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Altmaier zu Handelsstreit USA-China
"Phase des Nachdenkens hat begonnen"

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier hat die Verhandlungen zwischen den USA und China zur Beendigung des Handelsstreits begrüßt. "Im Augenblick ist die Eskalationsspirale unterbrochen", sagte Altmaier im Dlf. Von einer tatsächlichen Lösung des Konflikts sei man aber "noch ein gutes Stück entfernt."

Peter Altmaier im Gspräch mit Ann-Kathrin Büüsker |
    Xi Jinping (l.) und Trump sitzen sich mit ihren Delegationen an einem großen Tisch gegenüber.
    Xi (l.) und Trump erreichten beim Essen Fortschritte (AFP)
    Ann-Kathrin Büüsker: In Peking geht es heute um den Handelskrieg. Eine US-Delegation ist angereist, um darüber zu verhandeln, wie man aus dem Dilemma herauskommt. Denn so langsam zeigt sich: Die Wirtschaft sowohl der USA als auch von China zeigt erste Spuren, Abschwungstendenzen.
    Donald Trump ist weiterhin sehr zuversichtlich, dass eine Einigung mit Peking zustande kommt. "Ich denke, wir werden ein Abkommen mit China schließen." Das sagte er noch am Freitag.
    Am Telefon ist jetzt Peter Altmaier CDU-Wirtschaftsminister. Einen schönen guten Morgen!
    Peter Altmaier: Guten Morgen, Frau Büüsker.
    Büüsker: Herr Altmaier, wie sehr beeindruckt Sie der Optimismus von Donald Trump?
    Altmaier: Was wir ja feststellen können ist, dass nach einer Zeit von mehreren Monaten der gegenseitigen Eskalation nun eine Phase des Nachdenkens begonnen hat. Wir haben seit Mitte des Jahres Gespräche zwischen der Europäischen Union und den USA. Das ist damals von Jean-Claude Juncker und Donald Trump vereinbart worden. Und wir werden jetzt wieder direkte Gespräche haben zwischen den USA und China. Das ist zunächst einmal ein positives Zeichen, denn bei einem Handelskonflikt, wenn er voll ausbräche, würden alle Seiten verlieren. Diese Erkenntnis hat sich, glaube ich, bei vielen herumgesprochen. Aber es ist noch ein weiter Weg, bis dauerhafte und belastbare Vereinbarungen erzielt sind.
    15.05.2018 Peter Altmaier (CDU), Bundesminister für Wirtschaft und Energie, bei einem Besuch in Moskau
    Wirtschaftsminister Altmaier sieht positive Entwicklungen im Handelskonflikt zwischen den USA und China (dpa)
    "Das Vernünftige tun: miteinander reden"
    Büüsker: Unsere Hörerinnen und Hörer, die wissen ja aus zahlreichen Interviews mit Ihnen, dass Sie nicht der Typ sind, der Verhandlungen durch Druck herstellen möchte, sondern eher den Dialog sucht. Dennoch frage ich mich, ob die Ergebnisse, die Donald Trump jetzt erzielt, Ihnen doch eine gewisse Anerkennung für ihn abringen können.
    Altmaier: Ich habe von Anfang an auf meiner allerersten USA-Reise im März letzten Jahres die Position vertreten, dass wir nach Lösungen suchen müssen, die den Interessen beider Seiten entgegenkommen. Es gibt Ungerechtigkeiten, es gibt offene und ungelöste Probleme. Darüber zu sprechen heißt nicht, dass man auf Druck reagiert, sondern heißt, dass man das Vernünftige tut, nämlich miteinander reden und bestehende Probleme zu lösen.
    Zweiter Punkt: Wir sind im Verhältnis USA-China noch ein gutes Stück von einer tatsächlichen Lösung entfernt. Im Augenblick ist die Eskalationsspirale unterbrochen. Nach dem G20-Gipfel haben der amerikanische und der chinesische Präsident vereinbart, dass es eine Art 90-tägigen Waffenstillstand geben wird, in dem keine Zölle erhöht werden. Die Chinesen haben ihrerseits einige Zölle, die sie bereits erhöht haben, wieder ausgesetzt. Das ist positiv. Aber das Ergebnis, was erzielt werden muss, das wird das Ergebnis von langwierigen Verhandlungen sein. Dad werden selbstverständlich auch die Chinesen ihre Interessen zur Geltung bringen.
    Büüsker: Ich möchte gleich gerne noch gemeinsam mit Ihnen auf die Verhandlungen zwischen USA und EU gucken, vorher aber noch mal mit Blick auf China ein bisschen grundsätzlicher werden, weil China und die USA sind ja nicht nur wirtschaftlich Konkurrenten, sondern auch geopolitisch. Und nun könnte man ja sagen, diese Entwicklung, diese Eintrübung der Wirtschaft auf beiden Seiten, das zeigt, dass es den Ländern gar nicht mal so gut tut, wenn die gegeneinander arbeiten, wenn sie sich gegeneinander positionieren. Da müsste Ihnen als überzeugter Multilateralist ja das Herz aufgehen, oder?
    Altmaier: Ja, es ist sogar noch ein Stück weit konkreter. Wenn es Spannungen und Konflikte zwischen den USA und China gibt, dann spürt man die Bremsspuren davon auch in Europa. Das haben wir gesehen, weil sehr viele europäische, auch deutsche Unternehmen in beiden Ländern aktiv sind, für den jeweils anderen Markt produzieren. Es kann bei Handelskonflikten niemals Gewinner geben, jedenfalls nicht dauerhaft. Deshalb braucht man solche Vereinbarungen.
    Es gibt drei große Handelskraftzentren in der Welt. Das sind die USA, das ist China und es ist die Europäische Union. Und wenn immer zwischen diesen drei großen Kraftzentren Friktionen und Reibungen entstehen, sind ganz, ganz viele Leidtragende betroffen, und es sind nur ganz wenige, die davon profitieren.
    "Durch wirtschaftliche Kooperation die politische Stabilität erhöhen"
    Büüsker: Also sind wir in der globalisierten Welt letztlich alle in gewisser Weise voneinander abhängig. Kann dann diese Abhängigkeit aus Ihrer Sicht auch ein Anker sein, um militärische Konflikte zu vermeiden?
    Altmaier: Ich habe immer die Auffassung vertreten, dass durch die wirtschaftliche Kooperation auch die politische Stabilität erhöht wird. Das haben wir in den letzten Jahrzehnten weltweit gesehen. Länder, die miteinander Handel getrieben haben, die miteinander eng verflochten waren und sind, haben keine Kriege gegeneinander geführt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass es auch Teil einer aktiven Friedenspolitik ist, wenn man eine internationale, multilaterale und auf dem Prinzip der Gleichberechtigung basierende Handelspolitik entwickelt. Das kann geschehen durch bilaterale Gespräche, es kann geschehen durch Gespräche im Rahmen der WTO. Entscheidend ist, dass man miteinander redet, dass man Vereinbarungen trifft, und wir sind beispielsweise in den Gesprächen mit den USA auch bereit in Europa, dort wo das noch nicht existiert eine Infrastruktur für sogenanntes Flüssiggas, LNG-Gas, das die USA exportieren wollen, zu errichten. Das wird auch in Deutschland geschehen. Dann ist es allerdings auch Sache der USA, Preise anzubieten, die konkurrenzfähig sind.
    Büüsker: Also kann man schon sagen, dass die EU in den Verhandlungen mit Donald Trump gelernt hat, dass man ihm gewisse Angebote machen muss?
    Altmaier: Ich glaube, dass die EU vor allen Dingen durch ihre Politik des Selbstbewusstseins, gepaart mit der Bereitschaft, jederzeit zu reden und Lösungen zu finden, auch international ein Beispiel gesetzt hat. Wir haben ja in den letzten Jahren erlebt, dass bilaterale und multilaterale Handelsabkommen wieder wichtiger geworden sind, weil die WTO-Strukturen sich als sehr schwerfällig erwiesen haben. Deshalb brauchen wir auch eine Reform der WTO, damit sie wieder ihre Rolle wahrnehmen kann. Und dieses Beispiel der Europäer, das hat, glaube ich, auch auf andere abgefärbt, und das kann nun dazu führen, dass wir positive Signale in den nächsten Monaten haben. Das wäre auch ein wichtiger Beitrag dazu, das Wirtschaftswachstum in Europa, in Deutschland zu stabilisieren. Wir befinden uns in Deutschland nach wie vor in einer Situation, wo die Wirtschaft in einer sehr robusten Verfassung ist, und deshalb ist es wichtig, dass sowohl mit Blick auf die Handelskonflikte wie mit Blick auf den sogenannten Brexit, der ja ebenfalls Auswirkungen auf den Handel hat, in diesem Fall innerhalb der Europäischen Union mit dem Vereinigten Königreich, dass wir dort Signale der Entspannung in den nächsten Wochen sehen.
    Auch das Thema Autozölle ist zu lösen
    Büüsker: Herr Altmaier, Sie klingen jetzt insgesamt tatsächlich mit Blick auf das Jahr ziemlich positiv. Sind Sie denn auch optimistisch, dass sich die Autozölle der USA abwenden lassen?
    Altmaier: Wir haben beim Besuch von Jean-Claude Juncker in Washington vor einem halben Jahr vereinbart, dass wir über eine ganze Reihe von Fragen verhandeln. Dazu gehören Einzelpunkte wie zum Beispiel die Frage der berühmten Sojabohnen. Dazu gehören wichtige Fragen wie die energiepolitische Zusammenarbeit. Es gehören dazu die Kooperation im Bereich von Industriestandards. Wenn diese Fragen sämtlich gelöst werden, dann bin ich eigentlich der Auffassung, dass man auch das Thema Autozölle lösen kann. Aber das ist ein Thema, das bislang noch nicht einer Lösung zugeführt ist, so wie einige andere Themen auch im Bereich der Industriezölle – denken Sie an Stahl, denken Sie an Aluminium.
    Büüsker: Herr Altmaier, diese Fragen kann man ja nur dann lösen, wenn man tatsächlich auch miteinander spricht. Gibt es denn da jetzt irgendwie einen Zeitplan mit den Amerikanern? Wie soll das alles stattfinden?
    Altmaier: Ja. Die Europäische Union ist bereits seit Anfang September in einem intensiven Austausch. De wird geführt von meiner Kollegin Cecilia Malmström, der Handelskommissarin in Brüssel. Es gibt darüber hinaus auch hilfreiche Kontakte auf Ebene der Mitgliedsstaaten. Auch die Bundesrepublik Deutschland leistet ihren Beitrag dazu, dass wir zu Lösungen kommen. Diese Kontakte werden sich im neuen Jahr fortsetzen. Ich gehe davon aus, dass dieser intensive Kontakt jetzt auch dazu beigetragen hat, dass zwischen China und den USA solche Kontakte in Gang kommen.
    "Wir haben nicht ewig Zeit"
    Büüsker: Wenn ich Sie richtig verstehe, einen wirklich konkreten Zeitplan gibt es nicht? Man spricht weiter grob miteinander?
    Altmaier: Ja. Wir haben einen Unterschied im Verhältnis China-USA und Europa-USA. Im Verhältnis zu China war der sogenannte "Waffenstillstand" auf 90 Tage begrenzt. Wir haben uns mit den USA darauf verständigt, dass während der Zeit der Verhandlungen und der Gespräche keine neuen Strafzölle erhoben werden. Da gibt es keine Deadline, da gibt es keine Frist. Trotzdem haben wir nicht ewig Zeit und deshalb wissen wir, dass wir diese Gespräche mit allem Ernst und mit der Bereitschaft, zu Lösungen zu kommen, führen müssen.
    Büüsker: Wie sehr sehnen Sie eigentlich das Ende von Donald Trumps Präsidentschaft herbei?
    Altmaier: Das wird nicht in Europa und nicht in Deutschland entschieden, sondern von den amerikanischen Wählerinnen und Wählern. Ich sehe mit einer gewissen Sorge, dass Vorwahlkampf-Debatten auch in den USA stärker die politische Szenerie bestimmen. Wir haben erlebt, dass die Frage von Präsidentschaftswahlen eine ist, die auf nationaler Ebene entschieden wird, und wir haben die Aufgabe, mit derjenigen amerikanischen Regierung, die gewählt wird, zu versuchen, Lösungen zu finden, die für Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum in Europa positive Effekte bringen.
    Büüsker: Peter Altmaier, der deutsche Wirtschaftsminister heute Morgen hier im Deutschlandfunk. Ich bedanke mich ganz herzlich für das Gespräch.
    Altmaier: Ich danke Ihnen.
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.