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Alternative für Deutschland
Streit um die rechte Grenze

In der AfD ist ein Richtungsstreit entbrannt: Partei-Chef Bernd Lucke will die rechtsnationalen Mitglieder loswerden. Alexander Gauland und Frauke Petry, Gallionsfiguren des nationalkonservativen Flügels, wollen die Partei weiter nach rechts öffnen. Eine Zerreißprobe.

Von Nadine Lindner | 18.05.2015
    Leinwand mit dem Logo der AfD und einem Bild der Videoübertragung der Rede von Bernd Lucke.
    Wohin steuert die AfD? Und wie sehr belastet der Richtungsstreit an der Spitze die Basis der Partei? (dpa / Joerg Sarbach)
    Dresden, Kongresszentrum am Samstagvormittag. Die Gäste der Demokratie-Tagung finden sich langsam ein.
    Der Pressesprecher der AfD-Fraktion in Sachsen, Andreas Harlaß, verfügt über die erstaunliche Fähigkeit, trotz schlechter Nachrichten extrem gute Laune zu verbreiten. Scherzt ausgelassen mit Gästen und Journalisten.
    Wohin steuert die AfD? Und wie sehr belastet der Richtungsstreit an der Spitze die Basis der Partei?
    Es sind diese Fragen, die sich – wieder einmal – bei den Eurokritikern stellen.
    Eigentlich wollte die AfD mit ihren Mitgliedern darüber debattieren, "wie viel direkte Demokratie wir brauchen." Eingeladen hatte die sächsische Landtagsfraktion. In ihrer Eröffnungsrede klammert die sächsische Landesvorsitzende den Führungsstreit jedoch weitgehend aus.
    Und trifft damit überwiegend den Nerv der Teilnehmer, unter denen auch viele Nicht-Mitglieder waren, die das Thema Richtungsstreit eigentlich nicht mehr hören wollen. Es sei doch alles nur von den Medien aufgebauscht.
    "Es hat noch jede neue Partei eine solche Phase durchmachen müssen und wir sind da keine Ausnahme."
    Einzelne Mitglieder, wie dieser Herr aus dem Landesverband Nordrhein-Westfalen fordern sogar, dass die AfD nach rechts noch anschlussfähiger sein solle:
    "Und insofern halte ich es für notwendig, dass die AfD sich nicht verengt in der Programmatik, um auch die mitzunehmen, die in der schrecklichen rechten Ecke ihr Leben fristen. Nicht, dass jeder Kampfstiefelträger und Glatzkopf da integrieret werden müsse. Das ist vielleicht auch gar nicht möglich. Die Leute, die sich nirgendwo anders zu Hause fühlen, die auch bei Pegida mitgelaufen sind, die brauchen eine ernst zu nehmende anständige demokratische politische Heimat."
    In den Demokratie-Kongress hinein platzt dann die Meldung des "Spiegel": Hans-Olaf Henkel, ein Vertrauter von Parteichef Bernd Lucke hatte gefordert, die Partei von "diesen Elementen zu säubern". Namen nannte Henkel nicht, aber es war klar, wen er meinte. Neben Alexander Gauland auch Frauke Petry.
    Erneut muss die AfD ihr Verhältnis zum Rechtsextremismus klären
    Die reagierte schmallippig:
    "Ich werde das nicht kommentieren. Warum? Das ist unter meinem Niveau."
    Die Mitvorsitzende Petry hält einen Parteiaustritt Luckes durchaus für möglich. "Sollte Lucke ausscheiden, werde ich weiter für das Projekt AfD kämpfen", legte sie in der "Frankfurter Allgmeinen Sonntagszeitung" noch einmal nach.
    Rund 450 Teilnehmer waren der Einladung des sächsischen Landesverbandes gefolgt. Darunter waren auch zahlreiche Vertreter anderer Landesverbände wie der Petry-Vertraute Marcus Pretzell, Vorsitzender in Nordrhein-Westfalen. Das konnte auch als Machtdemonstration im Führungsstreit mit Bernd Lucke verstanden werden. Der war auch eingeladen, kam aber wegen eines privaten Termins nicht.
    Doch der Ärger um den Richtungsstreit ist nicht das Einzige, das die Partei im Moment belastet. Denn wieder einmal muss die AfD ihr Verhältnis zum Rechtsextremismus klären.
    Wie in Sachsen-Anhalt: Dort sitzt das ehemalige DVU-Mitglied Mirko Mokry für die AfD im Landtag. Landeschef André Poggenburg soll laut MDR von der rechtsextremen Vergangenheit Mokrys gewusst haben.
    Hinzu kommt Björn Höcke, Landeschef in Thüringen. Er hatte sich verständnisvoll über NPD-Mitglieder geäußert. Nun hat der Bundesvorstand ein Amtsenthebungsverfahren gegen Höcke eingeleitet.
    Vom Politikprofessor der TU Dresden, Werner Patzelt, der als Referent am Kongress teilnahm, gab es deutliche Worte:
    "Ja natürlich hat die AfD hier Probleme, denn weitere U-Boote wird es noch geben. Und auch im Spitzenpersonal sind auch nicht alle fähig, taktisch und strategisch klar zu denken. Wer bei der NPD gewesen ist, der ist einer klar verfassungsfeindlichen Partei beigetreten. Dem kann man nicht einen Persil-Schein ausstellen: Wenn du bei uns bist, bist du einer von den guten. Wenn ein Parteiführer eine solche Äußerung tut, dann disqualifiziert er sich für eine Führungsposition."
    Wie schädlich ist der Richtungsstreit und wie offen ist die AfD nach rechts – Es sind immer dieselben Fragen, auf die die Eurokritiker immer noch keine Antwort gefunden haben.