"Uns ist es wichtig, die Beteiligung deutscher Firmen an den Wasserkraftwerken in Brasilien anzuprangern. Ein Drittel aller Turbinen des Staudamms Belo Monte beispielsweise stammen von Voith Hydro, ein Unternehmen, an dem Voith und Siemens beteiligt sind. Und die Versicherung des Bauvorhabens hat zu fünf Prozent die Allianz übernommen."
Munich Re habe sogar 25 Prozent des Baus rückversichert und Daimler-Benz Hunderte Lastkraftwagen für 86 Millionen Euro dorthin verkauft, so Marquinho von Faor, einem Dachverband verschiedener Nichtregierungsorganisationen aus dem Osten der brasilianischen Amazonas-Region.
Weder gut für die Umwelt noch für den Menschen gut
Der Brasilianer ist zu Besuch in Deutschland, um Front gegen den Staudamm Belo Monte und ähnliche geplante Projekte zu machen. Belo Monte sei weder für die Umwelt noch für die Menschen gut. Die Einheimischen seien nicht so einbezogen worden, wie es das Gesetz vorschreibe, zwei indigene Völker würden durch den veränderten Flusslauf nicht mehr ausreichend mit Fisch versorgt, in der Stadt Alta Mira steige die Kriminalität und die Prostitution, auch bei Kindern drastisch an. Das Projekt sei auch weder klima- noch umweltfreundlich und sollte deshalb auch nicht von deutschen Firmen unterstützt werden.
"Wir müssen einfach mal klarstellen, dass diese Firmen mit Aktivitäten Geld verdienen, die die Bevölkerung vor Ort schädigen. Wir möchten, dass diese Firmen damit aufhören."
Vorwurf der Illegalität
Christian Russau vom Dachverband der kritischen Aktionärinnen und Aktionäre unterstützt Motta und seine Mitstreiter. Deutsche Unternehmen sollten sich an solchen Staudammprojekten in Brasilien nicht beteiligen, Belo Monte sei sogar illegal:
"Weil die betroffenen Menschen so wie die Verfassung es eigentlich vorschreibt in Brasilien, niemals gefragt wurden und angemessen gefragt wurden. Niemals. Sie wurden nicht gefragt, es war ein Projekt, das von oben nach unten entschieden wurde und mit nicht unbedingt immer rechtsstaatlichen Mitteln auch durchgesetzt wird."
Außerdem gebe es schon längst Beispiele, dass solche Staudämme Gift fürs Klima sind. Denn Biomasse, die unter Wasser verfault, produziere Methan und das sei 22 Mal klimaschädlicher als CO2, erklärt Russau und verweist auf ein anderes Beispiel aus Brasilien.
"Die Munich RE hat zum Beispiel den Staudamm Teles Pires rückversichert, die Flutung des Stausees lief schon vor ein paar Monaten und dann gingen die Bilder um die Welt von all der Biomasse, die dort vorher nicht abgerodet wurde, sondern in dem Stausee drin verblieben ist, diese Biomasse schwimmt da jetzt drin und produziert Methan. "
Argumente der Unterstützer
Die deutschen Unternehmen, die sich etwa an Belo Monte beteiligen, kennen die Argumente der Kritiker wohl. Doch sie wiegen offenbar nicht schwer genug. So schreibt uns beispielsweise die Allianz auf Anfrage: Wasserkraft sei für Brasilien die mit Abstand wichtigste Energiequelle. Sie trage dazu bei, eine bedeutende Menge an schädlichen CO2Emissionen einzusparen.
Und Munich Re antwortet per Email, man habe Nachhaltigkeitskriterien bei der Entscheidung berücksichtigt.
Auch Daimler und Voith Hydro hätten die kritischen Aktionäre schon mit den Menschenrechts- und Umweltproblemen in Brasilien konfrontiert, so Christian Russau, die Antworten der Unternehmen seien jedoch immer sehr ähnlich.
"Die Munich Re sagt ganz klar und Allianz hat das auch gesagt: Wir versichern den Staudamm Belo Monte, weil wir sehen zwar, dass das Monsterprojekte sind, wir sehen, dass das Nebenwirkungen hat, wir - denken aber, dass die Vorteile die Nachteile überwiegen. Und die Vorteile seien halt eben klimaschonende Stromproduktion."
Die Flutung der Region am Staubdammprojekt von Belo Monte wird für nächstes Jahr erwartet. Es gibt wenig Hoffnung, dass das noch verhindert werden könnte, obwohl noch Gerichtsprozesse dazu anhängig sind. Dass sie jetzt noch mal in Deutschland auf das Problem aufmerksam machen, begründen Motta und Russau vor allem mit weiteren Staudammprojekten in Brasilien. Russau weiß von mindestens 50 geplanten Projekten. Die beiden wollen verhindern, dass sich auch dort wieder deutsche Firmen auf Kosten von Menschen und Umwelt bereichern. Marquinho Motta sieht für die brasilianische Energieversorgung ohnehin bessere Alternativen:
"In Brasilien scheint das Ganze Jahr die Sonne, also kein Vergleich zu Deutschland. Trotzdem liegt der Anteil der Solarenergie an der brasilianischen Stromproduktion nur bei 0,01 Prozent. Und wir haben 8000 Kilometer Küste, trotzdem produzieren wir so gut wie keinen Windstrom."