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Alles in Hefe
Mikroorganismen stellen Aromen her

Aromen für Lebensmittel können natürlichen Ursprungs sein. Man kann sie chemisch herstellen - oder man setzt Hefepilze ein. Damit die Hefe den richtigen Geschmack trifft, wenden die Wissenschaftler ein paar Tricks an.

Von Anneke Meyer |
    Eine Hand hält einen roten Löffel mit Joghurt.
    Genetisch manipulierte Hefe kann für die Aromaproduktion eingesetzt werden. (picture-alliance/ dpa - Heiko Wolfraum)
    Mittagspause am DECHEMA-Forschungsinstitut in Frankfurt am Main. Man braucht nicht lang zu suchen. Ein kurzer Gang zum Nachtischbüffet, das für die Konferenz aufgebaut worden ist, reicht, um sie zu finden.
    "Das hier hat Minze", sagt Essmer Jongedijk. "Dieses, denke ich, ist Vanille, und was könnte das hier sein? Zitrone vielleicht."
    Ob Minzcreme, Vanillepudding oder Himbeerquark, dem guten Geschmack vieler Lebensmittel helfen "natürliche Aromastoffe" nach. Traditionell werden sie aus den wertvollen Früchten selber extrahiert. Das ist allerdings nicht nur teuer, sondern manchmal auch unmöglich: So viele Früchte wie gebraucht werden, können gar nicht angebaut werden.
    Forscher wie Essmer Jongedijk versuchen deshalb, neue Wege zu finden, Aromen zu gewinnen. Zum Beispiel mithilfe von Mikroorganismen, erklärt die junge Wissenschaftlerin von der niederländischen Wagening-Universität, während sie sich einen Wackelpudding vom Büffet nimmt.
    "Als Erstes müssen wir herausfinden, wo in der Pflanze der Geschmacksstoff hergestellt wird. Dann analysieren wir, welche Gene in diesem Pflanzenteil abgelesen werden. Die Kandidaten, die am wahrscheinlichsten in Frage kommen, den Fruchtgeschmack zu produzieren, werden ausgewählt und getestet."
    Und zwar, indem sie in einen Mikroorganismus eingeschleust werden, zum Beispiel in Hefe. Haben die Forscher das richtige Gen ausgewählt, übernehmen die Hefe-Zellen damit Fähigkeiten von der Pflanze, die nötig sind um einen bestimmten Geschmacksstoff herzustellen. Essmer Jongedijk hat so Hefe entwickelt, die Zitrus-Aroma macht.
    "Man braucht viel Vorwissen, aber im Prinzip kann jeder Fruchtgeschmack so hergestellt werden. Allerdings ist der Ertrag manchmal klein. Zum Beispiel, wenn Aromen sehr komplex sind und man eine ganze Reihe von Enzymen braucht."
    Der Geschmack von Erdbeeren zum Beispiel einsteht aus der Mischung mehrerer Moleküle. Hefe so zu verändern, dass sie alle Geschmacksträger in der richtigen Mischung produziert, ist sehr schwer. Am besten funktionieren die mikrobiologischen Aromafabriken für Geschmäcker, deren Charakter auf einem einzelnen Molekül beruht. Dazu gehören Zitrone, Himbeere oder auch Vanille.
    Egal welcher Geschmack es werden soll, wichtig sind immer die richtigen Gene und ein geeigneter Ausgangsstoff, aus dem die Hefe das Aroma entfalten kann. Der Rest ist dann ganz einfach, erklärt Birger Møller von der Universität in Kopenhagen:
    "Man muss eigentlich gar nichts tun! Es ist wie eine Fermentation: Bierhefe macht aus Zucker Alkohol. Unsere Hefe benutzt Ferulasäure, einen Stoff, der in Molasse ist, die bei der Zuckerproduktion übrig bleibt, um daraus Vanillin zu machen."
    Fast noch einfacher funktioniert Himbeerhefe. Sie benutzt als Ausgangsstoff für das Fruchtaroma Beta-Karotin. Das orangene Vitamin, das auch Möhren ihre Farbe verleiht, kann von der Hefe selber hergestellt werden.
    Voraussetzung ist aber auch hier eine genetische Manipulation. Ein Gedanke, der nicht jedem schmeckt. Andererseits machen auch die derzeit häufigsten Methoden, die Aromen zu produzieren, nicht gerade Lust auf Nachtisch: Vanillin etwa wird unter Einsatz von Schwefelstoffen aus Holz gewonnen oder komplett chemisch hergestellt. Møller:
    "Echte Vanilleschoten von der Orchidee machen weniger als ein Prozent des verbrauchten Vanillins aus. Der Rest ist chemisch hergestellt. Wir wollen das mit unsere Hefe ändern, denn die chemische Produktion ist nicht nachhaltig: Man braucht dafür viel Energie und erzeugt viele Schadstoffe. Wenn man Vanillin in Hefe herstellt, ist das ein viel saubereres und biologisches Verfahren."
    Die im Labor von Birger Møller entwickelte Hefe wird bereits in der Nahrungsmittelindustrie eingesetzt. Zurück am Nachtischbüffet gibt der Forscher gerne zu, dass er mit dieser Entwicklung sehr zufrieden ist:
    "Ich mag Dessert mit Vanille inzwischen besonders gerne, denn ich hoffe, dass in manchen von ihnen unser Vanillin steckt."