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Alte Waffe, neues Ziel

Medizin. - In Afrika stirbt alle 45 Sekunden ein Kind an Malaria, schätzt die Weltgesundheitsorganisation WHO. Medikamente zur Malaria-Prophylaxe gibt es schon lange, aber sie sind teuer und haben schwere Nebenwirkungen. Forscher wissen schon länger, dass auch Antibiotika gegen Malaria-Erreger wirken. Dass sie auch dem Körper helfen, gegen den Malariaerregers immun zu werden, steht heute in "Science Translational Medicine".

Von Marieke Degen |
    Das Antibiotikum Azithromycin ist seit Jahrzehnten auf dem Markt. Millionen Menschen haben es schon geschluckt.

    "Dieses Azithromycin wird gegen Mittelohrentzündung verwendet oder gegen ambulant erworbene Lungenentzündungen. Also Krankheiten, die sehr häufig vorkommen, und dadurch weiß man auch, dass diese Medikamente sehr sicher sind und Schwangeren und kleinen Kindern auch verabreicht werden können."

    Johannes Friesen ist Mediziner, er forscht am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin. Mit Antibiotika wie Azithromycin bekämpft man eigentlich Bakterien. Das Medikament kann aber auch Malaria-Erreger in Schach halten, einzellige Parasiten der Gattung Plasmodium. Und nicht nur das: Das Antibiotikum hilft dem Körper dabei, einen Immunschutz gegen den Erreger aufzubauen. Das haben Johannes Friesen und sein Team gezeigt – an Labormäusen, die mit dem Erreger der Mäuse-Malaria infiziert waren.

    "Die Erreger haben wir zum einen direkt in die Blutbahn gespritzt, und in anderen Versuchen haben wir infizierte Moskitos verwendet, haben die Mäuse narkotisiert, haben die Moskitos auf die Mäuse gesetzt und die Mäuse wurden so durch die Moskitos infiziert."

    Der Parasit wandert zunächst in die Leber, wo er sich rasant vermehrt. Dieses Stadium heißt Leberstadium. Anschließend dringt er zurück in die Blutbahn und befällt die roten Blutkörperchen. Dieses Blutstadium ist das eigentlich gefährliche, erst dann bricht die Krankheit aus. Die Mäuse sterben nach ein paar Tagen. Doch diesmal hatten die Forscher den Mäusen direkt nach dem Moskitostich das Antibiotikum gespritzt. Das Ergebnis, so Friesen:

    "Wir haben bei den Tieren gar nichts beobachtet, die sind frei von Blutstadieninfektionen geblieben und blieben gesund."

    Denn die Antibiotika konnten den Erreger gezielt angreifen:

    "Es ist so, dass die Erreger ein bestimmtes Organell beinhalten, das aus Bakterien stammt, und die Antibiotika können gezielt gegen das Organell eingesetzt werden, genauso wie Antibiotika auch gegen Bakterien wirken."

    Dieses Organell regelt die Stoffwechselvorgänge im Erreger. Wenn es nicht mehr funktioniert, wird der ganze Erreger geschwächt. Die Antibiotika haben die Infektion aber nicht ganz verhindert, sondern nur auf halbem Weg gestoppt. Die Erreger sind bis in die Leber gewandert und haben sich dort auch vermehrt, aber dann war Schluss. Zurück ins Blut haben sie es nicht mehr geschafft. Dass der Erreger im Leberstadium steckengeblieben ist, hatte gleich zwei Vorteile. Erstens: Die Krankheitssymptome sind ausgeblieben. Zweitens: das Immunsystem der Mäuse konnte genügend Abwehrzellen gegen den Erreger bilden. Friesen:

    "Da wir durch die Prophylaxe das Blutstadium verhindern, hat das Immunsystem Zeit, sich mit dem Erreger im Leberstadium zu beschäftigen und diese Erreger auch abzuräumen."

    Die Mäuse waren anschließend immun gegen den Malaria-Erreger. Auch bei Menschen könnte diese Antibiotika-Prophylaxe funktionieren: Das Medikament wirkt auch gegen Plasmodium falciparum, den Hauptauslöser der Malaria beim Menschen. Das Antibiotikum könnte in Malaria-Gebieten eingesetzt werden, vor allem um Kinder langfristig zu schützen. Eine wirklich wirksame Impfung gegen Malaria gibt es nämlich noch nicht.

    "Der große Vorteil gegenüber der Impfung wäre wahrscheinlich, dass wir keine Nadeln verwenden müssen, und bei Kindern ist es sowieso problematisch, Impfungen mit Nadeln zu verabreichen, und mit Antibiotika ist das eine ganz simple Sache und ich glaube die Bereitschaft, eine Tablette zu nehmen, ist dann relativ groß."

    Johannes Friesen geht nicht davon aus, dass die Malaria-Erreger resistent gegen das Antibiotikum werden könnten. Denn die Medikamente würden nur phasenweise eingenommen, zum Beispiel in der Regenzeit. Die Forscher planen jetzt Studien mit Menschen. Wenn alles gut geht, könnten sie die Antibiotikaprophylaxe schon im nächsten Jahr einsetzen, bei Kindern in Burkina Faso.