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Alternative für Deutschland
Kritik an Luckes Führungsstil

Die Mitglieder der Alternative für Deutschland (AfD) klagen über zu wenig Basisdemokratie in ihrer Partei. Die Landesverbände möchten ihren Einfluss vergrößern. Auch um die Inhalte des Parteiprogramms wird gerungen.

Von Wolfram Stahl |
    AfD-Chef Lucke spricht auf dem Bundesparteitag in Aschaffenburg an einem Rednerpult, im Hintergrund ist das Logo der Alternative für Deutschland auf blauem Grund sichtbar
    AfD-Chef Lucke spricht auf dem Bundesparteitag in Aschaffenburg (picture-alliance / dpa / David Ebener)
    Vor einem Jahr war die Laune noch bestens. Im Februar 2013 hatte sich die Alternative für Deutschland gerade als Partei gegründet. Pressesprecherin Dagmar Metzger begrüßte damals freudig die Journalisten.
    "Ja, ich darf Sie alle ganz herzlich begrüßen. Wir freuen uns natürlich sehr, dass das Interesse so groß ist."
    Anfang dieses Monats hat Metzger ihr Amt als Sprecherin der AfD niedergelegt. Rechte Tendenzen, religiöser Konservatismus und Homophobie haben davor auch schon andere aus der Partei vertrieben. Beim Europaparteitag Ende Januar versuchte der Bundesvorsitzende Bernd Lucke die schon existierenden Spannungen noch kleinzureden.
    "Nein, es wird nicht gestritten werden. Tut mir Leid, wenn ich Ihre Hoffnungen enttäusche, aber es wird nicht gestritten werden."
    Tatsache ist, dass es in der Partei schon seit Längerem brodelt. Vom stellvertretenden Bundesvorstand Alexander Gauland wird dies sehr wohl wahrgenommen.
    "Es sind nicht alle Dinge so wie man sie gern hätte."
    Zu große Machtkonzentration auf Bundesebene
    Dazu gehört auch, dass die AfD nicht nur aus Bernd Lucke, sondern aus etwa 18.000 Mitgliedern besteht. Eine One-Man-Show reicht auf Dauer nicht, sagt Jörg Himmelreich, Vorstandsmitglied im NRW-Landesverband.
    "Wir müssen natürlich langfristig sehen, wie wir neben Herrn Lucke auch weitere Personen bundespolitisch bekannt machen."
    Neben umstrittenen religiösen und moralischen Werten sowie der ideologischen Ausrichtung der AfD ist die Macht der Parteispitze ein weiterer Zankapfel. Der bayerische und der nordrhein-westfälische Landesverband wehren sich gegen eine zu große Machtkonzentration auf der Führungsebene. Basisdemokratie und Mitsprache müssen in der künftigen Satzung verankert sein, sagt der in NRW für Programmatik zuständige Landesvorstand Jörg Himmelreich.
    "Die Landesverbände müssen auch, glaube ich, jetzt darauf achten, dass sie entsprechend ihrer Mitgliederstärke mit in diese jeweiligen Entscheidungsprozesse, was die Programmatik anbelangt, was die Satzung anbelangt, mit einbezogen werden. Ich glaube, das ist eine große Chance, auch den Mitgliedern das Gefühl zu geben, dass sie in ihrer ganzen Breite mit gehört werden."
    Himmelreich und viele andere Mitglieder wollen keine Bevormundung und auch keine uneingeschränkte Machtfülle der Parteispitze. Diese Kritik an dem ausgearbeiteten Satzungsentwurf ist jedoch für Gauland nicht nachvollziehbar.
    "Die Landesverbände haben alle in dem Konvent gesessen, und diese Konventsformulierung ist eine Kompromissformulierung zwischen allen Beteiligten, die dabei waren und die dem zugestimmt haben."
    Friedensgespräche mit dem Parteivorstand
    Trotzdem fühlen sich Landesverbände vom Bundesvorstand überfahren. Um einem eskalierenden Satzungsstreit vor dem Bundesparteitag am übernächsten Wochenende in Erfurt vorzubauen, sollen am Dienstag kommender Woche in Frankfurt Friedensgespräche mit dem Parteivorstand stattfinden.
    "Es kann natürlich immer noch sein, dass Bernd Lucke in einer großen Rede theoretisch seine Vorstellungen auf dem Parteitag durchsetzt. Das weiß ich nicht. Und ich weiß auch nicht, inwiefern die Unzufriedenheit auf die Parteibasis, sagen wir in Nordrhein-Westfalen oder Bayern, durchgeschlagen hat. Das muss man sehen. Ich wäre aber dagegen, das auszuprobieren, weil das einen Parteitag auch schwächt, und wäre dafür, dass, wenn man keinen Kompromiss findet, das dann verschiebt."
    Der vom Vorstand favorisierte Satzungsentwurf sähe beispielsweise vor, dass die Führung das Parteiprogramm bestimmt. Kritiker monieren, dass die Basisdemokratie eigentlich zur Grundausrichtung der AfD gehört, was die Partei für viele heutige Mitglieder überhaupt erst charmant gemacht hat. Auch deshalb sollte die Abstimmung über die drei unterschiedlichen Satzungsentwürfe kein Schnellschuss werden, mahnt Himmelreich.
    "Das ist immer sozusagen das Dilemma, dass Demokratie viel Zeit kostet. Die Satzung ist ja so eine Art Verfassung der Partei, die man nicht von heute auf morgen mit der heißen Nadel stricken sollte."
    Der von Bernd Lucke und der Parteiführung favorisierte Entwurf sähe außerdem vor, dass nicht der Bundesparteitag, sondern ein kleiner Konvent und der Bundesvorstand die höchsten Entscheidungsgremien sind. Gauland sieht hier durchaus Chancen für einen Kompromiss.
    "Man kann über die Austarierung des Konvents bestimmt reden, und man kann in der Tat noch bestimmte Aufgaben dem Konvent zuweisen. Es kann nur nicht sein, dass wir zwei Entscheidungsgremien haben, die gegeneinander arbeiten, das funktioniert in einer Partei nie."
    Weniger Lucke, dafür mehr Einfluss für die Mitglieder?
    An dem von Lucke bevorzugten Entwurf gibt es aber noch einen weiteren Kritikpunkt. Die Fachausschüsse sollen durch Expertenausschüsse ergänzt werden. Da der Bundesvorstand aber die ihn beratenden Personen selbst ernennen möchte, würde dies ebenfalls eine Entmachtung der Mitglieder bedeuten. Einige Landesverbände fordern deshalb insgesamt weniger Lucke, dafür mehr Einfluss für die Mitglieder.
    "Also weniger Lucke ist eine sehr problematische Formulierung, denn, wenn die Partei so weit gekommen ist, wie sie bis jetzt gekommen ist, dann verdankt sie das in großen Teilen Bernd Lucke. Weniger Lucke würde ich nicht akzeptieren."
    Unabhängig von Organisation und Satzung der Partei ist allen führenden Köpfen der AfD jedoch klar, dass man auf Dauer mit Europa- und Euro-Kritik keine Wahlen gewinnen wird. Was das Parteiprogramm alles umfassen soll, ist allerdings noch ungewiss. Jörg Himmelreich und viele andere plädieren jedenfalls dafür, dass zum künftigen Parteiprogramm unbedingt auch nationale und gesellschaftliche Werte gehören müssen.
    "Mehr Rechtsstaatlichkeit, zweiter wichtiger Punkt ist natürlich auch die Frage der Familienpolitik."