Ein üppig gedeckter Tisch in einer Gaststätte, schräg dahinter der Tresen, darüber ein Hirschgeweih: Die Wirtshaus-Kulisse war den Fernsehzuschauern 1956 bestens bekannt, aus den einschlägigen volkstümlichen Komödien. Und auch die Darsteller waren Prominente ihrer Zeit: der Volksschauspieler Beppo Brem gehörte im Nachkriegsdeutschland zur Stammbesetzung folkloristischer Klamauk-Filme, und Liesl Karlstadt, die in diesem Werbespot zusammen mit Beppo Brem am Tisch saß, war eine der gefragtesten Humoristinnen ihrer Zeit. In diesem Reklamefilm bekleckert Beppo Brem großflächig die Tischdecke:
Liesl Karlstadt: "Da schau her, was d’ wieder gemacht hast. Also, Du bist doch a richtiger Dreck..."
Beppo Brehm: "Sprich’s nicht aus, wir sind nicht daheim."
Wirt: "Mahlzeit, die Herrschaften! Oh, ein kleines Malheur! Gisela! Serviette!
Dafür gibt es doch Gott sei Dank Persil!"
"Zwischen halb und acht", so der Titel dieser ersten Werbesendung des deutschen Fernsehens. Der Sendeplatz vor Beginn des Abendprogramms wurde ab dem
3. November 1956 im Bayerischen Fernsehen zum Schaufenster der bundesrepublikanischen Warenwelt. Neben Wasch- und Putzmitteln wurden Getränke, Parfums und Elektrogeräte beworben, die kurzen Reklamefilme illustrierten die Lebensbereiche Haushalt, Reise und Freizeit.
Seitdem hat sich nur scheinbar viel geändert im bunten Werbekosmos. Die Persil-Reklame wirkt heute zwar sehr altertümlich - dennoch folgt der Spot Gestaltungsprinzipen, die auch in der heutigen Werbung gültig sind, sagt der Kommunikationswissenschaftler Andrea Parisano:
"Beppo Brem zum Beispiel ist absolut treffsicher besetzt, der spielte ja auch in seinen Fernsehrollen diesen groben, ungelenken Bauern-Typen. Hier stellt er sich auch ungeschickt an - absolut rollenadäquat, muss man da sagen. Und auch die Anmutung, dass man den beiden jenseits der Bühne beim privaten Abendessen zu zweit zuschaut, ist schon clever. Wenn man so will, funktioniert die aktuelle Post-Werbung mit den Gottschalk-Brüdern auch nicht viel anders."
Altmodisch hingegen wirken die Rollenbilder, die in den Werbespots der 50er Jahre vermittelt werden. Das Miteinander schien klar geordnet: Der Mann ist Ernährer und Macher, die Frau sorgte im Haushalt für das Wohlergehen der Familie. Höchstes Glück: wenn der Mann von der Arbeit nach Hause kommt und die Wohnung blitzblank vorfindet - so wie in dieser Reklame für ein Bodenpflege-Mittel:
Frau pfeift und schrubbt den Fußboden.
Mann: "Nanu, so vergnügt, und das beim Hausputz?"
Frau: "Ja, mit dem Fußboden bin ich gleich fertig. Ist der nicht schön sauber?"
Mann: "Na, und ob. Das liegt wohl an Sigella? Sigella wird bei uns im Betrieb auch immer genommen."
Frau: "Sigella schafft beides - Glanz und Sauberkeit. Eine Wohltat für uns Hausfrauen!"
Mann: "Hausputz mit guter Laune. Eine Wohltat für uns Männer!"
Fraglich allerdings, inwieweit man von solchen Darstellungen des Familienlebens auf die bundesrepublikanische Realität der Nachkriegszeit schließen kann. Andrea Parisano bezweifelt, dass die Werbespots der 50er Jahre ein verlässliches Indiz sein können für Muff und Restauration der Nachkriegszeit:
"Diese Spots sind erstmal Fiktion, also erfunden, um einen Artikel zu verkaufen, und nicht, um gesellschaftliche Verhältnisse zu zeigen. Dann werden in den Spots Situationen und Muster stilisiert. Heute hat man das auch noch, wenn ich da an den Spot für einen Kaffee denke: da wirbelt eine Frau, eine Rechtsanwältin den ganzen Tag im Gericht, nach Der Arbeit macht sie Sport, dann geht sie mit Freunden schick aus, und der Abend klingt dann aus, indem sie in ihrem Designer-Penthouse auf dem Sofa sitzt. Hier würde auch niemand sagen: Das ist jetzt gesellschaftliche Realität zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Und genau so muss man die Spots der 50er Jahre auch lesen."
Denn das Bild von der intakten Familie war für etliche Menschen der Nachkriegszeit ein Wunschtraum: Viele Männer kamen nicht oder schwer verletzt aus dem Krieg nach Hause. Im Vergleich zu heute waren Lebensmittel sehr kostspielig, Essen und Trinken machten mehr als ein Drittel des durchschnittlichen Haushaltseinkommens aus. Das erklärt auch die ausufernde Werbung für preiswerte Ersatzartikel wie Margarine.
Die schillernde Bilderwelt der Werbung ist da nur Wunschprojektion für verschüttete Träume. Träume allerdings, mit denen man gut Geschäfte machen kann - denn aus der Fernsehwerbung, dem Lückenfüller von einst, ist längst ein Wirtschaftszweig geworden. Für jährlich rund vier Milliarden Euro buchen Unternehmen Werbezeit im Fernsehen. Ohne diesen Geldsegen wäre die Entwicklung des Privatfernsehens nicht möglich gewesen, denn die Privaten finanzieren sich ausschließlich über Werbe-Einnahmen.
Liesl Karlstadt: "Da schau her, was d’ wieder gemacht hast. Also, Du bist doch a richtiger Dreck..."
Beppo Brehm: "Sprich’s nicht aus, wir sind nicht daheim."
Wirt: "Mahlzeit, die Herrschaften! Oh, ein kleines Malheur! Gisela! Serviette!
Dafür gibt es doch Gott sei Dank Persil!"
"Zwischen halb und acht", so der Titel dieser ersten Werbesendung des deutschen Fernsehens. Der Sendeplatz vor Beginn des Abendprogramms wurde ab dem
3. November 1956 im Bayerischen Fernsehen zum Schaufenster der bundesrepublikanischen Warenwelt. Neben Wasch- und Putzmitteln wurden Getränke, Parfums und Elektrogeräte beworben, die kurzen Reklamefilme illustrierten die Lebensbereiche Haushalt, Reise und Freizeit.
Seitdem hat sich nur scheinbar viel geändert im bunten Werbekosmos. Die Persil-Reklame wirkt heute zwar sehr altertümlich - dennoch folgt der Spot Gestaltungsprinzipen, die auch in der heutigen Werbung gültig sind, sagt der Kommunikationswissenschaftler Andrea Parisano:
"Beppo Brem zum Beispiel ist absolut treffsicher besetzt, der spielte ja auch in seinen Fernsehrollen diesen groben, ungelenken Bauern-Typen. Hier stellt er sich auch ungeschickt an - absolut rollenadäquat, muss man da sagen. Und auch die Anmutung, dass man den beiden jenseits der Bühne beim privaten Abendessen zu zweit zuschaut, ist schon clever. Wenn man so will, funktioniert die aktuelle Post-Werbung mit den Gottschalk-Brüdern auch nicht viel anders."
Altmodisch hingegen wirken die Rollenbilder, die in den Werbespots der 50er Jahre vermittelt werden. Das Miteinander schien klar geordnet: Der Mann ist Ernährer und Macher, die Frau sorgte im Haushalt für das Wohlergehen der Familie. Höchstes Glück: wenn der Mann von der Arbeit nach Hause kommt und die Wohnung blitzblank vorfindet - so wie in dieser Reklame für ein Bodenpflege-Mittel:
Frau pfeift und schrubbt den Fußboden.
Mann: "Nanu, so vergnügt, und das beim Hausputz?"
Frau: "Ja, mit dem Fußboden bin ich gleich fertig. Ist der nicht schön sauber?"
Mann: "Na, und ob. Das liegt wohl an Sigella? Sigella wird bei uns im Betrieb auch immer genommen."
Frau: "Sigella schafft beides - Glanz und Sauberkeit. Eine Wohltat für uns Hausfrauen!"
Mann: "Hausputz mit guter Laune. Eine Wohltat für uns Männer!"
Fraglich allerdings, inwieweit man von solchen Darstellungen des Familienlebens auf die bundesrepublikanische Realität der Nachkriegszeit schließen kann. Andrea Parisano bezweifelt, dass die Werbespots der 50er Jahre ein verlässliches Indiz sein können für Muff und Restauration der Nachkriegszeit:
"Diese Spots sind erstmal Fiktion, also erfunden, um einen Artikel zu verkaufen, und nicht, um gesellschaftliche Verhältnisse zu zeigen. Dann werden in den Spots Situationen und Muster stilisiert. Heute hat man das auch noch, wenn ich da an den Spot für einen Kaffee denke: da wirbelt eine Frau, eine Rechtsanwältin den ganzen Tag im Gericht, nach Der Arbeit macht sie Sport, dann geht sie mit Freunden schick aus, und der Abend klingt dann aus, indem sie in ihrem Designer-Penthouse auf dem Sofa sitzt. Hier würde auch niemand sagen: Das ist jetzt gesellschaftliche Realität zu Beginn des 21. Jahrhunderts. Und genau so muss man die Spots der 50er Jahre auch lesen."
Denn das Bild von der intakten Familie war für etliche Menschen der Nachkriegszeit ein Wunschtraum: Viele Männer kamen nicht oder schwer verletzt aus dem Krieg nach Hause. Im Vergleich zu heute waren Lebensmittel sehr kostspielig, Essen und Trinken machten mehr als ein Drittel des durchschnittlichen Haushaltseinkommens aus. Das erklärt auch die ausufernde Werbung für preiswerte Ersatzartikel wie Margarine.
Die schillernde Bilderwelt der Werbung ist da nur Wunschprojektion für verschüttete Träume. Träume allerdings, mit denen man gut Geschäfte machen kann - denn aus der Fernsehwerbung, dem Lückenfüller von einst, ist längst ein Wirtschaftszweig geworden. Für jährlich rund vier Milliarden Euro buchen Unternehmen Werbezeit im Fernsehen. Ohne diesen Geldsegen wäre die Entwicklung des Privatfernsehens nicht möglich gewesen, denn die Privaten finanzieren sich ausschließlich über Werbe-Einnahmen.