"So, also Gänge sind drin. Da fährt der sich wie ein ganz normaler Diesel." Aber was Kraftfahrer Stefan Pratsch hier fast lautlos startet, ist ein Lkw mit Elektroantrieb. Der kann sechs Tonnen Ladung transportieren und beliefert in einem Pilotprojekt Berliner Geschäfte. Das Ziel: Gemeinsam mit der TU Berlin will die Spedition Meyer und Meyer herausfinden, wie sich lange Akku-Ladezeiten und Logistik-Alltag vertragen. Etwa 230 Kilometer schafft der Elektro-Laster mit einer Batterieladung.
"Normalerweise in der Stadt in einer Schicht kommt man gut über den Tag. Wenn das Fahrzeug in zwei Schichten eingesetzt wird, dann muss natürlich in einer Schicht dann der Akkutausch mit eingeplant, disponiert werden."
Leere Akkus gegen volle tauschen
Das ist die Idee dieses Projektes: Die leeren Akkus werden nicht langwierig im Fahrzeug geladen, sondern schnell gegen volle getauscht – in einer Ladestation am Berliner Westhafen. Die beiden je zwei Tonnen schweren Batterien hängen rechts und links am Fahrgestell und nehmen fast den gesamten Raum zwischen Vorder- und Hinterrädern ein. Um die leeren Akkus gegen volle zu tauschen, muss Stefan Pratsch zunächst den leeren Frachtcontainer absetzen. Dann lenkt er sein Fahrzeug rückwärts in eine Leichtbauhalle.
Mit einem Gabelstapler hebt er die leeren Akkus vom Fahrgestell E-Trucks, holt sich aus dem Großladegerät frische und klinkt diese an beiden Seiten ein. Nach insgesamt 15 Minuten ist der Kastenaufbau wieder montiert und es kann weitergehen. Die Akkus aufzuladen, würde viel länger dauern und ist bislang auch nur an speziellen LKW-Ladestationen möglich.
Noch keine Infrastruktur für schnelles Aufladen
"Sie haben keine Möglichkeit, jetzt mit dem E-Truck mal kurz als Fahrer einen Kaffee zu trinken am Rasthof und dann schnell zu laden. Diese Infrastruktur gibt es noch nicht."
Sagt Bijan Abdolrahimi, der das Pilotprojekt für die Spedition leitet. Das Ladesäulennetz für Pkw wächst zwar deutschlandweit. Die Lastwagenbatterien aber haben mit 318 Kilowattstunden etwa neun Mal so viel Kapazität wie die Akkus eines elektrischen Mittelklassewagens. Deshalb brauchen sie eine deutlich höhere Ladeleistung.
"Wenn wir hier laden, liegen hier 800 Volt an. Wir können hier natürlich gesteuert laden. Können - angefangen von einem Ampere - also im Grunde nichts - bis über 300 Ampere können wir hier laden, wenn wir wollen. Das heißt, wir haben hier im Grunde sogar eine Schnellladung. Ist aber nicht der use case in diesem Projekt. Das heißt, wir wollen immer schonend laden die Batterien."
Ladegerät als Puffer für erneuerbare Energien
Schonend heißt vor allem: langsam. Das strapaziert die Elektroden der Lithium-Ionen-Akkus weniger, die Lebensdauer steigt. Trotzdem sind die Batterien früher geladen, als der Lastwagen sie wieder braucht. Deshalb ist das Ladegerät als Puffer für erneuerbare Energien ins Stromnetz eingebunden. Wird bei starkem Wind oder viel Sonne mehr Strom erzeugt als gerade verbraucht wird, dienen die Lkw-Akkus als Speicher. Umgekehrt können sie Energie ins Netz abgeben, wenn der Verbrauch gerade die Erzeugung übersteigt.
"Wir geben vor: Bis zu dieser Uhrzeit muss die Batterie voll sein. Das ist die Restriktion, die diese Anlage hat. Und in der Zwischenzeit kann eigentlich etwas anderes mit der Batterie gemacht werden. Das ist ja genau der Vorteil dieses Batteriewechselsystems."
Tests auf längeren Strecken
Das vom Bundeswirtschaftsministerium geförderte Pilotprojekt hat bereits gezeigt, dass der Batteriewechsel im regionalen Lieferverkehr gut funktioniert. Offen ist, ob das auch auf längeren Strecken klappt. Das will die Spedition bald auf der Autobahn zwischen Berlin und Hannover testen und die Akkus dafür unterwegs an einer mobilen Ladestation tauschen.
Per Knopfdruck öffnet Daniel Rybarzyk das Rolltor eines Frachtcontainers. Drinnen befindet sich das Ladegerät mit zwei Lkw-Akkus. Der Ingenieur der Firma BANLabs erklärt, wo die mobile Wechselstation aufgestellt werden kann.
"Die einzige Voraussetzung ist ein ebener Standort und mindestens zehn Quadratmeter Stellfläche für die Station. Und aus netzseitiger Sicht muss ein 63-Ampere-Netzanschluss vorhanden sein. Den findet man im Grunde an jedem Rasthof oder an jedem Logistikstandort."
Einfach versetzbare Ladestationen
Speditionen fahren oft täglich dieselbe Route. Ändert sich der Auftrag, kann die Ladestation ohne größeren Aufwand versetzt werden, so die Idee. Für täglich wechselnde Strecken allerdings eignet sich die Technologie nicht. Wissenschaftler sehen deshalb die Zukunft batteriegetriebener Lastwagen im regionalen Güterverkehr. Sebastian Stütz forscht seit acht Jahren am Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik zu diesem Thema.
"Im Bereich Regionalverkehr - sagen wir mal so um die 200 Kilometer, 150 Kilometer ungefähr in dem Dreh, halte ich es für absolut realistisch, dass batterieelektrische Fahrzeuge, also auch schwerere Trucks, in den nächsten Jahren absolut die Nase vorn haben werden. Weil einfach die Wasserstoff-Brennstoffzelle noch Zeit in der Entwicklung braucht."
Lkw mit Brennstoffzelle könnten aber in einigen Jahren die Langstrecken dominieren, so der Experte. Dazu passt, dass die Bundesregierung darüber diskutiert, wie der Bau von Wasserstofftankstellen gefördert werden kann.