Der jetzige Anstoß Kramp-Karrenbauers sei vergleichbar mit ihrem Vorschlag der Sicherheitszone in Syrien. "Diesen Knallkörper hat sie schon voriges Jahr losgelassen", sagte Friedhelm Hengsbach, der auch als Ökonom und Jesuit wirkt. Man habe den Eindruck, die CDU-Vorsitzende wolle ihre Umfragewerte verbessern. Jedenfalls habe sie kaum Zustimmung bei SPD und FDP gefunden.
"Der Staat soll sich mit seinem Zwang heraushalten, denn die Zivilgesellschaft ist lebendig genug, um das, was der Staat falsch macht, entsprechend zu korrigieren. Sonst gebe es die Fridays-for-Future-Bewegung nicht oder die Sorge, dass die Politik nicht mehr tut, um das Klima aufrechtzuerhalten", sagte Hengsbach.
"Ursachen der Spaltung liegen im politischen Versagen"
"Es wäre viel günstiger, wenn die freiwilligen Engagements, die es eh schon gibt, oder die jugendfreiwilligen Dienste gefördert und besser finanziert würden", sagte Hengsbach. "Diese Freiheit, diese selbstbestimmte Form der Wahl, sich gesellschaftlich zu betätigen, wäre viel wichtiger", meinte er. In Deutschland gibt es bereits den Bundesfreiwilligendienst, den hierzulande knapp 40.000 meist junge Menschen absolvieren.
Der soziale Zusammenhalt sei doch nicht in die Krise geraten, weil junge Menschen nicht mehr bereit seien, sich zu engagieren. Sie täten es in Lateinamerika, oder sie täten es in Deutschland - im Gesundheitsbereich auch im Pflegebereich. Hengsbach ist hingegen überzeugt: "Die Ursachen der Spaltung liegen doch im politischen Versagen, im Versagen des Staates, dass er sich treiben lässt von der Autoindustrie, den Finanzmärkten oder von denen, die die Umwelt zum Nulltarif in Anspruch nehmen."
Balance zwischen Industrielöhnen und Löhnen im Sorge-Bereich
Ansätze, um mehr gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen, seien bereits da. Hengsbach nannte als Beispiele Bekämpfung der Alterarmut, Grundrente, Erhöhung der Mindestlöhne sowie Verbesserung der Tariflöhne im Gesundheitsbereich oder im Pflegebereich. "Es müsste eine Balance hergestellt werden zwischen den relativ hohen Industrielöhnen und denen im sozialen Bereich oder im Sorge-Bereich", so Hengsbach.