"Wenn wir in wirklich abgelegene Regenwaldgebiete im Amazonas reisen, haben wir einen Fischdetektor verwendet. Ein Fischdetektor ist ein Verstärker, der mit einem Mikrofonkabel verbunden ist. Wir können also die Fische in der Natur hören und dann zu ihnen gehen und sie einsammeln."
David de Santana sagt das so einfach: einsammeln. Tatsächlich ist das Finden und Einsammeln der Fische, die er sucht, gar nicht so einfach. Denn das, was dort so schön klickt und summt, sind unter anderem Zitteraale. Fast ihr ganzer Körper ist mit elektrischen Organen gefüllt, deren Zellen wie unzählige in Reihe geschaltete Mini-Batterien wirken. Fühlen sich die Tiere bedroht oder wollen sie ein Beutetier fangen, schalten sie diese Batterien quasi an. Wer sie berührt, den trifft daher meist der Schlag.
David de Santana sagt das so einfach: einsammeln. Tatsächlich ist das Finden und Einsammeln der Fische, die er sucht, gar nicht so einfach. Denn das, was dort so schön klickt und summt, sind unter anderem Zitteraale. Fast ihr ganzer Körper ist mit elektrischen Organen gefüllt, deren Zellen wie unzählige in Reihe geschaltete Mini-Batterien wirken. Fühlen sich die Tiere bedroht oder wollen sie ein Beutetier fangen, schalten sie diese Batterien quasi an. Wer sie berührt, den trifft daher meist der Schlag.
"Ich benutze Gummihandschuhe oder eine Plastiktüte, um keinen Stromschlag zu bekommen. Aber wir sind ja in den Tropen und dort ist es oft mehr als 30 Grad warm. Und dann müssen Sie sich vorstellen, wenn Sie einen etwa eineinhalb Meter langen Fisch fangen, dann wiegt der 15 Kilogramm. Und dann fangen Sie sehr schnell an zu schwitzen. Dann werden die Handschuhe nass und dann bekommt man früher oder später eben doch einen Stromschlag von diesen Fischen. Das kommt sehr oft vor."
In Südamerika heimischen Zitteraale sind bekannt für starke Stromschläge
Die Spannung dieser Stromschläge kann dabei beachtlich sein: fast das Vierfache dessen, was aus einer normalen Steckdose kommt. Allerdings fließt der Strom nur sehr kurz, weshalb er für gesunde Menschen zwar unangenehm ist, in der Regel aber ungefährlich.
Für David des Santana hat sich der Einsatz indes gelohnt. Er hat mit seinen Kollegen und der lokalen Bevölkerung im Amazonasgebiet 107 Zitteraale gefangen. Äußerlich sahen sich alle sehr ähnlich. Aber eine DNA-Analyse zeigte, was der Fischereibiologe von der Smithsonian Institution in Washington bereits vermutet hatte: Es gibt nicht nur einen Zitteraal. Es gibt – zumindest vorerst - drei verschiedene Arten: Den bereits seit 250 Jahren bekannten E. electricus, und die beiden nun neu entdeckten Arten, die auf die Namen Electrophorus voltai und Electrophorus varii getauft wurden.
"Dann haben wir die neuen Arten auf einer Karte eingezeichnet und festgestellt: Oh, sieh mal, sie kommen in verschiedenen ökologischen Regionen im Amazonas-Regenwald vor. Electrophorus varii etwa kommt nur im Flachland unterhalb von 300 Metern über dem Meeresspiegel vor. Das trübe Wasser in diesen Gebieten hat in der Regel einen hohen Gehalt an gelösten Mineralien und das wiederum bedeutet, dass die elektrische Leitfähigkeit hier höher ist. Im Gegensatz dazu leben Electrophorus voltai und Electrophorus electricus im Hochland. Dort sind in den Gewässern nur wenige Mineralien gelöst und die Leitfähigkeit ist daher geringer."
Warum erzeugen nicht alle Zitteraale solch starke Entladungen?
David de Santana glaubt, dass das ein Grund dafür sein könnte, das eine im Hochland lebende Zitteraal-Art mit 860 Volt eine deutlich höhere Spannung erzeugen kann als die anderen, die maximal 600 Volt erreichen. Er vermutet, dass der Electrophorus voltai trotz ungefähr gleich großer Körperlänge größere elektrische Organe entwickelt hat.
"Es könnte eine Art physiologische Anpassung an die schlechter leitenden Gewässer im Hochland sein. Sie müssen dort mehr Elektrizität produzieren, um Fische zu fangen oder sich zu verteidigen. Aber dann stellt sich die nächste Frage: Warum zeigt Electrophorus electricus, der in der gleichen Umgebung lebt, keine solch starken Entladungen?
David de Santana möchte an dieser Frage weiter forschen und erst einmal herausfinden, wann und wie die Tiere diese Entladungen anwenden und ob es Unterschiede zwischen den Arten im Sozialverhalten gibt.
"Es könnte eine Art physiologische Anpassung an die schlechter leitenden Gewässer im Hochland sein. Sie müssen dort mehr Elektrizität produzieren, um Fische zu fangen oder sich zu verteidigen. Aber dann stellt sich die nächste Frage: Warum zeigt Electrophorus electricus, der in der gleichen Umgebung lebt, keine solch starken Entladungen?
David de Santana möchte an dieser Frage weiter forschen und erst einmal herausfinden, wann und wie die Tiere diese Entladungen anwenden und ob es Unterschiede zwischen den Arten im Sozialverhalten gibt.
Darüber hinaus, meint der gebürtige Brasilianer, solle es zu denken geben, dass von einem Tier, das seit 250 Jahren bekannt ist und das zweieinhalb Meter groß werden kann, nun noch zwei neue Arten entdeckt werden. Das zeige, so der Biologe, wie unbekannt die Artenvielfalt im Regenwald noch sei. Eine Vielfalt, die er gleichzeitig massiv bedroht sieht.
"Es ist traurig zu sehen, was gerade im Regenwald passiert Die Menschen müssen sich darüber im Klaren sein, dass wir bislang nur ein bis zehn Prozent aller Arten dort entdeckt haben, und nur bei einem Teil davon die Biologie wirklich verstanden haben. Nur um das einmal klarzumachen: Über die Hälfte aller kommerziellen Medikamente bestehen aus Komponenten, die ursprünglich von wild lebenden Arten gewonnen wurden. Also wenn wir es jetzt zulassen, dass der Regenwald abgebrannt wird, dann ist es so, als würden wir eine Bibliothek abbrennen, deren Bücher wir größtenteils nie gelesen haben."
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