"Weil wir so schwach sind in unseren Fähigkeiten, (...) können wir große Erfahrungen machen", sagt Reinhold Messner. So begründet er den von ihm vertretenen Alpinstil. Dabei nehmen Bergsteiger nur relativ wenige Hilfsmittel mit. Messner will Bergbesteigungen nicht vereinfachen und sagt: "Der Alpinismus ist für mich eine kulturelle Auseinandersetzung zwischen Mensch und Berg."
Dennoch sieht er den Alpinismus, den er ausdrücklich nicht als Sport betreibt, kritisch. Messners Bruder und andere Weggefährten starben bei Expeditionen. "Mit diesen Unfällen, die passiert sind, kann ich das Bergsteigen nicht verteidigen. Also ich kann es vor allem den Angehörigen auch anderer Familien gegenüber nicht gutheißen."
Dennoch spricht er voller Bewunderung etwa vom Extremkletterer Alex Honnold, den er als traumwandlerisch sicher bezeichnet, wenn er wie im Film "Free Solo ohne jede Sicherung sehr schwere Felswände hinaufklettert.
"Lächerlich zu dem, was Bergsteigen ausmacht."
Der olympischen Kletterdisziplin kann Messner dagegen wenig abgewinnen: "Da klettert man an künstlichen Wänden 15 Meter hoch. Wer schneller ist, ist der Gewinner. Im Grunde ist das lächerlich zu dem, was Bergsteigen wirklich ausmacht. (…)
Ich bin der Meinung, dass die olympische Disziplin Klettern keine große Chance hat. Das ist zu langweilig. Das versteht der Laie, der Zuschauer nicht. Der Laie stellt sich vor, dass die wirklich in einer großen Wand hängen und wenn einer runterfällt, ist er tot. Wie beim Auto-Rennfahren. Es ist nur viel gefährlicher als Auto-Rennfahren."
Beim alpinen Tourismus spricht sich Messner dafür aus, Menschen nur in solche Höhen zu bringen, die etwa Schäfer schon seit Jahrhunderten erklommen haben. "Drüber braucht es keine Inszenierung und keine Infrastruktur. Und dann ist alles gelöst. Ganz einfach. Weil der Berg in sich den Gartenzaun hat, der uns sagt: ‚Bis hierher und nicht weiter.‘ Und wer dann weitergeht, der ist selber verantwortlich."
In den Jahrzehnten seit seinen eigenen extremen Bergbesteigungen hat Messner vieles gemacht. Mittlerweile betreibt der 74-Jährige in Südtirol ein Museum in sechs Standorten. Außerdem produziert er Filme. Er sagt: "Ich bin völlig zufrieden. Nur bin ich ein kreativer Mensch. Mein Leben besteht darin, dass ich bisher sechs Mal umgestiegen bin von einem Tun ins Andere. (...)
Jetzt mache ich gerade Filme und bin dabei, ein achtes Leben, vielleicht, wenn ich gesund bleibe, anzuhängen. (...) Immer wenn ich das Maximum, was ich erreichen konnte mit meinen bescheidenen Möglichkeiten, habe ich was Neues gesucht. Weil ich beim Lernen mit der Neugierde in ein neues Feld hineinzugehen am meisten auch gefordert war und damit erst lebendig wurde."
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