leicht zu überwinden, sagt Kyralanis. Manche Flüchtlinge können nicht schwimmen, manche sind krank oder sehr geschwächt. Andere laufen in die Minenfelder, die die NATO-Partner Griechenland und Türkei auf beiden Seiten dieser Grenze errichtet haben. Die Minenfelder sind zwar umzäunt und Totenkopfschilder warnen vor Zutritt. Trotzdem gibt es Flüchtlinge, die den Maschendraht zerschneiden und hinein gehen, Kyralanis hat es einmal selbst beobachtet: Ihm stockte der Atem, als er das sah, und er hatte schreckliche Angst, dass die Männer auf eine Mine treten könnten. Doch wie durch ein Wunder blieben sie unversehrt. Anschließend benachrichtigte er das Militär.
Kyralanis muss den Knopf seines Autoradios nur ein kleines Stück weiterdrehen und schon hört er bulgarischen Rundfunk. Bulgarien liegt nur sieben Kilometer entfernt und wird immer mehr zum neuen Fluchtpunkt, seit das Land Mitglied der EU ist.
Illegale Einwanderung gab es an dieser Grenze schon immer, aber jetzt nimmt sie zu, glaubt Skarlatos Kyralanis:
"Im Herbst und im Winter kommen viel mehr Menschen als zu den anderen Jahreszeiten. Vielleicht arbeiten sie ja den Sommer hindurch, um Geld für die Passage zu verdienen. Die müssen ja dafür sehr viel bezahlen. Ein Grieche nimmt 2000 Dollar, um sie von hier bis nach Athen zu befördern. Da kann man sich ja vorstellen, was die Türken nehmen, um sie von der irakischen Grenze bis nach Evros zu bringen. Das ist doch eine Riesenstrecke! Wenn sie im Winter kommen, ist es kalt und es regnet. Das Wasser im Fluss steigt an. Aber wahrscheinlich denken sie, sie können zu dieser Zeit unbemerkt rüberkommen. Von uns ist im Winter keiner draußen, es ist dann hier menschenleer."
Wahrscheinlich verdient sich der eine oder andere etwas hinzu, indem er den Flüchtlingen weiterhilft, vermutet Kyralanis.
Ihm fällt auf, dass die Flüchtlinge zielstrebig immer dieselben Orte ansteuern, fast alle hätten Mobiltelefone dabei und folgten den telefonischen Anweisungen. Doch kaum ein Schlepper würde gefasst. Die Flüchtlinge dagegen, die vom Grenzschutz aufgegriffen würden, kämen auf Polizeistationen unter, und dort sollen die Verhältnisse schwierig sein, es gebe kaum Platz und die Polizisten hätten Angst vor eingeschleppten Krankheiten.