Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer schlug am Wochenende überraschend per Videobotschaft die Idee eines Dienstjahres für Männer und Frauen vor, das sowohl militärisch als auch zivil abgeleistet werden könne. Es ist auch ein Signal der Generalsekretärin an die Konservativen in der Union, die mit Aussetzung der Wehrpflicht unter dem damaligen CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg nie warm geworden sind. Der CDU Parteitag soll darüber im Dezember diskutieren.
Die Resonanz ist selbst innerhalb der Union gemischt. Unterstützung findet die Idee bei Paul Ziemiak, Vorsitzender der Jungen Union: "Wir fordern ein Gesellschaftsjahr, in dem jeder junge Mensch, egal, ob Mann oder Frau verpflichtet ist, etwas für die Gesellschaft zu tun. Das kann bei der Bundeswehr sein, das kann bei der Feuerwehr sein. Aber das kann auch in der Pflege oder einer sozialen Einrichtung sein."
So Ziemiak in der ARD. Skeptisch äußert sich dagegen Volker Rühe, einst CDU-Generalsekretär und ehemaliger Verteidigungsminister. "Und über allgemeine Dienstpflicht, 700.000 Jungen und Mädchen, zwangs zu verpflichten, das ist nicht nur rechtlich nicht möglich, das würde auch nicht die Probleme der Bundeswehr lösen. Und auch nicht die anderen." Die Bundeswehr sei heute eine Freiwilligenarmee, eine erneute Reform würde Chaos stiften. Rühe fordert stattdessen eine Stärkung der Strukturen: bessere Ausrüstung, bessere Bezahlung.
Rechtlich wohl nicht durchsetzbar
Neben organisatorischen Hindernissen sieht Rühe zudem rechtliche Hürden. Für ein allgemeines verpflichtendes Dienstjahr auch für Frauen müsse das Grundgesetz geändert werden, dafür dürfte es derzeit keine Mehrheiten geben.
Das Grundgesetz sieht nur die Wehrpflicht für Männer vor, damit verbunden sind zivile Ersatzdienste. Der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hans-Peter Bartels von der SPD, äußerte sich heute im Bayrischen Rundfunk zwar vorsichtig zustimmend, verwies aber auf die bestehenden rechtlichen Hürden eines allgemeinen Dienstjahres: "Ich finde die Grundidee sympathisch, dass man sagt, es sollte einen Dienst geben, der für die Allgemeinheit, der im Sozialen oder Militärischen abgeleistet wird, aber ich glaube nicht, dass es ein Pflichtdienst sein kann."
Eine Rückkehr zur Wehrpflicht hält Bartels für illusorisch. Bartels, der als Wehrbeauftragter Anwalt der Soldatinnen und Soldaten ist, machte sich stark für mehr gesellschaftliche Wertschätzung und attraktivere Dienstbedingungen wie mehr Familienfreundlichkeit. Unverständnis äußerte auch der ehemalige Generalinspekteur der Bundeswehr, Harald Kujat. Er sagte im Kölner Stadt-Anzeiger, dass er die ganze Diskussion nicht verstehe. Da werde – Zitat – eine neue Sau durchs Dorf getrieben.
Zustimmung von der AfD
Aus den Reihen der Opposition gibt es unterschiedliche Bewertungen: Tobias Lindner, Verteidigungspolitiker bei den Grünen sagte in der ARD: "Mehrere unionsgeführte Verteidigungsminister haben es nicht hinbekommen, die Personalprobleme der Bundeswehr zu lösen. Statt darüber zu diskutieren, wie man den Dienst in der Bundeswehr attraktiver, vernünftig bezahlt machen könnte, soll jetzt ein Zwangsdienst wieder eingeführt werden, das wird die Probleme der Truppe nicht lösen."
Der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, kritisierte, eine Wiedereinführung der Wehrpflicht wäre "ein Zurück ins letzte Jahrhundert". Als bisher einzige Partei setzt sich die AfD klar für eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ein, wer dagegen sei, schade Deutschland, so Fraktionschef Alexander Gauland.
Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, warnte, allein der Wiederaufbau der Infrastruktur würde "horrende Summen verschlingen", andere Liberale forderten eine Stärkung von Freiwilligen-Diensten.