Am Südhang des Schweizer Jura - in knapp 1000 Meter Höhe. Der Blick schweift über den Genfer See, Richtung Frankreich. Dort ragen am Horizont die schroffen, beeindruckenden Gipfel der Westalpen in den kalten blauen Himmel. Allen voran und alles überragend: der Mont-Blanc. Die Gebirgszüge erheben sich wie aus einem mystischen Nichts - aus einer dichten Wolken und Nebelschicht. Und irgendwo dort unten im Grau liegt der Lac Léman, der Genfer See. Der zweitgrößte See Mitteleuropas versteckt sich unter Nebel und Wolken - wie oft zu dieser Jahreszeit. Auf dem Weg hinab, Richtung See, verschwindet auch das Bergpanorama - kleine Straßen führen durch Weinberge, bis zur Route du Vignoble. Einer Weinstraße die sich durchs Anbaugebiet La Côte zieht. Entlang der Route du Vignoble liegen, zwischen Lausanne und Genf, malerische Winzerdörfer. Zum Beispiel Bursins, Vinzel und Luins. Drei Dörfer, zu Fuß geht man keine 20 Minuten vom einen zum anderen. Und in jedem lockt ein Restaurant mit Malakoff. Einem Käsegericht.
"Das ist eben eine Spezialität, die in diese Weinregion des Waadtlands gehört, genauer in die La Côte. In der ganzen Westschweiz ist das, sehr, sehr sehr berühmt, die Leute kommen wirklich von vielen Kantonen der Westschweiz
hierher."
Sagt Philip Wolfsteiner. Vor 18 Jahren kam er hier in den französischsprachigen Kanton, in die Waadt. Seit 13 Jahren führt er ein Restaurant in Vinzel - liebt seitdem nicht nur die Gegend sondern auch den Malakoff - und die Geschichte dieses Käsegerichts.
"Also geschichtlich geht das zurück ins Jahr 1853 - da sind die Truppen von Napoleon III. hier vorbeigezogen, um sich in den Krimkrieg zu begeben."
Im Krimkrieg kämpfte Russland gegen das Osmanische Reich, Großbritannien und Frankreich. Unterstützt wurden die Franzosen durch Schweizer Söldner - auch aus der Waadt. Sie halfen dem französischen General Pélissier bei der Belagerung der Stadt Sewastopol in der heutigen Ukraine, eroberten mit ihm eine Festung: das Fort Malakow. General Pélissier durfte sich fortan Herzog von Malakoff nennen, eine Gemeinde bei Paris erhielt den Namen Malakoff, ebenso eine französische Süßspeise, die Malakofftorte. Und die Schweizer Söldner aus dem Waadtland?
"Diese Jungs, die hier zurückgekommen sind, die waren natürlich ausgehungert, hatten einen Riesen-Kohldampf. Und die Köchin hat denen etwas zubereitet. Dass sie schnell war, hat sie Käse, den sie noch übrig hatte einfach ins heiße Öl geschmissen und den frittiert. Und das war dann eigentlich die erste Mahlzeit, die diese Söldner von diesen Dörfern gehabt haben, als sie wieder zu Hause waren. Und die haben das Malakoff getauft. Als Erinnerung, was sie zusammen erlebt haben."
Das ist die Variante der Geschichte, die man hier in Vinzel zu hören bekommt - es ist nicht die Einzige. In einer Anderen hatten die Schweizer Söldner den Käse bereits als Proviant an der Krim dabei - eine weitere Version erzählt von einer Liebesgeschichte zwischen einem Russen und einer Waadtländerin . Es sind eben Geschichten und Sagen meint Philip Wolfsteiner, lächelt verschmitzt, und demonstriert in der Küche, wie man die Malakoffs zubereitet. Zumindest soweit er es verraten mag:
"Das ist so ein Mythos, der behalten wird, der geheim gehalten wird."
Hier in Vinzel mittlerweile in vierter Generation, seit etwa 1896.
"Wie alle guten Sachen sehr einfach."
Am Anfang steht der Käse. Geriebener Schweizer Hartkäse, Greyerzer oder französisch: Gruyère. Dazu Mehl, Eier, Milch und Pfeffer - vielleicht die eine oder andere 'geheime' Zutat.
"Das wird dann zu einer Masse fabriziert, oder geknetet und dann auf ein speziell fabriziertes Toastbrot gestrichen so Dom-förmig. Und der wird dann in der Friteuse herausgebacken."
Einige Minuten schwimmen die Malakoffs kopfüber im heißen Öl - dann kommen sie goldbraun frittiert auf den Teller. Dazu kleine eingelegte Zwiebeln, kleine Gewürzgurken und Senf. Fertig. Rezept und Zubereitung aber sind - wie die Geschichten über die Geschichte - von Ort zu Ort verschieden. Aus der Route du Vignoble lässt sich eine Route du Malakoff machen. Vinzel, Luins, Bursins - sie alle haben eine Malakoff-Traditionsfamilie und natürlich hat jede Familie das einzig wahre Rezept.
"Die anderen zwei Familien haben etwas später angefangen - wir 1896 und die anderen so zwei Jahre später."
In Lokalzeitungen, Internetblogs und den Restaurants entspinnt sich ein regelrechter Streit. Wer hat die besten - nein, die einzig wahren Malakoffs.
"Ich bin ganz ehrlich der richtige Malakoff, das stimmt, der kommt aus Eysins, das ist ein kleines Dorf in der Nähe von Nyon ."
Noch mehr Dörfer - auch in der Nähe - aber dennoch: die Verwirrung ist komplett.
"Die hatten eigentlich das irgendwie nachgemacht - das was wir hier gemacht haben - und die haben ihn Malakoff getauft."
Hier in Vinzel sprach man also am Anfang gar nicht von 'Malakoff' - die Käseschnitten hießen Croûtes de Vinzel oder auch Beignets de Vinzel. Also Kruste oder Krapfen aus Vinzel. Ein Gastrojournalist und Fernsehkoch aus den 60er- und 70er-Jahren soll Schuld sein an der Namensverwirrung .
"Der war ein Waadtländer und der hat unser Rezept - nicht preisgegeben aber ein ähnliches Rezept bekannt gegeben - und aus irgendeinem Grund hat er das nicht "Beignets de Vinzel" genannt, sondern Malakoff. Und jetzt haben wir ein Generationenproblem soweit, dass die Generationen vor mir, die nennen es immer noch ' Beignets des Vinzel' und meine Generation, die sprechen von 'Malakoff'."
Schon kompliziert - die Schweizer Küchenhistorie. Gut, dass man sich im Zweifel einfach auf die wohlschmeckenden, würzigen Malakoffs konzentrieren kann, ein Glas Weißwein aus der Region dazu - und den Blick auf die gegenüberliegende Seeseite gerichtet. Wo sich irgendwo hinter dichten Wolken und Nebel der Mont Blanc versteckt.
"Das ist eben eine Spezialität, die in diese Weinregion des Waadtlands gehört, genauer in die La Côte. In der ganzen Westschweiz ist das, sehr, sehr sehr berühmt, die Leute kommen wirklich von vielen Kantonen der Westschweiz
hierher."
Sagt Philip Wolfsteiner. Vor 18 Jahren kam er hier in den französischsprachigen Kanton, in die Waadt. Seit 13 Jahren führt er ein Restaurant in Vinzel - liebt seitdem nicht nur die Gegend sondern auch den Malakoff - und die Geschichte dieses Käsegerichts.
"Also geschichtlich geht das zurück ins Jahr 1853 - da sind die Truppen von Napoleon III. hier vorbeigezogen, um sich in den Krimkrieg zu begeben."
Im Krimkrieg kämpfte Russland gegen das Osmanische Reich, Großbritannien und Frankreich. Unterstützt wurden die Franzosen durch Schweizer Söldner - auch aus der Waadt. Sie halfen dem französischen General Pélissier bei der Belagerung der Stadt Sewastopol in der heutigen Ukraine, eroberten mit ihm eine Festung: das Fort Malakow. General Pélissier durfte sich fortan Herzog von Malakoff nennen, eine Gemeinde bei Paris erhielt den Namen Malakoff, ebenso eine französische Süßspeise, die Malakofftorte. Und die Schweizer Söldner aus dem Waadtland?
"Diese Jungs, die hier zurückgekommen sind, die waren natürlich ausgehungert, hatten einen Riesen-Kohldampf. Und die Köchin hat denen etwas zubereitet. Dass sie schnell war, hat sie Käse, den sie noch übrig hatte einfach ins heiße Öl geschmissen und den frittiert. Und das war dann eigentlich die erste Mahlzeit, die diese Söldner von diesen Dörfern gehabt haben, als sie wieder zu Hause waren. Und die haben das Malakoff getauft. Als Erinnerung, was sie zusammen erlebt haben."
Das ist die Variante der Geschichte, die man hier in Vinzel zu hören bekommt - es ist nicht die Einzige. In einer Anderen hatten die Schweizer Söldner den Käse bereits als Proviant an der Krim dabei - eine weitere Version erzählt von einer Liebesgeschichte zwischen einem Russen und einer Waadtländerin . Es sind eben Geschichten und Sagen meint Philip Wolfsteiner, lächelt verschmitzt, und demonstriert in der Küche, wie man die Malakoffs zubereitet. Zumindest soweit er es verraten mag:
"Das ist so ein Mythos, der behalten wird, der geheim gehalten wird."
Hier in Vinzel mittlerweile in vierter Generation, seit etwa 1896.
"Wie alle guten Sachen sehr einfach."
Am Anfang steht der Käse. Geriebener Schweizer Hartkäse, Greyerzer oder französisch: Gruyère. Dazu Mehl, Eier, Milch und Pfeffer - vielleicht die eine oder andere 'geheime' Zutat.
"Das wird dann zu einer Masse fabriziert, oder geknetet und dann auf ein speziell fabriziertes Toastbrot gestrichen so Dom-förmig. Und der wird dann in der Friteuse herausgebacken."
Einige Minuten schwimmen die Malakoffs kopfüber im heißen Öl - dann kommen sie goldbraun frittiert auf den Teller. Dazu kleine eingelegte Zwiebeln, kleine Gewürzgurken und Senf. Fertig. Rezept und Zubereitung aber sind - wie die Geschichten über die Geschichte - von Ort zu Ort verschieden. Aus der Route du Vignoble lässt sich eine Route du Malakoff machen. Vinzel, Luins, Bursins - sie alle haben eine Malakoff-Traditionsfamilie und natürlich hat jede Familie das einzig wahre Rezept.
"Die anderen zwei Familien haben etwas später angefangen - wir 1896 und die anderen so zwei Jahre später."
In Lokalzeitungen, Internetblogs und den Restaurants entspinnt sich ein regelrechter Streit. Wer hat die besten - nein, die einzig wahren Malakoffs.
"Ich bin ganz ehrlich der richtige Malakoff, das stimmt, der kommt aus Eysins, das ist ein kleines Dorf in der Nähe von Nyon ."
Noch mehr Dörfer - auch in der Nähe - aber dennoch: die Verwirrung ist komplett.
"Die hatten eigentlich das irgendwie nachgemacht - das was wir hier gemacht haben - und die haben ihn Malakoff getauft."
Hier in Vinzel sprach man also am Anfang gar nicht von 'Malakoff' - die Käseschnitten hießen Croûtes de Vinzel oder auch Beignets de Vinzel. Also Kruste oder Krapfen aus Vinzel. Ein Gastrojournalist und Fernsehkoch aus den 60er- und 70er-Jahren soll Schuld sein an der Namensverwirrung .
"Der war ein Waadtländer und der hat unser Rezept - nicht preisgegeben aber ein ähnliches Rezept bekannt gegeben - und aus irgendeinem Grund hat er das nicht "Beignets de Vinzel" genannt, sondern Malakoff. Und jetzt haben wir ein Generationenproblem soweit, dass die Generationen vor mir, die nennen es immer noch ' Beignets des Vinzel' und meine Generation, die sprechen von 'Malakoff'."
Schon kompliziert - die Schweizer Küchenhistorie. Gut, dass man sich im Zweifel einfach auf die wohlschmeckenden, würzigen Malakoffs konzentrieren kann, ein Glas Weißwein aus der Region dazu - und den Blick auf die gegenüberliegende Seeseite gerichtet. Wo sich irgendwo hinter dichten Wolken und Nebel der Mont Blanc versteckt.