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Alltäglicher Rassismus
Alice Hasters: "Sprache prägt Bewusstsein"

Rassismus ist in der deutschen Gesellschaft weit verbreitet. Auch wenn nicht jede rassistische Äußerung abwertend gemeint ist, so schmerzt sie doch, schreibt Alice Hasters über ihre Erfahrungen als schwarze Frau in ihrem Buch. Die Resonanz war für sie überwältigend - durchaus auch im positiven Sinne.

Alice Hasters im Gespräch mit Angela Gutzeit |
Die Autorin Alice Hasters steht im Freien, sie trägt ein türkises Kleid und blickt ernst in die Kamera.
Alice Hasters: "Wie findet man sich, wenn man nicht weiß ist?" (www.pixxwerk.de/H. Henkensiefken)
Alice Hasters wurde 1989 in Köln geboren. Sie studierte Journalismus in München, arbeitet für verschiedene Medien und spricht im monatlichen Podcast "Feuer & Brot" über Feminismus und Popkultur. Das hört sich nach der ganz normalen Biografie einer jungen, erfolgreichen Frau an. So ist es aber nicht. Alice Hasters ist schwarz. Sie hat einen schwarzen und einen weißen Elternteil. Von früh an musste sie sich mit einem alltäglichen Rassismus auseinandersetzen.
Ungefragt fasste man ihr ins Haar. Man erkundigte sich nach ihrer Herkunft oder staunte darüber, dass sie so gut Deutsch sprechen würde. Auch wenn so mancher Kommentar freundlich gemeint war und ist, er wird als Verletzung empfunden. "Mikroaggressionen", so nennt Hasters ihre persönlichen Erlebnisse mit dem Alltagsrassismus, den sie in ihrem Buch mit dem Titel "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten" ausführlich beschreibt.
Kolonialismus ausgespart
Im Gespräch mit Angela Gutzeit erzählt sie zum Beispiel über Erfahrungen während der Schulzeit. Rückblickend, so Hasters, sei sie empört, wie wenig sie zum Beispiel im Geschichtsunterricht über die Kolonialzeit und über die sogenannten Rassentheorien erfahren habe.
"Ich war mittlerweile wieder in ein paar Schulen und ich habe nicht das Gefühl, dass sich daran so viel nicht verändert hat", meinte Hasters wörtlich. In ihrem Buch füht sie ihren Lesern und Leserinnen deshalb noch einmal vor Augen, welche unselige Rolle das Deutsche Kaiserreich in damaligen Deutsch-Südwest-Afrika gespielt hat. "Der Lehrplan geht von einem weißen deutschen Standard aus. Alles was davon abweicht, wird ignoriert", schreibt sie über ihre Schulerfahrungen.
Das viel diskutierte "N-Wort"
Obwohl sich die Autorin in ihrem Buch auch mit Rassismus in der Sprache beschäftigt, äußert sie sich kaum zu der Debatte über die Verwendung des "N-Wortes" in der klassischen Kinder- und Jugendbuchliteratur. Soll es stehen bleiben oder eliminiert werden? Im Gespräch sprach sie sich klar für eine Entfernung aus, um Kinder erst gar nicht an das Wort "Neger" zu gewöhnen. Die Sensibilisierung für Sprache beginne schließlich schon im frühen Kindesalter. Ansonsten "wünsche ich mir", so Hasters, "dass ich das gar nicht mehr thematisieren muss." Deshalb habe sie diese Debatte nicht noch einmal aufgerollt. Auf die Resonanz zu diesem Buch angesprochen, gab Hasters eine überraschende Antwort.
Überraschender Zuspruch
Es gäbe natürlich Menschen, die sich schon allein vom Titel angegriffen fühlten. Aber, "total gefreut" habe sie, "dass auch Menschen, die nicht vom Rassismus betroffen sind, sich bedanken und sagen, sie hätten was dazugelernt. Und das ist natürlich das, was ich wollte mit diesem Buch."
Zu Beginn des Gesprächs ging es um die Frage, inwieweit der in der letzten Zeit sich wieder offen und bösartig zeigende Antisemitismus als eine Spielart des Rassismus auch ihr Lebensgefühl tangieren würde.
Alice Hasters: "Was weiße Menschen nicht über Rassismus hören wollen, aber wissen sollten"
hanserblau im Carl Hanser Verlag, Berlin. 224 Seiten, 17 Euro.