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Alte Seuche, neue Probleme

Die Tuberkulose ist eine der gefährlichsten Infektionskrankheiten. Ein Drittel der Weltbevölkerung ist infiziert. In Deutschland ist die Situation nicht ganz so dramatisch. Hier wird die Tuberkulose ganz langsam seltener. Das zeigen neue Zahlen, die das Robert-Koch-Institut in Berlin vorstellte: 2007 mussten 350 Menschen weniger als im Vorjahr behandelt werden. Das bedeutet aber nicht, dass die Tuberkulose in Deutschland besiegt ist.

Von Volkart Wildermuth |
    Der Trend ist klar und er ist stabil. Seit Jahren ist die Tuberkulose in Deutschland ganz, ganz langsam auf dem Rückzug. Im Durchschnitt erkranken nur etwa sechs Menschen unter 100.000 Einwohnern an der Krankheit. Es gibt aber Ausnahmen, Regionen und Gruppen, in denen sich der Tuberkuloseerreger zäh festsetzt, sogar an Boden gewinnt. Beispiel Großstädte. Die Infektionsraten in Hamburg, Bremen, Berlin, Frankfurt sind deutlich höher als in den Flächenstaaten. Dafür gibt es zwei Gründe, meint Prof. Robert Loddenkemper, Vorsitzender des Deutschen Zentralkomitees zur Bekämpfung der Tuberkulose. Der eine: Gerade die Großstädte ziehen Menschen aus anderen Ländern an.

    "Die Tuberkulose ist durchaus eine Krankheit die per Reise, durch Einwanderung und so weiter übertragbar ist, das heißt, die Situation weltweit hat unmittelbaren Einfluss auch auf Deutschland."

    Besonders aus Osteuropa und Zentralasien kommen Menschen mit einer Tuberkulose hierher. Die Bakterien sind häufig auch besonders schwer zu behandeln, weil in diesen Ländern die multiresistente Tuberkulose verbreitet ist. Um diesem Bakterien-Import gegenzusteuern, unterstützen deutsche Forscher aktiv ihre Kollegen in Russland, in den baltischen Staaten, in Kasachstan, Usbekistan, Armenien. Nach wie vor tritt aber die Mehrzahl der deutschen Tuberkulosefälle unter gebürtigen Deutschen auf. Auch hier sind Großstädte besonders betroffen - und das liegt vor allem am Geld, beziehungsweise am Fehlen desselben.

    "Tuberkulose ist in erster Linie eine soziale Krankheit. Wir haben das auch kürzlich auch für Berlin zeigen können, wo also in bestimmten Bezirken, die einen schlechteren sozialen Index haben auch die Tuberkulsoe-Inzidenz dann wesentlich höher ist."

    Arme Menschen überlegen es sich zweimal, ob sie wegen eines andauernden Hustens zum Arzt gehen und die Praxisgebühr entrichten. So werden sie zu spät diagnostiziert, sie brechen die langwierige Therapie auch häufiger vorzeitig ab. Dabei spielen sicher die Medikamentenzuzahlungen eine Rolle. Späte Diagnose und unzureichende Therapie erleichtern dem Tuberkelbazillus die Ausbreitung. Besonders gefährdet sind ältere Menschen. Bei ihnen nimmt die Zahl der Tuberkuloseerkrankungen leicht zu. Den Grund erläutert Dr. Barbara Hauer, ebenfalls vom Deutschen Zentralkomitee zur Bekämpfung der Tuberkulose.

    "In Deutschland, zumindest bei der deutschen Bevölkerung, ist es so, dass sich viele alte Menschen vor vielen, vielen Jahren in der Nachkriegszeit mit dem Tuberkulosebakterium infiziert haben. Das schlummert im Körper, und wenn sie dann alt, gebrechlich sind, Begleiterkrankungen haben, dann kann die Tuberkulose wieder ausbrechen."

    Der Tuberkuloseerreger muss beständig vom Immunsystem in Schach gehalten werden. Dessen Kraft lässt im Alter aber nach. Ein weiteres Problem sind Krankheiten wie Rheuma, Morbus Chron oder Schuppenflechte.

    "Die Rheumapatienten sind ein gutes Beispiel, weil die mit Medikamenten behandelt werden, die TNA-Alpha-Blocker, wo wir wissen, dass eine Tuberkulose häufiger reaktiviert, weil die Medikamente genau an dem Immunmechanismus angreifen, der hilft, die Tuberkuloseerreger langfristig in Schach zu halten."

    Dadurch können aber schlummernde Tuberkuloseerreger eine zweite Chance erhalten. Dabei treten bei älteren Patienten häufig untypische Beschwerden auf, etwa Harnwegsinfektionen, die nur wenige Ärzte mit einer Tuberkulose in Verdingung bringen. Trotz der sinkenden Tuberkulosezahlen ist es entscheidend, dass die Mediziner diese Krankheit zumindest im Hinterkopf behalten. Sonst kann sich der Erreger aus den Risikogruppen schnell wieder in die Allgemeinbevölkerung ausbreiten.