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Alternative Nahrungsquellen
Geröstete Raupen und Heuschrecken am Spieß

Ernährung. - Insekten werden immer stärker als Alternativen für unsere derzeitigen Fleischlieferanten diskutiert. Denn die Züchtung des konventionellen Fleischviehs kostet sehr viel Ressourcen und belastet das Klima. Der Nährwert von Insekten war kürzlich auch auf dem Deutschen Lebensmittelchemiker-Tag in Gießen ein Thema.

Von Volker Mrasek |
    Ein Mann schiebt sich einen Dominowürfel mit Grille
    Grillen auf Schokolade, Wurm-Würstchen oder Tagliatelle mit Madensauce könnten die Delikatessen der Zukunft sein. (picture alliance / dpa)
    Leuchtend bunte Farben, lange Stacheln am ganzen Körper – viele Schmetterlingsraupen schrecken damit Vögel und andere Fressfeinde ab. Den Menschen aber nicht unbedingt. In Angola in Südwestafrika zum Beispiel stehen die Insektenlarven auf dem Speisezettel der einheimischen Bevölkerung. Trotz ihrer unverkennbaren Kratzbürstigkeit.
    "Die werden getrocknet. Die werden zum Teil in Salzwasser gekocht. Oder aber auch geröstet. Und dabei werden diese Stacheln entfernt."
    Anke Förster hat die afrikanischen Raupen zwar nicht gekostet, aber untersucht. Die Lebensmittelchemikerin von der TU Dresden wollte wissen, welche Proteine und Fettsäuren sie enthalten. Ob es essentielle sind. Also solche, die der Mensch benötigt und mit dem Essen aufnehmen muss. Das Ergebnis: Ernährungsphysiologisch liegen die Raupen ganz nahe bei Thunfisch, mit ganz ähnlich zusammengesetzten Fetten ...
    "Was wir als positiv gefunden haben, ist, dass diese Insektenraupen hohe Anteile an mehrfach ungesättigten Fettsäuren enthalten. Und viele der essentiellen Fettsäuren gehören genau in dieses Spektrum rein. Linolsäure, Linolensäure, das sind so die klassischen Vertreter. Gerade Linolsäure."
    Wertvoll wie Seefisch
    Ein ganz ähnliches Bild auch beim Gehalt an Proteinen, die alle aus Aminosäuren aufgebaut sind. Auch da gibt es essenzielle für uns, also "essensnotwendige". Anke Förster:
    "Die Protein-Zusammensetzung ist nicht schlecht. Die Menge an wichtigen Aminosäuren, die wir verzehren müssen, ist auch hier denen der Thunfische ähnlich."
    Die lebensmittelchemischen Untersuchungen sind eingebettet in ein Projekt von Botanikern der TU Dresden mit der Universität Kimpa Vita in Angola. Gemeinsam wollen die Forscher vor Ort einen Botanischen Garten einrichten - unter anderem zum Schutz der Wälder, in denen die Schmetterlingsraupen leben. Sie werden noch viel zu häufig abgeholzt. Dass die Larven ähnlich gesund sind wie Seefisch und durchaus häufiger auf dem Teller der Angolaner landen sollten, hält Anke Förster in dem Zusammenhang für eine nützliche Botschaft:
    "Wenn man den Menschen nahebringt, daß diese Raupen sehr hochwertig sind für sie, daß die also diese Raupen schützen sollten, dann müssen sie automatisch auch deren Lebensraum schützen. Womit man dann ein Argument dafür hat, daß dieser Botanische Garten auch einrichtenswert ist."
    2000 essbare Insektenarten weltweit
    Insekten werden immer stärker als Alternative zum Fleisch von Nutztieren diskutiert. Die Rinderzucht zum Beispiel benötigt enorme Mengen Futterpflanzen. Außerdem produzieren die Wiederkäuer beim Verdauen fortwährend das unerwünschte Treibhausgas Methan. Könnte man Rind- oder auch Schweine- und Hühnerfleisch also durch Insekten ersetzen? Grundsätzlich ja, sagt Arnold van Huis, Professor für tropische Entomologie an der Universität Wageningen in den Niederlanden. Die Forscher dort haben eine Liste erstellt mit Insekten, die weltweit gegessen werden. Es sind um die 2000 Arten.
    "Man kann Insekten viel schneller züchten als Rinder. Das ist in mehrfacher Hinsicht schonender für die Umwelt. Es ist nicht so, daß wir Fleisch vollständig durch Insekten ersetzen wollen, aber wenigstens zum Teil. Sie werden ja auch heute schon in Farmen gezüchtet. In den Niederlanden zum Beispiel gibt es fünfzehn Firmen, die aus Insekten Nahrung für Zoos und Haustiere herstellen. Und drei produzieren bereits Lebensmittel für den Menschen. Aus Mehlwürmern, Grillen und Heuschrecken."
    Forscher des Leibniz-Instituts für Agrartechnik in Potsdam durchforsteten die Fachliteratur kürzlich nach allen verfügbaren Nährstoffanalysen von Insekten. Auf über 200 stießen sie dabei. Demnach enthalten die Tiere oft viel Eisen und Zink – wichtige Spurenelemente. Manche der Insekten liefern auch genauso wertvolles Protein wie Rinder- und Schweinefleisch. Was die Forscher aber auch betonen: Ob der Verzehr von Insekten für uns sicher ist, sei noch nicht hinreichend untersucht. Manche könnten giftig sein oder Allergien auslösen. Und Anke Förster gibt zu bedenken: Wenn die Welt viel mehr Insekten essen soll, bräuchte man große Farmen, um sie zu züchten.
    "Man muss da letzten Endes auch in eine Art Massentierhaltung übergehen. Und ob das dann sowohl vom ethischen als auch vom wirtschaftlichen Standpunkt aus dann wirklich ein Ersatz sein kann, das sei dahingestellt.