Warum interessieren wir uns so für Populisten und Autokraten? Das sei nicht verwunderlich, meint die Altphilologin Melanie Möller, das habe es schon im Römischen Reich gegeben. Und das werde immer wieder auch als ferne Referenz benutzt, um heutige Verhältnisse zu beschreiben, zu kritisieren oder zu deuten. Auch wenn solche Vergleiche letztlich immer ein wenig hinkten - aber schon bei Cäsar oder Augustus sei ein Wille zur Macht für die Öffentlichkeit sichtbar gewesen. Caligula sei zudem mit Extravaganzen aufgefallen, zum Beispiel, weil er seinem Pferd einen Palast baute und einen eigenen Weinservice einrichtete. So etwas sei allerdings heute eher undenkbar.
Vergleiche mit Rom punktuell sinnvoll
Der Blick in die Antike spiele auch eine Rolle bei der Bewertung aktueller politischer Lagen, vor allem in der Diskussion um den Zustand der EU. Punktuell seien Vergleiche sicherlich sinnvoll. Das Römische Reich sei von Vielfalt und von einer gewissen Toleranz geprägt gewesen, es habe starke Migrationsbewegungen gegeben und "eine Bereitschaft, sich anderen Einflüssen auszusetzen". Grundsätzlich aber basierte das alte Rom auf Expansion durch Eroberung, während die EU sich als integrativ versteht.
Die Altphilologin Melanie Möller lehrt an der FU Berlin. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Dichtung und Prosa der spätrepublikanischen und augusteischen Literatur, Poetik und Rhetorik, Sprachphilosophie, Hermeneutik und Rezeption der antiken Literatur.