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Alpenvolleys
Grenzübergreifender Volleyball

Zum Auswärtsspiel nach Österreich - heißt es für die Männerteams der ersten Volleyball-Bundesliga. Denn seit dieser Saison spielen die Alpenvolleys mit. Das Gemeinschaftsprojekt aus Unterhaching und Innsbruck konnte die anfängliche Skepsis noch nicht komplett beseitigen.

Von Christian Bartlau |
    Die Hypo Tirol Alpenvolleys Haching bei einem Spiel gegen die Berlin Recycling Volleys am 29.11.2017 in Berlin.
    Österreichisch-deutsches Gemeinschaftsprojekt: die Hypo Tirol Alpenvolleys Haching. (imago sportfotodienst)
    Der Fünfte gegen den Ersten, 1.250 Fans in der Halle, das Free TV live dabei: Friedrichshafen zu Gast bei den Alpenvolleys, das ist deutscher Spitzenvolleyball - auf österreichischem Boden. Zum Auftakt der Rückrunde reiste der amtierende Vizemeister vom Bodensee am Mittwoch (10.01.2018) zu einem besonderen Gastspiel, über die Grenze in die Tiroler Landeshauptstadt Innsbruck. Über eine Wildcard holten sich die Alpenvolleys die Spielberechtigung, beantragt hat sie der deutsche Klub TSV Unterhaching in Kooperation mit Hypo Tirol Innsbruck, dem amtierenden österreichischen Meister. Eine Idee, die selbst Liga-Geschäftsführer Klaus-Peter Jung zunächst nicht ganz ernst nahm.
    "Mein erster Gedanke war: Das hört sich nett an, aber das wird wohl nix werden. Weil ich mir nicht vorstellen konnte, dass ein österreichischer Meister und Pokalsieger, der Champions League spielt, sich in seinem Landesverband abmelden will."
    Zu wenige Teams in der höchsten Spielklasse
    Die Volleyball-Bundesliga hat zur neuen Saison ein Wildcard-Verfahren eingeführt. Damit will sie ein Problem beheben: Es finden sich einfach nicht genug Vereine für die höchste Spielklasse. Statt der Wunschgröße von 14 oder 16 sind es momentan nur elf Vereine. Traditionsstandorte wie Unterhaching und Moers meldeten sich 2014 vom Spielbetrieb ab. Immer wieder rutschten Klubs in die Pleite, so wie Coburg, Bottrop und Dresden. Zweitligameister Chemie Volley Mitteldeutschland verzichtete auf den Aufstieg, sah sich wirtschaftlich nicht in der Liga, mitzuhalten. Nun sucht die Liga per Wildcard Neueinsteiger - und fand sie in Tirol. Dort hörte ein Mann vom Verfahren, der sich in der österreichischen Liga nicht mehr gefordert fühlte: Hannes Kronthaler, Manager und Mäzen in Personalunion.
    "Es war so, dass ich mich in den letzten Jahren schon nach Alternativen zur österreichischen Liga umgeguckt habe weil ich einfach keine Entwicklung gesehen habe."
    In Österreich feierte Kronthaler acht Meisterschaften in den letzten zehn Jahren, zuletzt waren es vier Titel hintereinander. In der deutschen Bundesliga plant er für drei Jahre: Platz fünf in der ersten Saison, danach das Playoff-Semifinale und dann der Kampf um die Meisterschaft. Die Alpenvolleys liegen im Soll: Auf Rang fünf der Tabelle. Im Spitzenspiel am Mittwoch in der Olympiahalle trotzt der Gastgeber den Friedrichshafenern zwar den ersten Satz ab, mehr ist gegen die den Klassenprimus aber nicht zu holen, mit 1:3 geht die Partie verloren.
    "Da fehlt es etwas an Budget und durchs Budget an den Spielern", erklärt Kronthaler, "man muss sagen, unser Projekt ist auf drei Jahre ausgelegt, wir haben im ersten Jahr relativ viel Geld investieren müssen um die Auflagen der Liga zu erfüllen, die ich absolut richtig finde. Mein Konzept ist ja, dass ich auch Sponsoren in Bayern ansprechen und dadurch mein Budget steigern kann."
    Bleibt Haching auf der Strecke?
    Bis zum Ausstieg von Hauptsponsor Generali 2014 gehörte Unterhaching zur Elite der Liga, als Talentschmiede gilt der Klub noch immer. Ein Potential, das bei den Alpenvolleys über die Jahre immer mehr zur Geltung kommen soll, sagt Kronthaler: "Wir wollen langfristig, für immer, 50/50 haben: 50/50 Sponsoren, 50/50 Fans und dadurch auch 50/50 Spiele."
    Noch sieht das anders aus: Training und sieben von zehn Ligaheimspielen finden in Innsbruck statt, der Kern der Mannschaft wurde von Hypo Tirol übernommen, die Sponsoren ebenfalls. Manch einer in der Liga zweifelt, dass sich das Gewicht des Projekts wie angekündigt Richtung Unterhaching bewegt. Arvid Kinder zum Beispiel. Der Manager der Netzhoppers Königs-Wusterhausen betont zwar den sportlichen Wert der Alpenvolleys für die Liga. Er sieht aber immer noch viele Fragezeichen hinter dem deutsch-österreichischen Projekt.
    "Für mich auf der Strecke geblieben bisher ist der Hachinger Anteil. Ich habe nicht verstanden, wie eine Mannschaft, die die Lizenz von Haching bekommt und in der deutschen Liga mitspielen will, nicht auch vor Ort spielt. Es geht uns auch darum, den deutschen Volleyball zu stärken und nicht nur den Standort Innsbruck."
    Kinders Netzhoppers gehören zu den drei Vereinen, die gegen die Wildcard gestimmt haben. Das will er aber nicht als Stimme gegen die Alpenvolleys verstanden wissen, er kritisiert das Instrument an sich: Kinder würde lieber die Hürden für die Vereine der zweiten Liga senken. Durch Projekte wie die Alpenvolleys werde zwar die Qualität in der Spitze gestärkt, es brauche aber auch ein breites Mittelfeld und einen echten Abstiegskampf, um das Produkt Bundesliga wirklich besser zu machen.
    Liga mit zwei Geschwindigkeiten
    Im Moment scheint es so, als sei die Volleyball-Bundesliga eine Liga der zwei Geschwindigkeiten. Auf der einen Seite die hochprofessionellen Klubs wie Innsbruck oder Friedsrichshafen mit ihren modernen Hallen, auf der anderen Seite die Kleinen wie Königs-Wusterhausen.
    "Ich denke", so Kinder, "es gibt keinen Verein, der nicht gern in supermodernen Multifunktionsarena spielen würde, ob nun erste oder zweite Liga. Aber das umzusetzen ist schwierig und das muss sich entwickeln Schritt für Schritt. Die Vereine, die es schon haben - wie Berlin und Friedrichshafen -, können einfacher reden als die anderen, die das noch nicht haben."
    Die Alpenvolleys hatten keine Probleme, die sehr hohen Auflagen für die Wildcard zu erfüllen: 50.000 Euro Gebühr, ein Businessplan für drei Jahre, eine Halle mit mindestens 4000 Plätzen, LED-Banden, ein einheitliches Spielfeld. Der Neuling gehört auf Anhieb zur gehobenen Oberklasse der Liga. Die Alpenvolley sind ein absoluter Gewinn, findet Ex-Bundestrainer Vital Heynen, zurzeit Coach in Friedrichshafen.
    "Die haben es schon geschafft, rüberzugehen nach Deutschland und die Liga besser zu machen. Das ist ein guter erster Schritt. Und ich hoffe, dass sie die Großen etwas auseinanderholen. Ich hoffe, dass in den nächsten Jahren ein Streit entsteht: Wo ist die beste Mannschaft, Deutschland oder Österreich? Ich wünsche mir, dass sie nächstes Jahr Finale spielen. Es muss halt nur gegen Friedrichshafen sein."