Er sollte die Klärung bringen, der Parteitag der Alternative für Deutschland in Kassel Mitte Juni. Nach wochen- und monatelangem öffentlich ausgetragenen Streit endlich eine Antwort geben auf die Frage, wer führt die Partei zukünftig? Und in welche Richtung?
Ende Januar, auf dem letzten Parteitag, hatten die Mitglieder mit knapper Zweidrittelmehrheit entschieden, dass es zukünftig nur noch einen Parteichef statt bisher drei gleichberechtigte Sprecher geben sollte. Hoffnungen, die Partei zukünftig alleine zu führen, machte sich Bernd Lucke, der Gründer, der Wirtschaftsliberale, der auf die Verschlankung der Parteispitze gedrängt hatte.
Auch Frauke Petry wollte kandidieren
Aber auch seine größte Widersacherin, Frauke Petry, die dem nationalkonservativen Flügel angehört, Luckes Co-Sprecherin ist und Landeschefin in Sachsen, hatte ihren Hut in den Ring geworfen, nachdem sie länger gezögert hatte, in dieser Frage Farbe zu bekennen.
"Ich stehe weiter für den Vorstand zur Verfügung. An welcher Position ist am Ende nicht entscheidend, weil wir die verschiedenen politischen Kräfte innerhalb des Vorstands bündeln müssen, damit er insgesamt in der Lage ist, die Partei zu repräsentieren."
Allerdings stellte sie Mitte Mai die Ein-Parteichef-Lösung, für die Lucke sein ganzes politisches Gewicht in die Waagschale geworfen hatte – und die sie nie haben wollte, offen in Frage:
"Die Frage ist, wie der Kassler Parteitag, überhaupt über die Führungsspitze entscheidet. Sie wissen, dass der Satzungskompromiss aus Bremen noch relativ jung ist. Und ich wage heute noch nicht zu sagen, ob wir am Ende wirklich eine Einerspitze wählen oder eine Mehrfachspitze."
In Kassel sollte auch über die Reform entschieden werden
Nur wenige Tage später erhielt sie Schützenhilfe vom Parteivorstand, der die Satzungsreform noch einmal in Kassel zum Thema machen wollte. Zugleich missbilligte der Vorstand Luckes initiative "Weckruf 2015". Der sich bislang rund 3.000 der 21.000 Parteimitlieder angeschlossen haben. Und die seine Gegner als Vorbereitung deuten, mit seinen Anhängern die Partei verlassen zu wollen. Lucke selbst sieht den Weckruf nicht als Spaltinstrument, aber als Warnung gegen einen Rechtsruck der Partei. Über seine eigene Zukunft sagt er:
"Ich stehe der so lange zur Verfügung wie die Partei der Auffassung ist, dass ich sie gut vertreten kann. Und ich stehe der Partei natürlich dann zur Verfügung, wenn die Partei auch inhaltlich und vom Stil der politischen Auseinandersetzung das vertritt, was ich persönlich verkörpere."
Widerstand gegen Lucke
Eine weitere Zusammenarbeit mit Petry schließt er aus. Sie mit ihm. Und vor allem aus dem nationalkonservativen Lager mehren sich die Stimmen, es müsse auch ohne Lucke gehen. Zuletzt sagte Alexander Gauland, der brandenburgische Landeschef aus dem Petry-Lager am Wochenende auf dem Landesparteitag in Hessen: "Wir brauchen den liberalen Flügel, aber ohne Lucke."
Die entscheidende Rolle bei der Wahl der neuen Parteispitze hätten die Delegierten auf dem Parteitag in Kassel gespielt. Vor allem der Petry-Flügel hatte es geschafft, viele eigene Leute zu ernennen. Das Bundesschiedsgericht der Partei hat allerdings große Bedenken bezüglich der Rechtmäßigkeit der Delegierten-Wahl in mehreren Landesverbänden. Unter anderem in Nordrhein-Westfalen, dem größten Landesverband. Das hätte die Beschlüsse des Kassler-Parteitags gefährden können. Also beschloss der Vorstand, den Parteitag in zwei Wochen abzusagen.
Gut möglicherweise für Bernd Lucke, der bei der Basis noch beliebter zu sein scheint als bei den Delegierten, weshalb er sich zuletzt wieder für Mitgliederparteitage stark gemacht hatte. Gerade überlegt die Partei, Ende Juni einen außerordentlichen Mitgliederparteitag einzuberufen.