Die Finanzlobby hat einen zu großen Einfluss. Das ist eine nicht ganz neue Erkenntnis, wurde aber diese Woche noch einmal von der Organisation Finanzwende vorgetragen. Der Verein hat untersucht, wie viele Menschen für die Finanzindustrie versuchten, "die Gesetze in ihre Richtung zu biegen", erläuterte der Vorsitzende der Organisation, Gerhard Schick, im Deutschlandfunk. Demnach gebe es über 1.500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Finanzlobby – bei einem Budget von 200 Millionen Euro im Jahr. Schick: "Das zeigt schon, mit welcher Größe und Einfluss man es da zu tun hat."
Riesterrente sei viel zu teuer
Eine Schieflage läge auch bei der Kommentierung von Gesetzesentwürfen vor. Schick: "Wenn es da neun Stellungnahmen aus der Branche gibt und nur eine aus der Zivilgesellschaft, braucht man sich nachher nicht wundern, dass bei manchen Gesetzen etwas herauskommt, was gut für die Versicherungswirtschaft oder für die Banken ist und schlecht für die Bürgerinnen und Bürger."
Mit Blick auf Altersvorsorgeprodukte wie die Riesterrente müsse man sich fragen, warum dabei so hohe Gebühren anfielen, sagte Gerhard Schick. "Wir kommen in unserer Untersuchung, die mit offiziellen Zahlen aus den Produktinformationsblättern arbeitet, auf einen Kostenanteil von 24 Prozent", erläuterte der Vorsitzende der Bürgerbewegung Finanzwende. Das sei mehr als jeder fünfte Euro und somit ein enormer Anteil. Die Bundesregierung hingegen rechne offiziell mit zehn Prozent Gebühren.
Vorbild Schweden bei kapitalgedeckter Altersvorsorge
Andere Länder organisierten die Altervorsorge für die Bürgerinnen und Bürger wesentlich besser, sagte Schick und verweist auf einen Vergleich mit Schweden. Dort hätten diese nach 30 Jahren des Sparens über 16.000 Euro mehr auf dem Konto, wenn sie in das System eingezahlt hätten. "Da muss man sich ja fragen: Warum ist die deutsche Politik da so schlecht? Warum gibt es bessere Beispiele?"
Das System Riesterrente komplett neu aufstellen
Eine Reform der Riesterrente hält Schick für nicht ausreichend: "Da soll man nicht reformieren, sondern wir brauchen ein komplett neues System", forderte der Volkswirt. Schick wendet sich jedoch nicht grundsätzlich gegen das Prinzip der privaten Altersvorsorge - auch in Schweden gebe es ein kapitalgedecktes System.
"Allerdings gibt es dort einen staatlich bereitgestellten Weg, der sehr, sehr günstig ist und eben nur einen Bruchteil der Kosten produziert", so Schick. Dort sei die kapitalgedeckte Altersvorsorge an den Interessen der Bürger ausgerichtet und in Deutschland im wesentlichen am Interesse der Finanzbranche und besonders der Versicherungen, die die Mehrheit der Riesterverträge anböten.