Arbeitsministerin Andrea Nahles fasste sich kurz. Gerade einmal 57 Sekunden brauchte die Sozialdemokratin, um die Erfolgsmeldung des Tages zu würdigen. Die Altersbezüge der 20,6 Millionen Ruheständler in Deutschland werden zum 1. Juli so stark steigen wie seit 20 Jahren nicht mehr: im Westen um 4,25 Prozent, im Osten sogar um 5,95 Prozent:
"Das ist die stärkste Rentenerhöhung seit 23 Jahren. Die Rentnerinnen und Rentner profitieren hier von der unmittelbar guten Lage auf dem Arbeitsmarkt, dem Wachstum der Wirtschaft aber auch steigenden Löhnen."
Relation von Beitragszahlern und Rentenempfängern hat sich verbessert
Die Renten werden nach wie vor für Ost und West getrennt berechnet. Grundlage ist die Entwicklung der Löhne und die stiegen in den neuen Bundesländern eben kräftiger als in den alten. Das Statistische Bundesamt ermittelte für 2014 ein Lohnplus von 5,48 Prozent zwischen Ostsee und Erzgebirge und 3,78 Prozent zwischen Friesland und Bodensee.
Hinzu kommt: Der sogenannte Nachhaltigkeitsfaktor, ursprünglich mal eingeführt, um die Rentenanpassungen zu dämpfen, schlägt in diesem Jahr in die Gegenrichtung aus, weil die Beschäftigung wuchs und sich daher die Relation von Beitragszahlern und Rentenempfängern verbessert hat. Positiv wirkt zudem ein statistischer Sondereffekt. Die Datenreihen wurden überarbeitet, auch das führt in diesem Jahr zu höheren Renten:
"Die umlagefinanzierte Rente bewährt sich also. Das ist eine sehr gute Nachricht, gerade in Zeiten niedriger Zinsen."
Finanziert werden die höheren Altersgelder aus der Rentenkasse. Und die ist nach wie vor gut gefüllt, Ende Januar lag der Überschuss der Rentenversicherung bei 33,5 Milliarden Euro.
"Die Erhöhung hat keine Auswirkungen auf den Beitragssatz zur Rentenversicherung. Dieser bleibt in den kommenden Jahren stabil bei 18,7 Prozent."
Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände rechnet mit weiteren Rentenerhöhungen
So Arbeitsministerin Andrea Nahles. Wirtschaftlich erfolgreiche Zeiten sind auch erfolgreiche Zeiten für die Rentner, erklärte der CDU-Rentenexperte Peter Weiß. Mit der starken Rentenerhöhung in den neuen Ländern steigt das Rentenniveau in Ostdeutschland auf 94,1 Prozent des Westwertes. Das erleichtere die Schaffung eines gemeinsamen deutschen Rentenrechts, sagte Weiß. Die Bundesregierung strebt das bis 2020 an.
Die starke Rentenerhöhung in diesem Jahr sei lediglich ein einmaliger Ausreißer nach oben, warnte dagegen Mathias Birkwald von der Linkspartei, das Rentenniveau werde in den nächsten Jahren weiter sinken und Altersarmut zum Massenphänomen werden, wenn die Politik nicht gegensteuere.
Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände BDA sieht das ganz anders. Auch in den nächsten Jahren sei mit realen Rentenerhöhungen zu rechnen, die Sorgen vor Altersarmut aufgrund angeblich sinkender Renten entbehren damit einer realen Grundlage, teilte BDA-Rentenexperte Alexander Gunkel mit.