"Februar 1962. In der Nacht vom 16. auf den 17. meldet Hamburg: Land unter."
"Die Flut ist so plötzlich aufgetreten, dass wir nur noch rennen konnten zum Schluss. Da konnten wir nur noch die nötigsten Sachen zusammenraffen und sind dann einen Stock höher gegangen. Unten sind dann zwei Kinder in letzter Minute gerettet worden, da wurde die Tür eingeschlagen, also die haben noch geschlafen, da war das Wasser schon im Bett, und die haben sie so im Nachthemd hochgetragen."
Der Sturm peitscht ungeheure Wassermengen in die Elbmündung. Trotz Ebbe tritt die Elbe über die Ufer. Deiche brechen, auch im Süden Hamburgs - in den Stadtteilen Finkenwerder und Wilhelmsburg.
Julian Petrin, Stadtplaner: "Das liegt einfach daran: Das Gebiet ist sehr niedrig gelegen, die Deiche waren nicht hoch genug."
Das war 1962. Die große Sturmflut reißt Menschen in den Tod. Viele werden obdachlos. Man reagiert.
"In der Folge hat man die Deiche höher gemacht. Dann gab es 1976 eine Sturmflut, die war noch mal ein bisschen höher, aber man hat gesehen: Aha, die Deiche halten","
fasst Julian Petrin, Stadtplaner in Hamburg, die Geschehnisse zusammen. Hochwasserschutz in Hamburg bedeutet in erster Linie Schutz vor Sturmfluten. Durch den Klimawandel wird die Gefahr noch verstärkt:
""Wir müssen uns auf einen Meeresspiegelanstieg um einen Meter einstellen, in diesem Jahrhundert","
erklärt der Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans-Joachim Schellnhuber.
Petrin: ""Nun, durch den Klimawandel prognostiziert man für Hamburg, aber auch für andere Städte, Sturmfluten, die deutlich noch mal höher werden können in den Spitzen."
Das Land Hamburg erhöht jetzt allerdings nicht die Deiche, sondern versucht, Alternativen zu finden. Erik Pasche, Ingenieur und Leiter des Instituts für Wasserbau an der Technischen Universität Hamburg-Harburg:
"Wir müssen städtebaulich nun Strategien entwickeln, wie wir Häuser absichern können. Und da gibt es viele Bereiche, wo der Wasserstand nicht über einen Meter kommt, die Möglichkeit, sie auch mit mobilen Wänden wieder abzudichten."
Das ist eine Strategie, sich vor Hochwasser und Sturmflut zu schützen: schlafende Deiche einzurichten, die bei Gefahr ausgefahren werden können zum Beispiel. Doch es geht noch weiter: Im Rahmen des Tideelbe-Konzeptes des Hafenbetreibers Hamburg Port Authority, kurz: HPA, soll beispielsweise bis 2011 eine Elbebucht gegraben werden. Mehr als 40 Fußballfelder groß für 36 Millionen Euro.
Hellweg: "Das heißt, hier werden Landschaftsräume geschaffen, die in normalen Zeiten - sag ich mal - als Freizeit- und Erholungsgebiete dienen, die aber dann, wenn Hochwasser dramatisch ansteigt, auch als Retentionsflächen, als Überschwemmungsflächen zur Verfügung stehen können."
Denn je mehr Raum die Elbe bekommt, desto weniger stark fließt der Strom, lobt Uli Hellweg das Konzept der HPA. Hellweg ist Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung IBA, die 2013 in Hamburg stattfinden wird. Die Pläne der Hamburg Port Authority korrespondieren mit den Ideen, die im Zuge der IBA entwickelt werden: Die Stadt im Klimawandel ist ihr Thema.
"Natürlich wird man sich in diesem Jahrhundert auch mit steigenden Meeresspiegeln auseinandersetzen, und man wird sich mit der Frage auseinandersetzen: Wie reagieren unsere Häuser, unsere Architektur, unser Städtebau auch auf teilweise Überflutung, temporäre Überflutung. Oder, was, glaube ich, noch viel gravierender ist: auf steigende Grundwasserstände."
Die IBA wird in diesem Sinne wahre Pionierarbeit für Deutschland leisten: Die Parole lautet: Wasser wird zu Bauland und Häuser lernen schwimmen. Eine Idee, die den Stadtplaner Julian Petrin begeistert:
"Schwimmende Siedlungen. Also Siedlungen, die ganz klar auf Hochwasser reagieren können. Es gibt in Holland Vorbilder, wo man versucht, inzwischen ganze Stadtteile zu konzipieren, die 'aufschwimmen' können, wenn das Hochwasser kommt. Also Häuser, die jetzt nicht unbedingt im Wasser stehen, aber die so befestigt sind im Boden, dass sie flexibel aufschwimmen können."
Und es gibt auch schon ein erstes Beispiel in Hamburg: das IBA Dock. Im Februar 2010 ist das 2000 Quadratmeter große und drei Stockwerke hohe Ausstellungs- und Bürogebäude fertig:
"Diese schwimmende Anlage schwimmt eben auf mit der Flut, sinkt wieder, wenn der Wasserspiegel runter geht. Und auch Sturmfluten können von diesem IBA Dock abgewettert werden, weil es eben auf ganz extreme Wasserlagen ausgelegt ist","
erklärt IBA-Geschäftsführer Hellweg. Das Gebäude ruht auf einem 50 Meter langen und 26 Meter breiten Beton-Ponton, die Aufbauten sind in Modulbauweise aus Stahl gefertigt. Das spart Gewicht und ermöglicht, einen Teil der Aufbauten für den Fall eines Transports abzunehmen, sodass das IBA Dock auch unter niedrigen Brücken hindurchfahren könnte. Arbeiten in einem solchen Ponton-Gebäude ist das eine, Wohnen das andere.
""Das Dock ist ja nur eine Möglichkeit: nämlich sozusagen das dauerhaft schwimmende Gebäude. Bei den Water Houses geht es darum, dass man sich auch überlegt, ob man auf Stelzen baut, oder ob man aufschwimmende Häuser baut, oder ob man Häuser baut, die sozusagen über das Wasser ragen. Weil wir ja bei den Water Houses auch eine feste, dauerhafte Wasserfläche haben."
Es werden Prototypen gesucht, die zeigen, wie man Wasserlagen als Wohnstandorte nutzen kann, ohne Umweltbelange oder das Sicherheitsbedürfnis der Menschen zu beeinträchtigen. Bis zum 15. Dezember läuft noch eine Angebotsfrist, wo interessierte Investoren gemeinsam in Zusammenarbeit mit Architekten auf das ausgelobte Gelände bieten: Das Grundstück hat eine Größe von circa 6700 Quadratmetern, über die Hälfte davon ist bebaubare Wasserfläche. 2013, zur Eröffnung der IBA, sollen die Water Houses fertig sein.
"Die Flut ist so plötzlich aufgetreten, dass wir nur noch rennen konnten zum Schluss. Da konnten wir nur noch die nötigsten Sachen zusammenraffen und sind dann einen Stock höher gegangen. Unten sind dann zwei Kinder in letzter Minute gerettet worden, da wurde die Tür eingeschlagen, also die haben noch geschlafen, da war das Wasser schon im Bett, und die haben sie so im Nachthemd hochgetragen."
Der Sturm peitscht ungeheure Wassermengen in die Elbmündung. Trotz Ebbe tritt die Elbe über die Ufer. Deiche brechen, auch im Süden Hamburgs - in den Stadtteilen Finkenwerder und Wilhelmsburg.
Julian Petrin, Stadtplaner: "Das liegt einfach daran: Das Gebiet ist sehr niedrig gelegen, die Deiche waren nicht hoch genug."
Das war 1962. Die große Sturmflut reißt Menschen in den Tod. Viele werden obdachlos. Man reagiert.
"In der Folge hat man die Deiche höher gemacht. Dann gab es 1976 eine Sturmflut, die war noch mal ein bisschen höher, aber man hat gesehen: Aha, die Deiche halten","
fasst Julian Petrin, Stadtplaner in Hamburg, die Geschehnisse zusammen. Hochwasserschutz in Hamburg bedeutet in erster Linie Schutz vor Sturmfluten. Durch den Klimawandel wird die Gefahr noch verstärkt:
""Wir müssen uns auf einen Meeresspiegelanstieg um einen Meter einstellen, in diesem Jahrhundert","
erklärt der Leiter des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, Hans-Joachim Schellnhuber.
Petrin: ""Nun, durch den Klimawandel prognostiziert man für Hamburg, aber auch für andere Städte, Sturmfluten, die deutlich noch mal höher werden können in den Spitzen."
Das Land Hamburg erhöht jetzt allerdings nicht die Deiche, sondern versucht, Alternativen zu finden. Erik Pasche, Ingenieur und Leiter des Instituts für Wasserbau an der Technischen Universität Hamburg-Harburg:
"Wir müssen städtebaulich nun Strategien entwickeln, wie wir Häuser absichern können. Und da gibt es viele Bereiche, wo der Wasserstand nicht über einen Meter kommt, die Möglichkeit, sie auch mit mobilen Wänden wieder abzudichten."
Das ist eine Strategie, sich vor Hochwasser und Sturmflut zu schützen: schlafende Deiche einzurichten, die bei Gefahr ausgefahren werden können zum Beispiel. Doch es geht noch weiter: Im Rahmen des Tideelbe-Konzeptes des Hafenbetreibers Hamburg Port Authority, kurz: HPA, soll beispielsweise bis 2011 eine Elbebucht gegraben werden. Mehr als 40 Fußballfelder groß für 36 Millionen Euro.
Hellweg: "Das heißt, hier werden Landschaftsräume geschaffen, die in normalen Zeiten - sag ich mal - als Freizeit- und Erholungsgebiete dienen, die aber dann, wenn Hochwasser dramatisch ansteigt, auch als Retentionsflächen, als Überschwemmungsflächen zur Verfügung stehen können."
Denn je mehr Raum die Elbe bekommt, desto weniger stark fließt der Strom, lobt Uli Hellweg das Konzept der HPA. Hellweg ist Geschäftsführer der Internationalen Bauausstellung IBA, die 2013 in Hamburg stattfinden wird. Die Pläne der Hamburg Port Authority korrespondieren mit den Ideen, die im Zuge der IBA entwickelt werden: Die Stadt im Klimawandel ist ihr Thema.
"Natürlich wird man sich in diesem Jahrhundert auch mit steigenden Meeresspiegeln auseinandersetzen, und man wird sich mit der Frage auseinandersetzen: Wie reagieren unsere Häuser, unsere Architektur, unser Städtebau auch auf teilweise Überflutung, temporäre Überflutung. Oder, was, glaube ich, noch viel gravierender ist: auf steigende Grundwasserstände."
Die IBA wird in diesem Sinne wahre Pionierarbeit für Deutschland leisten: Die Parole lautet: Wasser wird zu Bauland und Häuser lernen schwimmen. Eine Idee, die den Stadtplaner Julian Petrin begeistert:
"Schwimmende Siedlungen. Also Siedlungen, die ganz klar auf Hochwasser reagieren können. Es gibt in Holland Vorbilder, wo man versucht, inzwischen ganze Stadtteile zu konzipieren, die 'aufschwimmen' können, wenn das Hochwasser kommt. Also Häuser, die jetzt nicht unbedingt im Wasser stehen, aber die so befestigt sind im Boden, dass sie flexibel aufschwimmen können."
Und es gibt auch schon ein erstes Beispiel in Hamburg: das IBA Dock. Im Februar 2010 ist das 2000 Quadratmeter große und drei Stockwerke hohe Ausstellungs- und Bürogebäude fertig:
"Diese schwimmende Anlage schwimmt eben auf mit der Flut, sinkt wieder, wenn der Wasserspiegel runter geht. Und auch Sturmfluten können von diesem IBA Dock abgewettert werden, weil es eben auf ganz extreme Wasserlagen ausgelegt ist","
erklärt IBA-Geschäftsführer Hellweg. Das Gebäude ruht auf einem 50 Meter langen und 26 Meter breiten Beton-Ponton, die Aufbauten sind in Modulbauweise aus Stahl gefertigt. Das spart Gewicht und ermöglicht, einen Teil der Aufbauten für den Fall eines Transports abzunehmen, sodass das IBA Dock auch unter niedrigen Brücken hindurchfahren könnte. Arbeiten in einem solchen Ponton-Gebäude ist das eine, Wohnen das andere.
""Das Dock ist ja nur eine Möglichkeit: nämlich sozusagen das dauerhaft schwimmende Gebäude. Bei den Water Houses geht es darum, dass man sich auch überlegt, ob man auf Stelzen baut, oder ob man aufschwimmende Häuser baut, oder ob man Häuser baut, die sozusagen über das Wasser ragen. Weil wir ja bei den Water Houses auch eine feste, dauerhafte Wasserfläche haben."
Es werden Prototypen gesucht, die zeigen, wie man Wasserlagen als Wohnstandorte nutzen kann, ohne Umweltbelange oder das Sicherheitsbedürfnis der Menschen zu beeinträchtigen. Bis zum 15. Dezember läuft noch eine Angebotsfrist, wo interessierte Investoren gemeinsam in Zusammenarbeit mit Architekten auf das ausgelobte Gelände bieten: Das Grundstück hat eine Größe von circa 6700 Quadratmetern, über die Hälfte davon ist bebaubare Wasserfläche. 2013, zur Eröffnung der IBA, sollen die Water Houses fertig sein.