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Allulose
Ein Zucker ohne Kalorien

Lebensmittel wie Pizza, Gebäck oder Fruchtjoghurt sind oft stark gesüßt – und gelten daher als Dickmacher. Das Start-up-Unternehmen Savanna Ingredients forscht an der Herstellung von Allulose, einem echter Zucker ohne Kalorien. Derzeit wird nach einem Verfahren gesucht, um die Substanz kostengünstig zu produzieren.

Von Susanne Kuhlmann |
    Eine Frau nimmt sich einen Muffin.
    Süße Versuchung mit teils unschönen Folgen: Zucker kurbelt die Insulinproduktion und das Hungergefühl an - und kann so zum Dickmacher werden. (imago )
    Eine Weltneuheit ist Allulose nicht. Den kalorienfreien Zucker gibt es zum Beispiel in Japan schon seit 2010 zu kaufen.
    "Wir wollen das Rad nicht neu erfinden", sagt Dr. Timo Koch, Chemiker und Geschäftsführer des Start-ups Savanna Ingredients, ein Unternehmen der Pfeifer & Langen Lebensmittelgruppe, einem großen Kölner Zuckerhersteller. Die japanische Herstellungstechnologie sei jedoch veraltet und mache Allulose zu teuer. In einer Halle in Elsdorf bei Köln will Timo Koch zeigen, wie es besser und günstiger geht. In großen blauen Stahltanks, die mit einem Röhrensystem verbunden sind, werden sogenannte funktionelle Kohlenhydrate entwickelt, auch Allulose.
    Preis soll ähnlich sein wie bei "normalem" Zucker
    "Wichtig ist, dass das Produkt ein Jedermann-Produkt wird und kein Apothekenprodukt, was sich nur eine kleine Konsumentengruppe leisten kann. Daran arbeiten wir, ein effizientes Verfahren, das kostengünstige Produktion und Konsumententauglichkeit erlaubt zu generieren."
    Es geht also darum, Allulose preislich vergleichbar mit normalem Zucker zu machen. In der Natur kommt Zucker ohne Energiegehalt auch vor. Der war das Vorbild für den lebensmitteltechnologischen Prozess, die Molekülstruktur von Rübenzucker zu verändern, beschreibt Timo Koch.
    "Wir machen hier aus einem natürlichen Zucker einen anderen natürlichen Zucker und nutzen dazu Enzyme, wie sie in der Natur auch vorkommen. Da haben wir eine Technologie gefunden, die uns diese Enzyme zugänglich gemacht hat, mit der wir diese einsetzen können."
    Gleiche Wirkung beim Kochen und Backen
    Der Energiegehalt des Zuckers wird verkapselt, und der Körper scheidet ihn ungenutzt aus. Was Zucker sonst ausmacht, bleibt dagegen erhalten.
    "Das ist der wesentliche Unterschied zu den bisherigen alternativen Konzepten, dass die Allulose ein echter Zucker ist und sich wie ein echter Zucker verhält. Ich kann damit backen, ich kann kochen, ich kann Marmeladen damit machen. Wir haben Dressings und Ketchups damit gemacht. Getränke gehen auch."
    Doch bis Allulose im Supermarkt neben Zucker im Regal steht, werden wohl noch zwei bis drei Jahre vergehen. Denn als kalorienfreier Zucker fällt Allulose unter die Novel Food Verordnung der EU. Sie regelt den Umgang mit neuartigen Lebensmitteln, die es hier zuvor noch nicht gab. Zurzeit wird an Studien für die Zulassung gearbeitet, die bei der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit eingereicht werden müssen. Ziel ist die Kennzeichnung als kalorienfreier Zucker – auch wenn das nicht hundertprozentig stimmt. Zum Vergleich: Ein Gramm Zucker enthält 4 Kilokalorien, ein Gramm Allulose nur 0,2.
    Angestrebt wird Kennzeichnung als "kalorienfrei"
    "Da gehen wir davon aus, dass das Label kalorienfrei gewährt wird, weil klar nachweisbar ist, wo die Allulose im Körper landet und wie sie ausgeschieden wird. Es gibt vergleichbare Zuckeralkohle, die das Label kalorienfrei bekommen haben, die ähnlich im Stoffwechsel ausgeschieden werden. Von daher gehen wir davon aus, dass es die Allulose als kalorienfreien Zucker geben wird."
    Ein neuer Zucker ohne Kalorien hätte gute Chancen, von Verbrauchern akzeptiert zu werden, vermutet Britta Klein vom Bundeszentrum für Ernährung. Lebensmittelhersteller befassen sich auch damit, zuckerärmer zu produzieren. Und die Zuckerfirmen und Rübenbauern dürfte es freuen, dass der Rohstoff fit für eine energieärmere Ernährung gemacht wird. Denn mit kalorienfreien Süßstoffen können zwar Getränke, Joghurt und eine Reihe anderer Produkte gesüßt werden. Aber ihnen fehlt die Masse, die zum Beispiel beim Backen gebraucht wird.
    Unternehmen fürchten Kundenverlust bei Zuckerreduktion
    Britta Klein: "Die Bundesregierung hat eine groß besetzte Expertenkommission eingesetzt, die versucht, Lebensmittelproduktion insgesamt zucker- und salzärmer zu machen. Das heißt Reformulierungsstrategie Zucker und Salz. Die tagen schon seit einigen Jahren, auch in Verbindung mit den produzierenden Unternehmen. Die sitzen da mit im Boot. Ganz greifbare Ergebnisse gibt es da noch nicht. Den Kaloriengehalt möchten sie schon reduzieren. Aber sie haben ganz große Bedenken, dass sie Kundschaft verlieren, wenn sie den Süßanteil vermindern."
    Viele Konsumenten sind es gewohnt, dass Fruchtjoghurt, Schokoriegel und auch Herzhaftes wie Fleischsalat sehr süß schmecken. Deshalb war das Team um Timo Koch zunächst nicht begeistert von der Entdeckung, dass Allulose nur etwa 70 Prozent der Süßkraft von Zucker hat. Wie Zucker auch, fungiert Allulose aber als Geschmacksverstärker, der die vorhandenen Aromen abrundet. Vom Geschmack der mit Allulose gebackenen Brownies und dem Allulose-Ketchup, den er mit einer vegetarischen Frikadelle reicht, ist Timo Koch jedenfalls überzeugt.
    "Da nehmen wir den Ketchup, machen eine Frikadelle fertig und packen ein bisschen Ketchup drauf, Und dann dürfen Sie gerne probieren, wie es schmeckt."