Alleinerziehende sind auch weiterhin in höherem Maße von Armut bedroht als der Rest der Bevölkerung. In Haushalten, in denen sich nur die Mutter oder nur der Vater um die Kinder kümmert, sind ein Drittel der Personen - 33 Prozent - armutsgefährdet. In Familien mit zwei Elternteilen ist es nur etwa jeder Zehnte. Das ergeben die Zahlen, die das Statistische Bundesamt heute vorstellte. Zwei Drittel der Alleinerziehenden könnten etwa unerwartete Ausgaben von 1000 Euro nicht aus eigenen Mitteln stemmen, erklärte Kristina Kott, Referatsleiterin des Statistischen Bundesamtes.
"Die Doppelbelastung einerseits für Kinder zu sorgen und andererseits den Lebensunterhalt sicherzustellen, birgt also für Alleinerziehende ein besonders hohes finanzielles Risiko. Dies wird auch daran deutlich, dass diese Gruppe 2017 häufig auf eine Schuldnerberatungsstelle angewiesen war."
Insgesamt ist das Armutsrisiko für Alleinerziehende 2017 zwar leicht zurückgegangen - dies sei vor allem auf die gute Konjunktur zurückzuführen. Insgesamt aber ist das Pro-Kopf-Einkommen in betroffenen Familien um rund ein Fünftel niedriger als in Haushalten mit zwei Elternteilen. Alleinerziehende Väter und Mütter haben unterschiedlichen Zugang zur Arbeitswelt: 88 Prozent der Väter arbeiten Vollzeit, dagegen nur 42 Prozent der Mütter. Über die Hälfte der alleinerziehenden Frauen hätten gar keinen Job. Allerdings seien die Väter auch seltener alleine für die Erziehung von sehr jungen Kindern zuständig, so Irene Kahle vom Statistischen Bundesamt.
"Unter den Alleinerziehenden mit minderjährigen Kindern waren Mütter in den vergangenen zwei Jahrzehnten unverändert in der überwältigenden Mehrheit. Seit 1997 lag der Väteranteil konstant zwischen 10 und 13 Prozent. Im Jahr 2017 betrug er zwölf Prozent."
Mehr als die Hälfte der alleinerziehenden Mütter wünscht sich Arbeit
Insgesamt sind 1,5 Millionen Familien betroffen - jede fünfte in Deutschland, Tendenz leicht steigend. Besonders viele Alleinerziehende leben in den Großstädten - Berlin ist mit 27 Prozent Spitzenreiter - und in Ostdeutschland, besonders wenige in Bayern und Baden-Württemberg. Mehr als die Hälfte der alleinerziehenden Mütter wünscht sich Arbeit, findet aber keine, die sich mit den Kinderbetreuungszeiten und ihrer familiären Situation vereinbaren lässt. Dies sei ein großes Problem vor allem für diejenigen, die im Schichtdienst oder in Pflegeberufen arbeiteten, betonte Sigurd Andersen vom Bundesverband Alleinerziehender Mütter und Väter. Unternehmen seien in Bezug auf Teilzeitangebote immer noch zu häufig unflexibel. Und viele Betroffene würden keinen oder zu wenig Unterhalt bekommen.
"Also nur die Hälfte der Alleinerziehenden bekommt überhaupt Unterhalt für ihre Kinder. Ein Viertel bekommt Unterhaltszahlungen, die aber noch nicht mal den Mindestunterhalt erreichen. Und der Mindestunterhalt ist angelehnt ans Existenzminimum, also davon kann man kein Kind groß ziehen, was diese Frauen dann bekommen. Bleibt ein Viertel, die wenigstens den Mindestunterhalt bekommen, das ist nicht viel."
Familienpolitische Maßnahmen wie das Bildungs- und Teilhabepaket gingen an den Allleinerziehenden oft vorbei, weil diese gegen andere Sozialleistungen und den Unterhaltsvorschuss des Jugendamtes aufgerechnet würden, kritisierte Andersen.