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Alternative Streaming-Plattformen
Netflix, Amazon - und dann?

Ein abgründiges Netflix für die Hosentasche, ein Manga-Spezialist für echte Nerds: Neben den großen Streaming-Diensten versuchen sich kleinere Anbieter in Innovation und Spezialisierung auf dem Film- und Serienmarkt. Ein Überblick.

Von Julian Ignatowitsch |
    Ein junger Mann lässt sich eine Seite der Videostreaming-Firma Netflix auf einem Laptop und auf einem Fernsehbildschirm zeigen.
    Welche Alternativen gibt es zu Netflix und Amazon Prime? (dpa / picture alliance / Bernd von Jutrczenka)
    "Get your first pill". Nehme deine erste Pille. Und kurz später liegst du mit zwei wildfremden Menschen nackt im Bett. Schon der Spruch, mit dem der neu in Deutschland verfügbare Streaming-Dienst Blackpills wirbt, hat etwas Anrüchiges, Verbotenes.
    "Let me introduce you to your vagina!"
    Und soll nach dem Geschmack des Anbieters schnell süchtig machen.
    "Do you wanna get undressed or do you wanna suck me first?"
    Dazu setzt Blackpills auf die Themen Horror, Sex und Gewalt. Wie in der Serie "Surrogate", in der wilde Orgien gefeiert werden und eine Psychiaterin mit ihren Patienten schläft.
    "Can't you be a little bit proud of me?" – "Proud of you? You are a fucking hooker!"
    Blackpills ist so etwas wie das abgründige Netflix für die Hosentasche. 24 eigenproduzierte Mini-Serien hat der Streaming-Dienst, der nur als App auf dem Smartphone verfügbar ist, derzeit im Programm. Alles kostenlos. Jede Woche kommt eine neue dazu. Und keine Folge dauert länger als 15 Minuten.
    Vom Konzept hat Blackpills großes Innovationspotenzial. So könnte rasantes Taschenkino für die Generation Y funktionieren: Schick produziert, zugespitzt erzählt, Stars wie James Franco wirken mit, aber bisher sind die Formate vor allem eins: oberflächlich. Und die App ist unübersichtlich, stürzt gerne mal ab. An Inhalt und Technik muss Blackpills noch arbeiten - dann könnte es der nächste große Wurf werden.
    Nur was für richtige Nerds
    Gegen Netflix und Amazon bestehen - wer schafft das überhaupt auf dem Streaming-Markt? Spezialisierung und Nischenbindung helfen manchem Anbieter. So zum Beispiel der On-Demand-Plattform Crunchyroll, die ostasiatische Inhalte in die USA und nach Europa bringt. Animes, Mangas und asiatische Serien und Filme sind bei Crunchyroll abrufbar. Direkt nach der Erstausstrahlung, mit Untertiteln und in bester Auflösung. Für 10 Euro im Monat. Natürlich nur was für die richtigen Nerds, der Durchschnittszuschauer schaltet hier eher weg.
    Fair Streaming, Edel-Trash und Arthouse
    Und auch bei Video-on-Demand entwickeln sich neue Trends. Zum Beispiel Fair Streaming - mit diesem Schlagwort lässt sich der Anbieter Pantaflix von Matthias Schweighöfers Produktionsfirma Pantaleon gut beschreiben. Pantaflix bietet Zuschauern einen deutschen, beziehungsweise europäischen Filmschwerpunkt abseits des Hollywoodkinos - und ist dabei fair für Filmemacher, die 75 Prozent der Einnahmen direkt erhalten. Gezahlt wird hier entsprechend pro Film, wie früher in der Videothek.
    Ansonsten ist bei den kleinen Streaming-Diensten Differenzierung angesagt: Netzkino setzt auf werbefinanzierte, kostenlos abrufbare Edel-Trash-Filme ala "Son of the Dragon" und kooperiert dabei auch mit YouTube.
    Die in den USA relativ neu gestartete Plattform Filmstruck dagegen wendet sich an echte Cineasten und hat von Jean-Luc Godard über Andrei Tarkowski bis hin zu Wim Wenders fast nur Arthouse und Klassiker im Programm. Deutsche Zuschauer müssen sich hier noch gedulden, den Dienst gibt es bislang nur in den USA.
    Experimente mit Potenzial
    Zusammengefasst: Der Zuschauer profitiert von der Ausdifferenzierung im Streaming-Sektor und kleinen Anbietern, denn das Angebot an Filmen und Serien wird immer größer und globaler, wenn auch unübersichtlicher. Experimente mit sehr kurzen Mini-Serien und Smartphone-Watching haben sicher noch Luft nach oben, aber Potenzial. Und: Vorsicht, die Pille "Streaming" macht garantiert süchtig!