Stefan Römermann: Die Ambrosia-Pflanze breitet sich in Deutschland immer mehr aus und sorgt für Gesundheitsprobleme. Morgen gibt es deshalb einen internationalen Ambrosia-Tag. Darüber möchte ich jetzt sprechen mit Thomas Dümmel von der Freien Universität Berlin. Herr Dümmel, wir erreichen Sie auf Ihrem Mobiltelefon. Hallo! Im Moment sind Sie mit dem Berliner Aktionsprogramm gegen Ambrosia unterwegs und veranstalten eine große Ausreißaktion. Wie viel Ambrosia-Pflanzen haben Sie denn schon erwischt?
Dümmel: Ich würde mal sagen, das sind bestimmt einige Tausend schon gewesen, und wir sind total geplättet, wie viele jetzt hier nach dem Regen neu gesprossen sind. Als ich mir diese Flächen hier ausgesucht habe vor zwei, drei Wochen, war es noch relativ überschaubar, aber jetzt ist die Natur explodiert und auch die Ambrosia-Pflanze. Zu Tausenden, zu Zehntausenden ist sie hier in Adlershof, im Südosten der Stadt Berlin, vertreten und sowohl aus der Bevölkerung als auch bezirkliche Ambrosia-Scouts, viele, viele Menschen sind hier, informieren sich und helfen tatkräftig mit, diese Pflanze, diese extrem gesundheitsgefährliche Pflanze zu beseitigen.
Römermann: Was macht denn die Ambrosia so gefährlich?
Dümmel: Sie hat das stärkste Allergen, was wir überhaupt hier in Mitteleuropa haben an allergenen Pflanzen. Da sind Hasel, Erle, Birke, Gräser, Beifuß Weisenknaben dagegen. Es reicht schon ein Bruchteil der Menge an Allergie auslösenden Substanzen, um Reaktionen bei Allergikern hervorzurufen. Fünf bis zehn Pollenkörner pro Kubikmeter Luft reichen schon, um Allergie-Auswirkungen zu haben, während bei den heimischen Pflanzen, da brauchen Sie 30, 40, 50 davon.
Das Problem ist akuter geworden
Römermann: Die meisten Menschen haben von dieser Pflanze noch nie gehört. Ich habe davon auch erst vor, glaube ich, einem halben Jahr zum ersten Mal gehört. Woran liegt das, wenn diese Pflanze doch so gefährlich ist?
Dümmel: Man muss sagen, dass eigentlich in den letzten zehn Jahren erst das Problem immer akuter geworden ist im Rahmen des Klimawandels, im Rahmen der Erwärmung. Der Höhepunkt der Ausbreitung war so 2006 bis 10, als nach den Hitzesommern 2003 und 06 nämlich die Lebensbedingungen für die Pflanze hier in unseren Breiten so optimal waren, dass sie sich extrem verbreiten konnte und das auch noch weiter tut, nämlich der Mensch verbreitet sie: Einmal über verunreinigtes Vogelfutter, oder über verunreinigte Erde, die im Rahmen von Baumaßnahmen hin und hertransportiert wird. Die Lebensbedingungen werden einfach immer besser jetzt aufgrund der Erwärmungen und die Pflanze passt sich auch langsam an an ihre Umgebung, dass sie vor dem ersten Frost möglichst zur Samenreife kommt. Die Bedingungen verbessern sich und der Mensch tut immer weniger, die Ausbreitung zu verhindern.
Römermann: Wie kann ich denn diese Pflanze eigentlich erkennen? Das ist natürlich im Radio ein bisschen schwer. Vielleicht holen Sie nicht zu weit aus. Wo findet sich so eine Pflanze häufig und wo kann ich mich informieren?
Dümmel: Verbal ist es wirklich schwierig. Man sollte im Internet danach suchen, nach Bildern. Da gibt es massenweise. Auch unsere Aktionsseiten von unserem Aktionsprogramm haben Verwechslungsmöglichkeiten und so was alles abgebildet. Man findet sie entweder an Baumscheiben, wo jemand Vogelfutter hinstreut für die Vögel, oder da, wo Neubaugebiete sind, hier besonders im Berliner Südosten, wo neue Infrastruktur angelegt wird. Da wird sie mit Erde hintransportiert. Und es müssen sonnige Stellen sein, die möglichst den ganzen Tag beschienen sind und auch genügend Feuchtigkeit haben. Da findet man sie.
Man sollte im Internet nach Bildern suchen
Römermann: Was sollte ich denn tun, wenn ich die Pflanze irgendwo entdecke? Kann ich die einfach ausreißen, oder ist das gefährlich? Weil es klingt ja durchaus so, als ob das nicht gerade eine ganz ungefährliche Pflanze ist.
Dümmel: Solange die Pflanze noch nicht blüht, ist es ungefährlich. Man sollte darauf achten, wenn sie denn blüht, Ende Juli, den August über bis in den September hinein, dann sollte man sie in Ruhe lassen. Davor ist es recht ungefährlich. Nur wer ganz empfindliche Haut hat, sollte sich vielleicht einen Handschuh anziehen oder eine Plastiktüte drübermachen. Aber ansonsten ist sie nur durch ihre Pollen gefährlich.
Römermann: Thomas Dümmel vom Berliner Aktionsprogramm gegen Ambrosia - vielen Dank für das Gespräch.
Dümmel: Bitte! - Gerne.
Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.