Eigentlich war es für heute geplant. Der Vorstand des "Weckrufs", des liberalen Vereins innerhalb der AfD wollte verkünden, wie viele seiner Mitglieder sich für einen Austritt aus der AfD und eine Parteineugründung aussprechen. Doch bereits gestern Nachmittag sickerten erste Zahlen durch. Bis zu diesem Zeitpunkt hatten etwa 2.000 der rund 4.000 "Weckruf"-Mitglieder an der Befragung teilgenommen. Rund dreiviertel sprachen sich für Austritt und Neugründung aus. Doch diese Nachricht rückte schnell in den Hintergrund, als etwa zur gleichen Zeit Ex-AfD-Chef Bernd Lucke in Straßburg erklärte:
"Sie wissen,es ist keine leichte Stunde für mich. Ich möchte Sie darüber informieren, dass ich mich entschieden habe, am Freitag, also am 10.07.2015, aus der Alternative für Deutschland auszutreten."
Lucke räumte ein, zu spät erkannt zu haben, wie stark die rechten Kräfte innerhalb der Alternative für Deutschland geworden seien.
"Jetzt aber ist die Partei unwiederbringlich in falsche Hände geraten."
"Jetzt aber ist die Partei unwiederbringlich in falsche Hände geraten."
Gefragt, ob es zur Gründung einer neuen Partei kommen werde, sagte er:
"Wir wissen im Augenblick von namentlich mindestens 2.000 Mitgliedern, die die AfD verlassen haben. Es werden wahrscheinlich jetzt noch sehr, sehr viele folgen in den nächsten Tagen. Und je mehr Mitglieder austreten aus der AfD, desto wahrscheinlicher wird es, dass auch eine Partei-Neugründung ins Auge fassen."
Alexander Gauland, der brandenburgische Landeschef, der ebenso wie die neue Parteichefin Frauke Petry dem nationalkonservativen Flügel der Partei angehört, sagte im Morgenmagazin, die Partei könne den Austritt einiger "Weckruf"-Mitglieder verschmerzen:
"Es wird eine Delle, es wird einen gewissen Einbruch geben bei den Wahlen. Aber es hat auch einen Vorteil, dass die Partei jetzt geschlossener auftritt. Und von daher kann es auch positive Effekte haben."
Petry: "Ich fürchte mich mitnichten vor einer neuen Partei"
Frauke Petry, die Lucke am vergangenen Samstag auf dem Parteitag in Essen als Parteichefin abgelöst hat, wirbt zwar um die liberalen Mitglieder, sieht gleichzeitig eine mögliche neue Partei als Konkurrenz gelassen:
"Ich fürchte mich vor einer neuen Partei mitnichten, freue mich auf den Diskurs und glaube, dass diejenigen die besseren Karten haben, die ein breit aufgestelltes Programm haben und alle Bürger ansprechen."
Ganz so leicht werde es für die Post-Lucke-AfD aber doch nicht, erläuterte der Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann im Deutschlandfunk. Die Aufritte der liberalen Mitglieder schadeten ihr sehr wohl:
"Die AfD ist damit tatsächlich schwer sozusagen amputiert. Ob sie das als Partei überlebt, ist die Frage. Natürlich - sie hat starke Positionen: In Brandenburg ist sie mit zwölf Prozent in den Landtag gewählt worden. Sie wird das nicht so schnell aufgeben. Ob sie aber bei den nächsten Bundestagswahlen eine Chance hat, in den Bundestag zu kommen, das werde ich stark bezweifeln."
Morgen wird Petry mit ihren neuen Vorstandskollegen zu ihrer konstituierenden Sitzung zusammenkommen und danach erklären, wie sie sich die inhaltliche Ausrichtung der AfD für die Zukunft vorstellt.